Pflanzliche Milch in Flaschen und Zutaten auf hellem Hintergrund mit Holzbuchstaben „Alternative“.© klenova / iStock / Getty Images Plus
Menschen mit einer Lactoseintoleranz müssen nicht unbedingt komplett auf Milch und Milchprodukte verzichten. Mittlerweile gibt es eine Vielzahl rein pflanzlicher und lactosefreier Alternativen wie Soja-, Hafer- oder Mandeldrinks.

Lactoseintoleranz

WENN MILCH ZUM PROBLEM WIRD

15 bis 20 Prozent der Menschen in Deutschland plagen Blähungen, Durchfall, ein Blähbauch oder heftige Bauchschmerzen, wenn sie Milchprodukte essen. Typische Symptome einer Lactoseintoleranz. Doch die ist kein auswegloses Schicksal. Eine geschickte Auswahl an Lebensmitteln lindert die Beschwerden.

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Bei der Unverträglichkeit von Lactose (Milchzucker), auch Lactoseintoleranz oder Milchzuckerunverträglichkeit genannt, wird Milchzucker kaum oder nur in geringer Menge verdaut. Der Grund ist einMangel des Milchzucker-spaltenden Enzyms Lactase. Dieses Enzym wird beim Gesunden in der Dünndarmschleimhaut gebildet. Lactase zerlegt dabei den Milchzucker in die Einzelbausteine Glucose und Galactose.

Fehlt das Enzym oder ist dessen Aktivität vermindert, wandert die mit der Nahrung gegessene Lactose mehr oder weniger unverändert in den Dickdarm. Dort bauen Darmbakterien sie zu Kohlendioxid, Milch- und Essigsäure ab. Die Folge sind leichte bis stark ausgeprägte Beschwerden des Magen-Darm-Traktes.

Zwei Formen

Bei dieser Erkrankung unterscheidet man in zwei Formen. Beim primären, genetisch bedingten Mangel, der Hypolactäsie, nimmt die Lactase-Aktivität aus weitgehend unbekannten Gründen mit steigendem Alter kontinuierlich ab. Diese Form der Lactoseintoleranz ist die am häufigsten vorkommende Variante. Eine Milchzuckerunverträglichkeit kann auch als Folge einer anderen, zugrundeliegenden Erkrankung auftreten. Dazu gehören zum Beispiel

  • Sprue/Zöliakie (Glutenintoleranz),
  • chronisch entzündliche Darmerkrankungen wie Morbus Crohn oder Colitis Ulcerosa
  • und Infektionen.

Sind diese Erkrankungen diagnostiziert und gut behandelt, verbessern sich meistens auch die Beschwerden der Lactoseunverträglichkeit.

Bei der zweiten Variante der Intoleranz, dem kongenitalen Lactasemangel (Alactasie), fehlt den Menschen von Geburt an das lactosespaltende Enzym Lactase. Diese Form tritt statistisch sehr selten auf. Sie kann zu Entwicklungsstörungen bei Säuglingen beitragen und muss lebenslang mit einer entsprechenden lactosefreien Ernährung behandelt werden Zudem ist hier eine medizinische Betreuung unbedingt sinnvoll.

Woher weiß ich, ob ich lactoseintolerant bin?

Stellt sich die Frage, wie sich eine Lactoseintoleranz medizinisch feststellen lässt. Denn lediglich auf Grund von individuellen Unverträglichkeiten komplett auf lactosehaltige Lebensmittel zu verzichten, macht auf Dauer wenig Sinn. Es gibt drei Möglichkeiten zur Diagnose:

1. H2-Atemtest
Bei diesem Test wird in Wasser aufgelöste Lactose getrunken. Anschließend wird in ein Gerät gepustet, vergleichbar wie bei einem polizeilichen Alkoholtest, um den Wasserstoff (H2) des Atems zu messen. Denn wird der aufgenommene Milchzucker im Dünndarm nicht aufgespalten, wandert er in den Dickdarm, wo er durch Bakterien teilweise zu Wasserstoff zersetzt wird. Der Wasserstoff gelangt durch die Darmschleimhaut ins Blut und die Lungen. Atmet der Betroffene den Wasserstoff beim Test aus, liegt meist eine Lactoseintoleranz vor.

