Einfach gut essen
AMALFI-ZITRONENHÜHNCHEN
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Die hier, sagte der Gatte, sind die besten Zitronen der Welt. Ein wenig skeptisch guckte ich auf die unregelmäßig geformten, großporigen Dinger, die so aussahen, als wären sie überreif und übrig geblieben. Wir befanden uns auf einem Wochenmarkt, die Zitronen trugen noch das grüne Blatt vom Zeitpunkt der Ernte. Ich sollte lernen, dass die Blätter Kennzeichen der Amalfi-Zitronen sind. Sie stammen aus einer Gegend in Italien, in der es wirklich warm und so schön ist, dass sie in das UNESCO- Weltkulturerbe aufgenommen wurde. Weil die Aufzucht und Pflege der Zitrusfrucht so aufwändig ist, wurde sie von der sauren Supermarkt-Zitrone verdrängt.
Handverlesen gelangen sie heute in die Feinkostläden und man kann wirklich alles an ihnen essen: Schale, Fruchtfleisch, die weiße Schicht dazwischen. Sie schmecken ein wenig süß und lecker und hocharomatisch. Die Köche schwören auf sie. Und da ich immer noch skeptisch war, wollte der Gatte mir mal zeigen, was eine Harke ist. Zwei von den gelben Früchten ließ er einpacken. Frischen Knoblauch auch. Dann gingen wir noch schnell beim Geflügelhändler vorbei und erstanden ein frisches Hühnchen. Beim frankophilen Bäcker ein Baguette.
Daheim angekommen, verschwand der Meine in der Küche und ward nicht mehr gesehen. Ich saß an meinem Schreibtisch und alsbald zogen köstliche Düfte an meiner Nase vorbei. Sie behinderten mich ernsthaft an der Ausübung meiner Tätigkeit, da sie den Speichelfluss anregten und ich aufpassen musste, dass dieser nicht auf die Tastatur tropfte. Und so schlich ich mich in Richtung Backofen. Drin brutzelte das goldgelbe Hähnchen. Der Koch stand am Fenster und guckte verträumt hinaus. Der Tisch war bereits gedeckt. Zwei Teller mit Servietten, ein Baguette. Sonst nichts. Und das sollte alles sein?
70 Minuten passierte also eher wenig, außer dass die Gerüche immer intensiver wurden. Dann wurde der Hahn mit Schwung hinausgezogen, auf den Tisch gestellt, mit der Geflügelschere auseinandergeschnitten, ein Stück Baguette abgebrochen und los ging’s. Es war soooo lecker! Nachdem ich Abbitte leistete und schwor, nie wieder Zweifel an der Gemüseauswahl meines Miteinkäufers zu äußern, verriet er mir das folgende Rezept: Besorgen Sie sich ein frisches (!) Hühnchen und achten Sie beim Kauf darauf, dass das Tier es gut gehabt hatte in seinem vorherigen, kurzen Leben. Das steht meistens drauf. „Mit Mais gefüttert, ohne Antibiotika aufgezogen, in Bodenhaltung mit Auslauf “ – so etwas. Und das bekommen Sie in einem gut sortierten Supermarkt bereits unter zehn Euro.
Nehmen Sie sich zwei schöne, reife Bio-Zitronen mit. Amalfi-Zitronen wird es im Supermarkt wahrscheinlich nicht geben, der Küchenbetreiber versicherte aber, Bio tut’s ebenfalls, wenn auch die anderen noch toller sind. Dazu einen kleinen, frischen Rosmarin aus der Kräuterabteilung. Und am liebsten jungen Knoblauch. Zuhause spülen Sie dann das Hähnchen von innen und außen gut ab. Tupfen Sie es trocken und pfeffern und salzen Sie es kräftig von innen. Dann schneiden Sie bitte zwei Knoblauchzehen in feine Stifte. Zupfen Sie ein paar Rosmarinnadeln ab. Setzen Sie jetzt kleine Schnitte in die Außenhaut des Hähnchens und stecken Sie jeweils einen Schnitz Knoblauch und eine Rosmarinnadel in die entstandene Tasche zwischen Haut und Fleisch.
Dann bereiten Sie eine Mischung aus Salz und Edelsüß-Paprikapulver in einem Schälchen, verteilen diese großzügig auf der Hühnerhaut und pinseln noch ein wenig Olivenöl darüber. Nun stechen Sie eine der beiden Biozitronen überall mit der Gabel ein und drücken Sie sie rundum ein wenig, so wie einen Knautschball. Wenn Ihnen der typische Geruch in die Nase steigt, ist es richtig. Dieses Zitronenexemplar stecken Sie nun ins Huhn. Das andere schneiden Sie in Scheiben und legen es aufs Huhn drauf, als wollten Sie es zudecken. Und nun tun Sie das Ganze in eine Auflaufform bei 180 Grad in den Ofen und lassen es siebzig Minuten schmurgeln. Wenn Ihnen das Ganze noch nicht braun genug ist, schalten Sie ganz am Ende für ein paar Minuten den Grill an. Bitte dabeibleiben! Verbrennungen ereignen sich immer dann, wenn man gerade nicht da ist.
Schließlich wird der Braten auf den Tisch gestellt, jeder nimmt sich und knuspert das Fleisch von den Knochen. Das, was während des Bratens in die Auflaufschale getropft ist, wird mit dem Baguette aufgetunkt. Es schmeckt natürlich nach Zitrone und Knoblauch und Salz und Paprika und Hähnchenfett, absolut großartig. Kleiner Tipp am Rande: Wenn Sie das Hähnchen vor dem Dienst in der Apotheke vorbereiten, in den Kühlschrank stellen und es hinterher einfach in den Ofen schieben, bleibt die Zubereitung dieses Gerichtes maximal entspannt. Guten Appetit!
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 09/2021 ab Seite 144.
Alexandra Regner, PTA und Medizinjournalistin in Zusammenarbeit mit Michael Regner, Koch
Fragen an die Autorin unter a.regner@uzv.de