Eine übergewichtige Frau sitzt auf der Untersuchungsliege in einem Behandlungszimmer. Neben ihr auf einem Stuhl sitzt ein Arzt und klärt sie mit Klemmbrett in der Hand über Risiken auf.© SeventyFour/iStock/Getty Images Plus
Wer unter Vollnarkose operiert werden soll und Inkretinmimetika spritzt, sollte das im Aufklärungsgespräch ansprechen.

Warnhinweis

ABNEHMSPRITZE: RISIKO BEI DER NARKOSE

Wenn eine Operation ansteht, sollten Patienten unbedingt angeben, wenn sie Semaglutid (Wegovy®, Ozempic®) oder Tirzepatid (Mounjaro®) spritzen. Denn beide Inkretinmimetika verzögern die Magenentleerung – und das kann während der Narkose zu Komplikationen führen.

Seite 1/1 2 Minuten

Seite 1/1 2 Minuten

GLP-1-Rezeptorantagonisten haben die Diabetestherapie revolutioniert und werden mittlerweile flächendeckend eingesetzt. Auch bei Adipositas eröffnen die sogenannten Abnehmspritzen mit Semaglutid und Tirzepatid ganz neue Möglichkeiten. Manche Fachärzte bezeichnen sie als Gamechanger.

Die Abnehmspritzen verzögern die Entleerung des Magens, sodass das Sättigungsgefühl länger anhält. In der Folge verlieren die Nutzer an Gewicht. Doch die verzögerte Magenentleerung birgt auch ein Risiko:
Bei jeder Operation in Vollnarkose bekommt der Patient bei der Aufklärung die Anweisung, vorab nichts zu essen. Reichen die bekannten Fasten-Zeiträume auch, wenn jemand Abnehmspritzen anwendet?

Mit leerem Magen in den OP-Saal

Wer unter Vollnarkose operiert wird, soll sechs Stunden vor dem Eingriff nichts mehr essen und zwei Stunden vorher nichts mehr trinken. Zu groß ist sonst die Gefahr, dass Speise- oder Flüssigkeitsreste, die sich bei einer Vollnarkose oder tiefen Sedierung noch im Magen befinden, in die Luftröhre aufsteigen. Sie könnten eine Aspirationspneumonie auslösen. Dabei handelt es sich um eine Infektion der Lunge, die durch das Einatmen von Mageninhalten verursacht wird.

Abnehmspritzen steigern Risiko der Aspiration unter Narkose

Da durch die GLP-1-Rezeptorantagonisten Semaglutid und Tirzepatid Nahrung und Flüssigkeit länger im Magen verbleiben, steigt durch die Abnehmspritzen das Risiko, dass es zu einer Aspiration kommt. Deshalb empfiehlt der Pharmakovigilanzausschuss der Europäischen Arzneimittelagentur (EMA) Patienten, die sie verwenden, die behandelnden Ärzte darüber unbedingt zu informieren.

Ein entsprechender Warnhinweis über diese potenzielle Abnehmspritzen-Nebenwirkung werde in die Produktinformationen der zugelassenen Inkretinmimetika Dulaglutid, Exenatid, Liraglutid, Lixisenatid (in Deutschland nicht verfügbar) und Semaglutid sowie des dualen GLP-1-/GIP-RA Tirzepatid aufgenommen.

Heißt das, Abnehmspritzen sind gefährlich?

Wenn man näher hinschaut, steht diese Warnung ein wenig auf wackligen Füßen. Deshalb hier die Zahlen: Eine Aspirationspneumonie tritt bei einem von 900 bis einem von 10000 Patienten bei einer Vollnarkose auf.

Dass Semaglutid und Tirzepatid dieses Risiko erhöhen, sei „biologisch plausibel“, auch wenn der Pharmakovigilanzausschuss diesen Kausalzusammenhang nicht eindeutig habe etablieren können. Dennoch: Das Gremium hält das offenbar für so wichtig, dass es Ärzte und Patienten gleichermaßen auf die Nebenwirkung der Abnehmspritzen bei Narkosen hinweist.

Quelle: Pharmazeutische Zeitung

×