Stillen
BRUST ODER FLASCHE – BEIDES GEHT!
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Muttermilch wirkt sich nicht nur positiv auf das Wohlergehen des Kindes aus, auch die Frauen profitieren gesundheitlich vom Stillen. Zudem bietet das Trinken an der Brust einen engen körperlichen Kontakt, was die Mutter-Kind-Bindung unterstützt.
Viele Vorteile Muttermilch ist anerkanntermaßen ernährungsphysiologisch äußerst wertvoll. Mit ihr bekommt der Säugling alles, was er von Anfang an zum Gedeihen braucht. Alle wichtigen Nährstoffe sind in der richtigen Qualität und Menge vorhanden. Lediglich Vitamin K und Vitamin D müssen zusätzlich supplementiert werden. Muttermilch ist dabei leicht verdaulich und passt sich den wachsenden Nahrungsbedürfnissen des Säuglings während seiner Entwicklung an. Eine Überernährung ist nicht möglich. Obendrein fördert Muttermilch die gesunde Entwicklung des Kindes. Enthaltenes Immunglobulin A schützt den Säugling vor Infektionen und wirkt antientzündlich.
Stillkinder kämpfen seltener mit Durchfallerkrankungen, Mittelohrentzündungen und Atemwegsinfektionen. Deutlich reduziert ist ihr Risiko, später an Diabetes mellitus Typ 2 zu erkranken oder starkes Übergewicht zu entwickeln. Ebenso ist eine ausschließliche Ernährung mit Muttermilch in den ersten Lebensmonaten aus allergiepräventiver Sicht empfehlenswert. Stillen ist auch für die Mütter gut. Ihre Gebärmutter bildet sich schneller zurück und das Ausgangsgewicht wird leichter wieder erreicht. Darüber hinaus trägt Stillen zur Risikominderung für Brust-, Eierstock- und Gebärmutterkrebs bei und die Frauen erkranken seltener an Diabetes und Bluthochdruck. Und schließlich ist Stillen äußerst praktisch, denn Muttermilch ist jederzeit und überall in der benötigten Menge verfügbar, immer richtig temperiert und gleichzeitig keimarm.
Wie oft und wie lange stillen? Um Milchbildung und Milchfluss anzuregen, sollten Neugeborene innerhalb der ersten zwei Stunden nach der Geburt angelegt werden. Die anfänglich geringen Milchmengen steigern sich in den nächsten Tagen durch wiederholtes Entleeren der Brust schnell. Der Säugling wird nach Bedarf gestillt, wobei die Stillhäufigkeit individuell variiert. Stillabstände von zwei bis vier Stunden sind normal. Länger sollten sie nicht sein, vielmehr wird dann geraten, das Kind zum Trinken zu wecken. Ist aktives Saugen nicht möglich, kann abgepumpte Muttermilch per Flasche gegeben werden. Grundsätzlich ist Stillen immer gut. Selbst eine noch so kurze Stillzeit oder teilweises Stillen werden als sinnvoll erachtet.
Anzustreben ist für die ersten Lebensmonate ausschließliches Stillen. Ausschließlich bedeutet, dass nur Muttermilch ohne zusätzliche Gabe anderer Flüssigkeiten oder Nahrung (z. B. Wasser, Saft, Säuglingsnahrung) gegeben wird. Nicht ganz einig sind sich die Fachleute bei der Frage nach der exakten Stilldauer. Da variieren die Stillfahrpläne der verschiedenen Expertengremien. Beispielsweise sieht die internationale Empfehlung der Weltgesundheitsorganisation (WHO) vor, sechs Monate nur die Brust zu geben und danach (bis zum zweiten Geburtstag oder sogar länger) ergänzend zur altersgerechten Beikost weiter zu stillen – solange es Mutter und Kind wünschen.
