Ernährung als Medizin
ESSEN & KREBS
Seite 1/1 4 Minuten
Auch wenn Krebs das Ergebnis eines langfristigen und multifaktoriellen Prozesses am genetischen Material ist, sind schätzungsweise etwa 30 bis 60 Prozent aller Tumorerkrankungen auch auf die Faktoren Ernährung und Lebensweise zurückzuführen.
Leider kann aber keine Ernährungs- oder Diätform zu 100 Prozent vor Krebs schützen oder ihn heilen. Manche von den selbst ernannten Krebsoder Fastendiäten sind sogar schädlich. Eine ausgewogene Ernährung mit vielen essenziellen Mikronährstoffen reduziert hingegen nicht nur das Krebsrisiko, sondern kann auch die Nebenwirkungen der konventionellen Therapie lindern und das Allgemeinbefinden und die Heilungschancen verbessern.
Den Begleiterscheinungen die kalte Schulter zeigen Bei Krebspatienten kann es während der Therapie zu einem starken Gewichtsverlust kommen. Aus diesem Grunde sollte auf eine ausreichende beziehungsweise erhöhte Energieaufnahme geachtet werden. Übelkeit, Erbrechen, Kau- und Schluckbeschwerden oder Entzündungen im Bereich der Mundschleimhaut erschweren dabei die Nahrungsaufnahme bei manchen Betroffenen erheblich.
Eine leicht verdaulich, vollwertige Ernährung und ausreichende Flüssigkeitszufuhr sollte jedoch in irgendeiner Form gewährleistet sein, da eine Mangelernährung den Körper und vor allem die Immunabwehr weiter schwächt. Diese ist durch die Tumortherapie ohnehin schon in Mitleidenschaft gezogen. Oft werden mehrere kleine Mahlzeiten besser vertragen. Dies gilt vor allem bei Tumoren und Resektionen im Magen-Darm-Bereich.
Die vermehrte Wahl von Lieblingsgerichten kann die Nahrungsaufnahme fördern, ohne die Ausgewogenheit zu gefährden. Dabei sollte man auch ruhig mal mit Kräutern und Gewürzen experimentieren, denn besonders Estragon und Zwiebel wirken appetitanregend. Auch bitterstoffhaltige Tees – 30 Minuten vor dem Essen getrunken – können helfen.
Kohlenhydrate Vollkornprodukte, Gemüse und Obst enthalten viele Ballaststoffe und liefern Kohlenhydrate zur Energiegewinnung sowie zahlreiche Vitamine. Verbunden mit einer ausreichenden Trinkmenge quellen die Ballaststoffe im Darm. So sorgen sie für eine gute Verdauungstätigkeit, erhalten ein gesundes Bakterienmilieu im Darm und stärken dadurch auch die Abwehrkräfte.
Bei Krebspatienten kann ein Zuviel an Ballaststoffen aber Probleme wie Blähungen oder Durchfall verursachen. Die Betroffenen wissen jedoch meist selber am besten, welche entsprechenden Lebensmittel sie vertragen. Zucker sollte nur in Maßen verzehrt werden, denn ein übermäßiger Genuss ist mitverantwortlich für Übergewicht. Nach Ansicht vieler Experten stellt es dadurch auch einen Risikofaktor für die Krebsentstehung dar. Ein gelegentliches Genießen von Süßigkeiten ist unbedenklich und kann auch die Stimmung in dieser schweren Lebensphase heben.
Proteine Besonders nach Operationen und/oder Bestrahlungen benötigt der Körper viel Eiweiß, denn es wird zum Erhalt der Körpersubstanz und somit auch der Muskelmasse benötigt. Ein Mangel an essenziellen Aminosäuren schwächt das Immunsystem, verzögert die Wundheilung und kann zu Muskelschwäche führen. Ein Teufelskreis, denn Krebspatienten haben in der Therapiephase häufig ohnehin wenig Energie für ausreichend Bewegung. Einen hohen Anteil an Proteinen enthalten tierische Lebensmittel (z. B. Fleisch, Fisch, Käse, Eier) sowie Hülsenfrüchte und Sojaprodukte.
Fette Ein hoher Verzehr von Seefischen (z. B. Lachs, Makrele, Hering) sollte mindestens ein bis zwei Mal pro Woche auf dem Speiseplan stehen, denn es hat sich gezeigt, dass Fischöle auch zur Verhinderung der Tumorentwicklung beitragen. Die darin enthaltenen mehrfach ungesättigten Omega-3-Fettsäuren sind Bestandteile der Zellmembran und unerlässlich für die Herstellung von Botenstoffen des Immunsystems.
Auch entzündliche Prozesse im Körper werden positiv beeinflusst. Hinzu kommt noch die Eigenschaft der Fette/Öle an sich, dass sie Träger der fettlösliche Vitamine (A, D, E, K) sind. Patienten mit einem krebsbedingten Kurzdarmsyndrom profitieren hingegen von der Verwendung sogenannter MCT-Fette (mittelkettige Triglyceride), denn diese werden im Darm schneller gespalten und einfacher aufgenommen.
ZUSATZ-INFORMATIONEN
5 am Tag
Dass ein hoher Obst – und Gemüseverzehr das Risiko signifikant vermindert, an verschiedenen Krebsarten zu erkranken, ist mittlerweile durch Studien ausreichend belegt. Die Empfehlung „5 am Tag“ der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) bedeutet zwei faustgroße Portionen Obst und drei Portionen Gemüse. Ein bis zwei der fünf Portionen können durch je ein Glas Gemüse – bzw. Fruchtsaft (aus 100 Prozent Saft!) ersetzt werden.
Bei Krebskranken ist der Bedarf an Vitalstoffen erhöht, denn durch die Heilungsprozesse und die immunologische Abwehr bestehender Tumorzellen laufen viele Stoffwechselvorgänge auf Hochtouren und verbrauchen viele Mikronährstoffe. Die Nebenwirkungen konventioneller Therapien fordern den Körper zusätzlich.
Die bunte regionale und saisonale Vielfalt an Obst und Gemüse stärkt die Abwehrkräfte und wirkt antioxidativ sowie mitunter antibakteriell. Beispielsweise die verschiedenen Kohlsorten (z.B. Brokkoli, Grünkohl) besitzen sogar antikanzerogene Eigenschaften. Die Pflanzenfarbstoffe dunkler Beeren und andere Obst- und Gemüsesorten wirken hingegen sehr effektiv als Antioxidantien.
Nahrungsergänzung
Der stark erhöhte Vitalstoffbedarf kann selbst durch eine ausgewogene Ernährung in vielen Fällen kaum gesichert werden. Noch schwieriger wird es, wenn aufgrund bestimmter Nebenwirkungen eine ausgewogene Ernährung nicht realisierbar ist. Dann wird eine entsprechende Therapiebegleitung durch eine gezielte Nahrungsergänzung empfohlen.
Hier gilt: Nicht die isolierte Einnahme eines einzelnen Mikronährstoffes erzielt den optimalen Effekt, sondern eine abgestimmte Kombination von wasser – und fettlöslichen Antioxidantien und weiteren wichtigen Bausteinen wie sekundäre Pflanzenstoffe. Diese helfen auch gegen das Fatigue-Syndrom. Bei strahleninduzierter Enteritis hilft vielen Betroffenen eine Darmsanierung mit speziell kombinierten probiotischen Kulturen.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 09/13 ab Seite 96.
Andrea Pütz, Dipl. Oecotrophologin