Gummitiere © Nagehan Özsezer / stock.adobe.com
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Parasiten

UNLIEBSAME MITESSER

Rohes Fleisch, der Kontakt mit Haustieren oder Pilze aus dem Wald: Es gibt viele Wege sich einen Bandwurm einzufangen. Viele der Parasiten kann man leicht bekämpfen, andere aber sind lebensbedrohlich.

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Weltweit gibt es etwa 3500 Arten von Bandwürmern. Manche sind nur wenige Millimeter groß wie der Hundebandwurm, andere, wie der Fischbandwurm, können bis zu 20 Meter lang werden. Alle haben jedoch einen ähnlichen Aufbau: Einen Kopf (Scolex), mit dem sie sich mittels Haken oder Saugnäpfen im Darm verankern können, und daran kettenförmig angehängte Körperabschnitte, sogenannte Proglottiden, die den Würmern ihr gürtel- oder bandähnliches Aussehen verleihen.

Überlebenskünstler Bandwürmer entstehen aus Vorstadien, den Finnen. Diese gelangen meist mit der Nahrung, gelegentlich aber auch über eine Schmierinfektion in ihren eigentlichen Wirt oder Endwirt. Häufig nimmt dieser dabei nicht nur eine, sondern gleich mehrere Finnen auf. Im Darm schlüpfen sie aus ihrer Hülle und legen sich eine neue Haut zu, die Neodermis. Sie schützt den nun wachsenden Wurm nicht nur vor den Verdauungsenzymen im Darm, sondern ermöglicht ihm auch, die Nahrung direkt über die Haut aufzunehmen, sodass er keinen eigenen Verdauungsapparat benötigt.

Das ist sehr praktisch, denn so kann er sich besser seiner eigentlichen Hauptbeschäftigung widmen – der Vermehrung. Bandwürmer sind Zwitter, ein großer Vorteil, denn nicht immer ist im Darm noch ein Geschlechtspartner zur Stelle. Zur Selbstbefruchtung befindet sich in der Regel in jedem einzelnen Körperabschnitt ein männliches als auch ein weibliches Geschlechtsorgan. Bei manchen Arten sind hingegen die vorderen Proglottiden „männlich“ und geben ihre Spermien an die weiter hinten liegenden „weiblichen“ Abschnitte mit den Eiern ab. Befinden sich mehrere Würmer im Darm, wird allerdings die geschlechtliche Fortpflanzung bevorzugt.

Spezifische Wirte Nach der Befruchtung werden einzelne Proglottiden mit den befruchteten Eiern abgeschnürt und vom Wirt mit dem Kot ausgeschieden. In den reifen Eiern entwickeln sich Larven, die wiederum von einem anderen Wirt, dem Zwischenwirt, aufgenommen werden. Er ist für jede Wurmart mehr oder minder spezifisch. Im Darm angekommen, durchbrechen die Larven die Darmwand und siedeln sich in Muskeln und Organen an, wo sie sich zu Finnen entwickeln – bindegewebigen Blasen, in denen sich bereits ein Bandwurmkopf befindet.

Meist wird der Zwischenwirt durch die Finne so stark geschwächt, dass er stirbt oder eine leichte Beute ist. Im Endwirt angelangt, platzt die Finne auf, der Kopf hakt sich im Darm fest und der Kreislauf beginnt von neuem. Ein Bandwurm kann bis zu 20 Jahre in seinem Endwirt leben. Wurmfrei ist ein Organismus erst, wenn der komplette Wurm samt Kopf ausgeschieden wurde. Würmer sind für ihre Endwirte meist nicht besonders gefährlich, für Zwischen- und Fehlwirte können sie jedoch tödlich sein.

Endwirt Mensch Der Mensch ist der natürliche Endwirt für den Rinder- und den Schweinebandwurm. Deren Finnen sind für die als Zwischenwirte dienenden Nutztiere meist nicht gefährlich. Werden sie bei der Fleischbeschau übersehen und das kontaminierte Fleisch von Menschen roh oder halbroh verzehrt (als Tartar oder Mett zum Beispiel), kommt es zum Wurmbefall. Ein Rinderbandwurm kann bis zu zehn Meter lang werden, der Schweinebandwurm immerhin bis zu sieben Meter – dennoch löst der Befall beim Menschen meist kaum Symptome aus. Gelegentlich können Magen- oder Darmgeräusche, Hungergefühle oder Kopfschmerzen auftreten und bei längerfristigem Wurmbefall verlieren die Betroffenen Gewicht.

