Diabetes Life
SCHNEEWEISSCHEN UND ROSENROT
Seite 1/1 5 Minuten
Die Parodontitis kommt langsam und schleichend und tut nicht weh – ähnlich wie ein erhöhter Blutzuckerwert, der zunächst einmal auch nicht schmerzt. Allerdings blutet das Zahnfleisch öfter als es sonst der Fall ist. Rauchen ist dabei ein Risikofaktor für Parodontitis und verschleiert erste Symptome wie blutendes Zahnfleisch. Viele Menschen mit Diabetes nehmen dies nicht als erste und ernste Warnung für negative Veränderungen an Zähnen und Zahnfleisch wahr.
Es geht an die Organe Wenn die Diabeteseinstellung und der Langzeitblutzuckerwert HbA1C unzureichend sind, haben Parodontitis und weitere Beschwerden wie Gingivitis im Mundraum leichtes Spiel. Zahn- und Zahnfleischprobleme können dabei den gesamten Körper schwächen und sind Stress fürs Immunsystem. Typ-2-Diabetiker und -Diabetikerinnen mit schwerer Parodontitis haben im Vergleich zu Betroffenen mit leichter oder keiner Parodontose eine erhöhte Bereitschaft für schwere Erkrankungen, die Herz und Nieren betreffen.
Mundgeruch kann ein Vorbote sein Berichten Kunden mit Diabetes zum Beispiel von geschwollenem Zahnfleisch oder vermehrtem Zahnfleischbluten, können das erste Alarmsignale sein, ebenso deutlicher Mundgeruch, Veränderungen in der Zahnstellung oder locker sitzende Zähne. Sie sind bei Diabetes meist keine Erscheinung des Alters, sondern ernst zu nehmende Symptome einer Entzündung des Zahnhalteapparates.
Jetzt macht es Sinn, Ihre Kunden zu fragen, wie es um die Blutzuckerwerte und den Langzeitblutzuckerwert HbA1c steht. Denn eine instabile Stoffwechsellage trägt aktiv zum Risiko für eine Parodontitis bei. Umgekehrt erschwert eine bestehende Entzündung eine gute Blutzuckereinstellung.
Mit zunehmender Tiefe der Zahnfleischtaschen steigt der Langzeitblutzuckerwert. Untersuchungen bestätigen, dass die Sterblichkeit von Diabetikern mit Parodontitis höher liegt als bei Menschen mit gesundem, hellrosa und gut durchblutetem Zahnfleisch. Grund hierfür sind vermutlich die Entzündungsprozesse, die sich negativ auf das Herz auswirken können.
Risikofaktor Bluthochdruck und Diabetes Neben Diabetes haben viele Betroffene zusätzlich Begleiterkrankungen wie Bluthochdruck, Übergewicht oder erhöhte Lipid- oder Harnsäurewerte. Eine aktuelle Studie aus Korea, an der über zehntausend Menschen teilnahmen, zeigte, dass Probanden mit Vorerkrankungen einen schlechteren Zahnstatus hatten als gesunde. Allen voran sind insbesondere Bluthochdruck, Diabetes, Herz-Kreislauferkrankungen und Osteoporose zentrale Risikofaktoren.
Deshalb sind Menschen mit Diabetes hier gleich mehrfach betroffen. Und aus diesem Grund empfehlen die Wissenschaftler der Studie, dass bei Menschen mit den genannten Vorerkrankungen ein besseres zahnärztliches Screening durchgeführt werden soll, um Veränderungen rechtzeitig zu erkennen und zu therapieren –ähnlich wie bei einem diabetischen Fußsyndrom.
Mit einer Früherkennungsuntersuchung des Zahnfleischs, dem Parodontalen Screening Index (PSI), kann der Zahnarzt frühe Formen einer beginnenden Parodontitis diagnostizieren. Hatte ein Mensch mit Diabetes schon einmal eine Parodontitis, sollte nach Beendigung der aktiven Behandlung lebenslang darauf besonders geachtet werden. Mindestens einmal jährlich sollten deshalb die Zahnfleischtaschen beim Zahnarzt nachgemessen werden.
Praxistipps
+ Menschen mit Diabetes sollten mindestens zweimal jährlich Zähne und Zahnfleisch beim Zahnarzt untersuchen lassen.
