Antidote
SIMETICON
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Duschgele, Badezusätze, Waschmittel, Weichspüler oder auch Spülmittel kommen alltäglich im Haushalt zum Einsatz. Sie gehören zur Gruppe der Seifen, Tenside und Detergentien, die im Grunde nicht wirklich giftig sind. Werden sie aber verschluckt, kann die orale Aufnahme lebensbedrohlich werden. Betroffen sind hier nicht nur Kleinkinder, auch andere Altersgruppen, sogar Erwachsene können sich damit vergiften. Unfälle dieser Art gehören zu den häufigsten im Haushalt, wobei hier die Ein- bis Vierjährigen besonders oft betroffen sind. Bei Seifen handelt es sich um Natrium- oder Kaliumsalze, also Alkalisalze höherer Fettsäuren. In Wasser dissoziieren sie, das Säureanion mit der hydrophilen Carboxylatgruppe und dem lipophilen Fettsäurerest ist das eigentliche Tensid, das lipophilen Schmutz mit Wasser verbindet.
Alkylsulfate sind ebenfalls anionenaktive Tenside. Sie sind unter anderem in Waschmitteln enthalten, während kationenaktive Tenside, wie Benzalkoniumchlorid, häufiger als Desinfektionsmittel oder Konservierungsstoffe verwendet werden. Auch nichtionische Tenside findet man in Kosmetika und Reinigungsmitteln. Nach dem Herunterschlucken dieser Substanzen führen sie zu Übelkeit und Erbrechen. Beim Erbrechen schäumen sie auf, der Schaum kann die Speiseröhre entlang wandern und auf der Höhe des Kehlkopfes in den Respirationstrakt eindringen. Dadurch kann es zur Verlegung der Atemwege kommen. Noch größer ist die Gefahr, dass das Tensid in die Lunge gerät. Man spricht dann von einer Aspiration. Sie stört den Sauerstoffaustausch massiv und kann zum Tod führen. Beim Übertritt von Tensiden ins Blut, was sehr selten vorkommt, tritt eine Hämolyse ein. Dabei lösen sich die Erythrozyten auf.
Symptome und Sofortmaßnahmen Bei oraler Aufnahme kommt es sehr schnell zu Übelkeit und Erbrechen. Die starke Schaumbildung löst einen heftigen Husten aus, der neuen Schaum entstehen lässt. Im weiteren Verlauf kommt es zu starken Bauchschmerzen sowie stärkerem Erbrechen und Durchfall. Bei einer Aspiration zu Atemnot. Das schnellstmögliche Entfernen von Tensid- oder Seifenresten gilt als erste Handlung in der Erste-Hilfe-Kaskade. Weiterhin soll der Mund sofort ausgewischt und nur wenig Wasser oder Tee getrunken werden. Es ist sehr wichtig, dass hier keine großen Mengen an Flüssigkeit verabreicht werden, da diese zur vermehrten Schaumbildung beitragen. Auch das Auslösen von Erbrechen darf wegen der großen Aspirationsgefahr auf keinen Fall eingeleitet werden, es ist ausdrücklich verboten.
Der Verunfallte sollte sich möglichst aufrecht und/oder nach vorne gebeugt halten. Die Information der Giftnotrufzentrale ist unbedingt einzuholen und das Absetzen des Notrufes 112 meist erforderlich. Da die Uhr tickt, ist das Mittel der Wahl jetzt Simeticon. Es führt einerseits zur Entschäumung und Zerstörung des Schaumes, was auch als Defoaming bezeichnet wird. Andererseits wird eine weitere Schaumbildung eingedämmt oder verhindert, es kommt zu einer Schaumverhütung, die auch als Antifoaming bezeichnet wird. Die Oberflächenspannung der Schaumbläschen wird herabsetzt und sie zerplatzen. Zur Sofortmaßnahme nach oraler Aufnahme von tensidhaltigen Spül- und Waschmitteln ist Simeticon ausschließlich als Suspension zugelassen. Es ist also wichtig, die Zubereitung immer vor Gebrauch zu schütteln.
Das oberflächenaktive Polydimethylsiloxan wirkt ausschließlich physikalisch, wird selbst nicht resorbiert, sondern komplett intestinal über den Faeces ausgeschieden. Die Dosierung richtet sich immer nach der Schwere der Vergiftung. Als Mindestdosis bei Kindern werden 5 Milliliter (ml), entsprechend einem Teelöffel der Suspension empfohlen. Bei Erwachsenen kann die Dosierung bis auf 25 ml gesteigert werden. Die gesamte Dosis ist grundsätzlich auf einmal einzunehmen. Simeticon gehört zu den schnellwirkenden Entschäumern, dessen Wirkung bereits innerhalb von 10 Sekunden einsetzt und für etwa 24 Stunden anhält. Zugelassen sind verschiedene Präparate, die sich in ihrer Stärke unterscheiden. Ein Milliliter der Suspension enthält zwischen 40 und 70 Milligramm Simeticon. Die stärkere Variante ist auf der Liste der empfohlenen Antidote des Rettungsdienstes aufgeführt.
Simeticon oder Dimeticon? Simeticon wird auch als Dimeticon-Siliciumdioxid bezeichnet und ist chemisch aktiviertes Dimeticon. Es besteht zu circa 90 Prozent aus flüssigem Polydimethylsiloxan, dem sogenanntem Dimeticon, das mit vier bis sieben Prozent Siliciumdioxid kombiniert ist. Simeticon ist bei Zimmertemperatur eine viskose, grauweiße Flüssigkeit, die unlöslich in Methanol, Ethanol und Wasser, jedoch mit Toluol, Dichlormethan, Ethylacetat und 2-Butanon teilweise mischbar ist. Weitere Einsatzgebiete von Simeticon und Dimeticon sind Blähungen, Behandlung der Säuglingskolik, verstärkte Gasbildung nach Operationen oder Vorbereitung diagnostischer Untersuchungen wie einer So- nografie. Beide Wirkstoffe stehen dafür in verschiedenen Applikationsformen wie Weichkapseln, Kautabletten oder Suspensionen zur Verfügung.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/19 ab Seite 86.
Bärbel Meißner, Apothekerin