Meist werden Würmer aber erst bemerkt, wenn sich im Stuhl die typischen Proglottiden finden. Diese sind ungefähr 1 cm lang und 0,7 cm breit und daher mit bloßem Auge gut sichtbar. Zur Behandlung reicht meist eine einzige Behandlung mit dem verschreibungspflichtigen Arzneistoff Praziquantel. Das Anthelminthikum öffnet die Calciumkanäle der Wurmneodermis und führt so zum Tod des Parasiten durch Lähmung. Der Wurm wird dann mit dem Kot ausgeschieden. Schutz vor Schweine- und Rinderbandwürmern bietet nur gut durchgegartes oder länger im Gefrierfach aufbewahrtes Fleisch.

Fehlwirt Mensch Für den Schweinebandwurm kann der Mensch auch ein Fehlwirt sein, nämlich dann, wenn er nicht erst die Finnen, sondern bereits die Wurmeier aufnimmt. Die Finnen entwickeln sich dann nicht im Schwein, sondern schon im Menschen, wo sie Muskeln und Organe befallen, vor allem Herz- und Hirnzellen. Diese Zystizerkose kann zu lebensgefährlichen Entzündungen führen. Sie wird therapiert, indem man versucht, die verkapselten Finnen chirurgisch zu entfernen. Liegen sie an inoperablen Stellen, können auch Chemotherapeutika oder Bestrahlung zum Einsatz kommen.

Vorsicht bei Haustieren Ebenfalls sehr gefährlich ist der Hundebandwurm, denn auch für ihn ist der Mensch ein Fehlwirt. Einen Hundebandwurm kann man sich zum Beispiel über eine Schmierinfektion zuziehen. Auch hier entwickeln sich wieder Finnen in Muskeln und Organen, die sich allerdings von denen des Schweinenbandwurms unterscheiden, da sie Kapseln bilden, in denen wiederum neue Zysten entstehen. Dadurch kommt es zum Krankheitsbild der zystischen Echinokokkose, bei dem die zu großen Blasen werdenden massiven Zysten anderes Gewebe verdrängen und zerstören.

Meist befallen sie Leber oder Lunge und lösen dann Druckbeschwerden, Gelbsucht, Husten und Atemnot aus. Ist das zentrale Nervensystem betroffen, kann es zu neurologischen Ausfällen kommen. Die Erkrankung kann sich über mehrere Jahre hinweg entwickeln. Einziger Ausweg ist eine Operation, bei der darauf geachtet werden muss, dass die Zysten nicht platzen, da sonst der gesamte Organismus mit Finnen überschwemmt wird. Haustiere regelmäßig zu entwurmen schützt nicht vor einer Übertragung, da die Mittel nur bei Befall und nicht langfristig wirken.

Man sollte also bei Haustieren besonders auf Hygiene achten, sie keine Mäuse oder andere Nager fressen lassen (die klassischen Zwischenwirte) und sie möglichst von Fäkalien fernhalten. Handhygiene sollte für Haustierhalter selbstverständlich sein. Übrigens unterliegt der Wirkstoff Praziquantel seit dem 1. März 2018 auch für Tiere der Verschreibungspflicht.

Risiko Fuchsbandwurm Die Gefahr einer Echinokokkose birgt auch der nur wenige Millimeter lange Fuchsbandwurm, dessen Eier über selbst gesammelte Beeren oder Pilze übertragen werden können, die man nicht ausreichend gesäubert hat. Auch er bildet Zysten, die jedoch anders als beim Hundebandwurm nicht nach innen, sondern nach außen knospen, was als alveoläre Echinokokkose bezeichnet wird.

Auch diese Zysten verdrängen das Gewebe, jedoch ist die Behandlung schwieriger als beim Hundebandwurm, da die dünnen Blasen bei einem chirurgischen Eingriff noch viel leichter platzen können. Zudem bilden sie Tochterzysten, die sich über die Blutbahn metastasierend ausbreiten. Die alveoläre Echinokokkose ähnelt daher eher einer Tumorerkrankung, die unbehandelt meist tödlich endet. Neben Operation und Chemotherapie ist meist die lebenslange Einnahme von Anthelminthika wie Albendazol und Mebendazol notwendig, da diese das Wachstum der Parasiten nur eindämmen, sie aber nicht eliminieren können.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 04/18 auf Seite 50.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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