2. Lactose-Belastungstest
Auch hier wird eine milchzuckerhaltige Flüssigkeit getrunken. Innerhalb von drei Stunden wird in Abständen von 15 bis 30 Minuten eine Blutprobe entnommen. Wenn die Lactose normal abgebaut wird, steigt der Blutzuckerspiegel. Bei einem Mangel am lactosespaltende Enzym Lactase gelangt nur ein geringer Anteil der aufgespaltenen Lactose ins Blut. Dieser Test ist allerdings weniger genau als der H2-Atemtest.

3. Eliminationsdiät
Hier wird zwei Wochen lang alles aus dem Ernährungsplan gestrichen, was Lactose enthält. Dazu bedarf es guter Kenntnisse über sämtliche Inhaltsstoffe. In der anschließenden zweiten Testphase werden kleine Mengen lactosehaltiger Lebensmittel wie Milch und Milchproduktesukzessive wieder in den Speiseplan eingebaut. Wichtig dabei ist, dass sie auf mehrere Portionen täglich verteilt werden. Diese Phase sollte dann fließend in eine Dauerkost übergehen. Dazu empfehlt sich eine zertifizierte Ernährungsberatung bei eine*r Diätassistent*in oder Diplom-Oecotropholog*in.

Therapie der Milchzuckerunverträglichkeit

Nach medizinisch gesicherter Diagnose wird eine entsprechende Ernährungstherapie empfohlen. Ein Großteil der Menschen mit einer Lactoseintoleranz vertägt kleine Mengen Milchzucker ohne Beschwerden.

Gut verträglich sind besonders Butter, Butterschmalz, Joghurt, Hartkäse und Schnittkäse. Teilweise sogar Sauermilchprodukte wie Dickmilch, Kefir, Buttermilch und Quark.

Werden sie gut vertragen, können sie täglich zu verschiedenen Mahlzeiten gegessen werden. Sie tragen außerdem dazu bei, den Calciumbedarf natürlich zu decken.

Essen bei Lactoseintoleranz

Auch wenn Milch und Milchprodukte sowie zahlreiche Fertigprodukte nicht mehr zum täglichen Essen dazugehören, ist ausgewogenes und gesundes Essen möglich. Milch und Milchprodukte lassen sich durch lactosefreie Milch und mit Calcium angereicherte vegane Milch-Alternativen wie Soja-, Hafer- oder Mandeldrinks ersetzen.

Damit die Calciumversorgung gewährleistet ist, sollten täglich grünes Gemüse, Kräuter und Mineralwasser (mit mindestens 150 Milligramm Calcium pro Liter) sowie 30 bis 50 Gramm Nüsse dazugehören. Diese Lebensmittel zählen zu den Produkten mit einem hohen Calciumgehalt. Auch mit Calcium angereicherte Fruchtsäfte sind eine zusätzliche Möglichkeit, allerdings fruchtzucker- und kalorienreich.

Lactosegehalt in Lebensmitteln

LACTOSEHALTIGE LEBENSMITTEL LACTOSEARME LEBENSMITTEL LACTOSEFREIE LEBENSMITTEL
Milch von Kuh, Schaf, Ziege Butter Gemüse, frisch oder tiefgekühlt
Molke Joghurt Obst, frisch oder tiefgekühlt
Sahne Kefir/Dickmilch Getreide
Milcheis Buttermilch Eier
Kondensmilch/Milchpulver Quark Fleisch, Fisch, Geflügel
Viele Fertigprodukte, Fertigsoßen und -suppen Käse Kartoffeln, Reis, Nudeln
Kuchen/Torten, Gebäck/Desserts   Zucker, Fruchtzucker, Konfitüre, Honig
     

Alternativen zur lactosehaltigen Milch

Der Lactosegehalt von Kuh- und Schafsmilch liegt bei rund 4,7 und der von Ziegenmilch bei etwa 4,2 Prozent. Demnach sind also Schafs- und Ziegenmilch in ihrer Wirkung auf lactoseintolerante Personen ähnlich wie Kuhmilch. Sie sind keine geeigneten Alternativen.

Besser ist es, auf selbst hergestellte oder industriell gefertigte lactosefreie Alternativen auf Basis von Soja, Hafer, Mandel, Cashew, Reis oder entsprechende Mischungen auszuweichen. Alle bieten den Vorteil, dass sie rein pflanzlich und damit cholesterinfrei sind. Auch der Anteil gesunder Fette ist in diesen Produkten positiv.

