Ein Wecker in Herzform© K-Kwanchai / iStock / Getty Images Plus
Essen nach der Uhr? Eine Studie zeigt bei Intervallfastenden ein erhöhtes Risiko für Herzinfarkte und Schlaganfälle.

Kardiovaskuläre Ereignisse

TOD DURCH INTERVALLFASTEN?

Intervallfasten hat den Ruf, gesund zu sein und beim Abnehmen zu helfen und hat aktuell viele Anhänger. Der Nutzen ist wissenschaftlich jedoch umstritten. Eine neue Studie legt sogar nahe, dass die Methode zu Herzinfarkten und Schlaganfällen führen könnte. Wie sehen das Experten?

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Egal, ob tage- oder stundenweise auf Nahrung verzichtet wird, soll Intervallfasten helfen, die Kalorienaufnahme zu begrenzen oder den Blutzuckerspiegel zu normalisieren. Ein Nutzennachweis für den Stoffwechsel wurde bislang jedoch nicht erbracht. Bei Diabetes kann Intervallfasten die Stoffwechsellage sogar verschlechtern. Auch gewichtsreduzierende Effekte sind für das Intervallfasten nicht nachgewiesen. Aus verhaltenstherapeutischer Sicht widerspricht das Essen zu restriktiven Uhrzeiten dem Prinzip, auf das Hungergefühl zu achten und intuitiv zu essen.

Schon die bestehenden Erkenntnisse widersprechen sich also gegenseitig. Doch neue Studienergebnisse überraschten selbst ein Forschungsteam aus chinesischen und US-amerikanischen Wissenschaftlern. Deren Daten zeigen einen Zusammenhang zwischen Intervallfasten und kardiovaskulären Todesfällen.

Erschreckende Zahlen zum Intervallfasten

Das Team um Meng Chen von der University of Shanghai analysierte Daten einer großen Beobachtungsstudie an über 20 000 Männern und Frauen in den USA, die von der amerikanischen Gesundheitsbehörde CDC unterstützt wurde. Die Teilnehmer waren im Durchschnitt 48 Jahre alt und wurden über acht Jahre beobachtet. Ihr Ernährungsverhalten ermittelten die Forscher über zwei Fragebögen, die die Probanden innerhalb des ersten Jahres ausfüllen mussten.

Auf diesen Bögen gaben sie auch an, ob sie bestimmte Zeiten ohne Essen einhielten. Intervallfasten kann unterschiedlich aussehen: Wird beispielsweise acht Stunden lang Nahrung konsumiert und danach eine Pause von 16 Stunden eingehalten, spricht man von der 16:8-Methode des Intervallfastens. Die 5:2-Methode bedeutet, zwei Tage pro Woche zu fasten, während man fünf Tage normal isst.

Die Analyse erstaunte selbst die Wissenschaftler: Menschen, die nur acht Stunden am Tag aßen, hatten ein um 91 Prozent höheres Risiko, an einer Herz-Kreislauf-Erkrankung zu sterben, als diejenigen ohne Intervallfasten. Unter denjenigen, bei denen bereits eine Herz-Kreislauf-Erkrankung bestand, stieg das Risiko für einen tödlichen Herzinfarkt oder Schlaganfall der 16:8-Fastenden um 66 Prozent. Das allgemeine Sterberisiko beeinflusste das Intervallfasten aber nicht.

Die Forscher betonen, dass zwar ein Zusammenhang zwischen Intervallfasten nach der 16:8-Methode und kardiovaskulären Todesfällen erkennbar sei, aber Intervallfasten die Todesfälle nicht auslöse.

Bewertung steht noch aus

Die Ergebnisse ihrer Analysen präsentierte die Arbeitsgruppe auf einer Fachkonferenz der American Heart Association. Es handelt sich somit nicht um eine Publikation in einer Fachzeitschrift mit anschließendem Peer-Review-Verfahren. Dieser Prozess schließt sich in der Regel der Veröffentlichung einer Studie an und bedeutet, dass Durchführung und Ergebnisse von Forschenden weltweit bewertet und hinterfragt werden. Nur dann, wenn die Prüfung durch Forschungskollegen erfolgreich verläuft, werden die Ergebnisse als verlässlich angesehen. Dieses Verfahren steht noch aus, ebenso eine Bestätigung durch weitere Untersuchungen.

Teilnehmende der Fachkonferenz bewerteten die Studie teilweise kritisch. Die Aussagekraft sei durch verschiedene Faktoren eingeschränkt.

  • Etwa sei die Art und Weise der Ernährung lediglich in zwei Fragebögen durch Selbstauskunft erfasst,
  • weitere Faktoren für kardiovaskulären Tod nicht berücksichtigt
  • und die Hauptaussage lediglich auf 414 von über 20 000 Teilnehmenden bezogen – der Anteil, der angab, Intervallfasten zu praktizieren.

Professor Dr. Christopher Gardner von der Stanford University erwartet, dass die Veröffentlichung der Studiendetails „interessant und hilfreich“ sein dürfte. Etwa müsse genau betrachtet werden, wie gesund die Teilnehmenden in der Intervallfasten-Subgruppe sich ernährten. Ohne diese Information ließe sich nicht entscheiden, ob nicht andere Faktoren wie die Kaloriendichte eine alternative Erklärung für das höhere kardiovaskuläre Sterberisiko sein könnten.

Intervallfasten nicht für alle

Auch weitere Fachleute fürchten, dass die Ergebnisse durch notwendige Korrekturen der verzerrenden Faktoren ihre Signifikanz verlieren. Beispielsweise sei bekannt, dass Menschen mit Essenspausen statistisch gesehen weniger Magermasse aufweisen. Deren Verlust sei in der Vergangenheit mit höherem kardiovaskulärem Sterberisiko in Zusammenhang gebracht worden. Zudem befanden sich unter den Probanden, die fasteten, mehr Raucher und mehr Männer. Auch das könnte das kardiovaskuläre Risiko beeinflusst haben.

Die Ergebnisse sind also durchaus mit Vorsicht zu genießen. Das sieht die Arbeitsgruppe, die sie vorgestellt hat, ähnlich. Weitere Untersuchungen müssen zeigen, ob sich die Zusammenhänge bestätigen. Generell, so die Empfehlung der Wissenschaftler, sollten Diätempfehlungen immer personalisiert werden und zudem Rücksicht nehmen auf den Gesundheitszustand des Patienten und die neueste wissenschaftliche Evidenz.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/intervallfasten-mit-herz-kreislauf-tod-assoziiert-146309/
https://www.medscape.com/viewarticle/intermittent-fasting-linked-higher-cvd-death-risk-2024a1000559?form=fpf

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