+ Je früher eine Entzündung erkannt wird, desto höher ist die Chance der Heilung.
+ Bereits kleinste Veränderungen im Mundraum sollten unbedingt mit dem Zahnarzt besprochen werden.
+ Je besser die Blutzuckereinstellung, desto einfacher ist es, Zähne und Zahnfleisch gesund zu halten.
+ Mundgeruch und eine Veränderung der Zahnstellung und -länge können auf eine Parodontitis hinweisen.
+ Diabetiker mit Bluthochdruck, erhöhten Blutfett- oder Harnsäurewerten oder Übergewicht sind besonders gefährdet für Gingivitis und Parodontitis.
+ Tägliche Mundhygiene mit Zahnseide oder Interdentalbürste, Zahnbürste und passender Zahnpasta, Zungenreiniger und Mundspülung helfen aktiv dabei, Zähne und Zahnfleisch bei Diabetes gesund zu halten.
+ Rauchen trägt zur Verschlechterung der Zahngesundheit bei.
+ Zuckerhaltiges und klebrig-süße Lebensmittel schaden der Zahngesundheit und dem Blutzucker besonders.
+ Nach dem Genuss von Säurehaltigem wie Säften, Smoothies, Obst oder Wein empfiehlt es sich die Zähne nicht sofort zu putzen, sondern eine halbe Stunde zu warten.
Selbst kleinste Veränderungen beim Zahnarzt abklären Appellieren Sie an Ihre Kundinnen und Kunden mit Diabetes, mindestens zweimal jährlich den Check des Mundraums beim Zahnarzt durchführen zu lassen. Wichtig ist es, den Zahnmediziner über die Diabetes-Erkrankung zu informieren und kleinste, selbst entdeckte Veränderungen bei der Routineuntersuchung zu erwähnen. So können Ihre Kunden selbst aktiv dazu beitragen, dass Veränderungen auch tatsächlich festgestellt werden.
Passende Mundhygiene Parodontitis kann erfolgreich vorgebeugt oder eine bestehende zum Stillstand gebracht werden, vorausgesetzt sie wird frühzeitig erkannt und behandelt. Die Therapie begrenzt sich dabei nicht nur auf Zähne und Zahnfleisch, sondern betrifft auch eine bessere Einstellung der Blutzuckerwerte sowie die tägliche Mundhygiene. Bei der Dentalhygiene helfen Hilfsmittel aus der Apotheke. Da wäre zunächst die passende Zahnbürste.
In akuten Situationen, wenn das Zahnfleisch entzündet ist und stark blutet, empfiehlt sich eine manuelle Bürste für sensible Zähne. Langfristig kann eine elektrische Zahnbürste dazu beitragen, dass auch schwierig erreichbare Stellen beim Putzen im Mund leichter erreicht werden. Einmal pro Woche sollte ein fluoridhaltiges Spezialgel angewendet werden. Sind die Zähne besonders empfindlich gegen Hitze und Kälte, können sie mit diesem Gel oder der Zahncreme für sensible Zähne eingerieben werden und auf dem Zahn verbleiben.
Empfehlen Sie auch eine Mundspülung für sensible Zähne und Zahnfleisch. Auch die tägliche Anwendung von Interdentalbürsten oder Zahnseide kann bei regelmäßiger Verwendung dazu beitragen, Zahnfleischbluten und -entzündungen zu bessern. Was die Reihenfolge betrifft kann vor dem Putzen die Zahnseide oder Interdentalbürste zum Einsatz kommen, gefolgt vom Zähneputzen und der Verwendung eines Zungenreinigers. Abgerundet wird die Hygiene durch eine Mundspülung.
Muss nach jedem Essen geputzt werden? Direkt nach dem Genuss von Zucker empfiehlt es sich durchaus. Das schützt die Zähne und hilft vielleicht sogar dabei, nicht noch mehr Süßes zu essen. Nach dem Genuss von säurehaltigen Speisen wie Obst, Fruchtsäften oder Wein sollte eine halbe Stunde bis zum Zähneputzen gewartet werden. Das hilft unnötigen Abrieb von Zahnschmelz zu verhindern. Die wichtigste Putzeinheit ist vor dem Schlafengehen.
Den Artikel finden Sie auch in DIE PTA IN DER APOTHEKE 04/2022 ab Seite 26.
Kirsten Metternich von Wolff, freie Journalistin