Wichtig: Veganen Alternativen zur Milch sollte stets Calcium zugesetzt sein. Denn Milch und Milchprodukte sind eine lebenswichtige Calciumquelle für die Knochen. Dies ist jedoch bei Produkten mit einem der zertifizierten Bio-Label nicht möglich. Diesen darf, laut Bio-Richtlinien, kein extra Calcium zugesetzt werden. Lactosefreie Kuhmilch enthält den natürlichen Calciumgehalt der Milch und wird häufig seitens ihres Geschmacks beispielsweise als Bestandteil von Milchkaffee oder Kakao bevorzugt. Ein Calcium-Highlight ist Parmesan: Ein Kilogramm enthält in etwa so viel Lactose wie ein Glas Milch. So ist also der Löffel Parmesankäse auf Gerichten eine gut verträgliche und ausgezeichnete Calciumquelle.

Wie Lactose in der Zutatenliste heißen kann

Im Zeitalter von zahlreichen Fertig- oder Halbfertigprodukten ist es nicht immer einfach, sofort zu erkennen, ob und wieviel Lactose im Lebensmittel enthalten ist. Hier lohnt der Blick auf die Zutatenliste, die auf der Rückseite der Verpackung steht.

Milchzucker versteckt sich hinter:

  • Laktose/Lactose
  • Laktose-/Lactosemonohydrat
  • Milchzucker
  • Milchpulver
  • Vollmilch(-pulver)
  • Magermilch(-pulver)
  • Molke
  • Molke-pulver
  • Süßmolke-, pulver
  • Sauermolke-, pulver
  • Milch
  • entrahmte Milch
  • Molkenerzeugnisse
  • Rahm
  • Sahne
  • Sahnepulver
  • süße Sahne
  • saure Sahne
  • Butter
  • Schokolade
  • Schokoladenzubereitung
  • Zuckerstoffe

Hilfe aus der Apotheke

Besonders unterwegs, auf Reisen, in der Kantine, im Restaurant und im Urlaub kann eine lactosearme Ernährung teils schwierig werden. Dazu gibt es in Ihrem Sortiment flüssige lactasehaltige Enzympräparate als Tabletten, Kapseln oder Lösung.

Etwa 10 Tropfen eines flüssigen Lactase-Präparates reichen aus, um 70 bis 100 Prozent Lactose in 250 Millilitern Milch zu spalten. Dazu werden die Tropfen in die Milch eingerührt und für 24 bis 48 Stunden gekühlt. Die lactosearme Variante schmeckt etwas süßer als herkömmliche Milch. Mit ihr lässt sich jede Speise zubereiten, bei der Kuhmilch Bestandteil ist.

Auch als Tabletten oder Kapseln kann Lactase für den Genuss von lactosehaltigen Lebensmitteln eingenommen werden. Dazu die Kapseln am besten zeitgleich mit der Mahlzeit einnehmen. Sie lassen sich auch öffnen und über das Essen streuen. Allerdings sollte die Temperatur der Speise dabei nicht heißer als 50 Grad sein.

Praxistipps zum Essen bei einer Lactoseintoleranz
+ Gemüse, besonders grüne Sorten, sind lactosefrei und calciumreich.
+ Statt Milch und Milchprodukten bieten sich vegane Alternativen,
z.B. aus Soja, Hafer, Nüssen oder Reis an. Ihnen sollte Calcium zugesetzt sein.
+ Parmesan ist ein lactosearmer Käse, der calciumreich ist. 
+ Sauermilchprodukte werden individuell gut vertragen.
+ Milch weder von der Kuh, noch vom Schaf oder der Ziege pur trinken.
Sahne- und Cremetorten sowie Milchspeiseeis meiden.
+ Speisen meiden, bei denen nicht einzuschätzen ist, ob und wie viel Lactose sie enthalten
+ Vollkornbrot ist calciumreicher als Weißbrot, deshalb besser auf Vollkorn setzen.
+ Nüsse sind eine weitere, gesunde Calciumquelle.
+ Mineralwasser sollte mindestens 150 mg Calcium pro Liter enthalten.

Quellen:

www.dge.de/presse/meldungen/2011-2018/essen-und-trinken-bei-lactoseintoleranz/
M. Smollich: „Das grosse Praxisbuch Ernährungsmedizin“, GU Verlag, 1. Auflage 2022.
https://www.netdoktor.de/krankheiten/laktoseintoleranz/test/

https://www.hblfa-tirol.at/dam/jcr:dfc25a2a-2622-4e2d-868b-1b5e9bd6a5d8/lactosegehaltmilchprodukte.pdf

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