Andere wie das deutsche Netzwerk „Gesund ins Leben“ raten, mindestens vier volle Monate und spätestens bis Beginn des siebten Monats ausschließlich zu stillen. Zudem befürworten die Experten auch nach Einführung der Beikost den Säugling weiter anzulegen und übertragen die Entscheidung über die gesamte Stilldauer auf die Mutter und das Kind. Praktisch existiert also ein Zeitfenster, in dem variabel mit dem Füttern fester Nahrung begonnen werden darf beziehungsweise werden sollte. Zur Erklärung: Wegen des steigenden Nährstoffbedarfs sollte nicht zu spät feste Nahrung gegeben werden, zumal eine Verzögerung der Beikosteinführung mit einem erhöhten Allergierisiko verbunden zu sein scheint. Allerdings spielt dabei auch die individuelle Beikostreife des Säuglings eine entscheidende Rolle. Während manche Säuglinge schon mit vier Monaten versuchen, nach Lebensmitteln zu greifen und sie in den Mund zu stecken, schieben andere zum gleichen Zeitpunkt noch die Zunge in Richtung Zähne und verlangen nach der Brust.
Hochgradig hydrolysierte Spezialnahrung und Aminosäuremischungen sind Optionen für Kuhmilchallergiker.
Abpumpen von MuttermilchSollte Stillen zeitweilig nicht möglich sein, lässt sich die Brust mit Hilfe von Milchpumpen entleeren. Damit erhält der Säugling fortdauernd Muttermilch und die Milchbildung wird bei der Mutter weiter angeregt. Manuelle Pumpen (mit Saugball, Hebel- oder Kolbenmechanik) reichen meist aus, wenn nur gelegentlich eine Mahlzeit oder zu viel Milch aufgefangen werden soll. Elektrische Varianten sind für ein regelmäßiges oder über einen längeren Zeitraum notwendiges Abpumpen ideal. Verschiedene Ausführungen für zu Hause oder unterwegs sowie für doppel- oder einseitiges Abpumpen stehen zur Verfügung.
Elektrische Milchpumpen bieten sich für die Apotheke auch zum Verleihen an. Bei bestimmten Indikationen (z. B. Saugschwäche des Säuglings, Frühgeburt, blutenden Brustwarzen, Brustentzündungen, vermehrter oder verminderter Milchbildung) kann der Arzt den Milchpumpenverleih zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung verordnen. Das Rezept wird dafür in der Regel auf den Namen der Mutter ausgestellt. Bei der Erstversorgung ist auch das Zubehörset (u. U. sogar ein Doppelpumpset) verordnungsfähig, das anschließend bei der Kundin verbleibt. Ist auf dem Rezept keine Mietdauer vermerkt, beträgt diese höchstens vier Wochen. Danach ist eine neue ärztliche Verordnung erforderlich.
Rund um SäuglingsnahrungenPrinzipiell kann der Säugling auch mit industriell hergestellter Säuglingsnahrung auf Kuhmilchbasis aus der Flasche sicher ernährt werden. Anfangsnahrungen mit der Bezeichnung Pre und 1 sind der Muttermilch am ähnlichsten und können immer gefüttert werden, wenn der Säugling hungrig ist. Sie sind im gesamten ersten Lebensjahr und damit auch noch während der Gabe von Beikost nach Bedarf einsetzbar. Pre-Nahrungen enthalten als einziges Kohlenhydrat Milchzucker, die 1-Nahrungen zusätzlich noch Stärke, wodurch sie sämiger sind und länger sättigen sollen. Folgenahrungen tragen die Ziffern 2 und 3. Sie sind kein Muttermilchersatz, sie sollten frühestens nach Beginn der Beikostfütterung gegeben werden.
In der Regel ist Folgemilch 2 frühestens ab dem sechsten und die 3 ab dem zehnten Lebensmonat gedacht. Ihr Energiegehalt ist nur geringfügig höher als bei den Anfangsnahrungen. Sie weisen aber einen höheren Gehalt an Stärke und Proteinen auf, wodurch es bei unsachgemäßer Herstellung oder zu häufiger Gabe zur Überfütterung kommen kann. Zusätzlich können enthaltene Kohlenhydrate oder Aromastoffe eine Gewöhnung an den süßen Geschmack fördern. Bei allergiegefährdeten Säuglingen kann im ersten Lebenshalbjahr eine hypoallergene Fertigmilch gegeben werden.
Diese HA-Nahrung basiert zwar auf Kuhmilch, aber die Proteine sind in kleinere Eiweißbausteine aufgespalten, wodurch sie weniger allergen sind. Nachteil ist ein leicht bitterer Geschmack. Bei nachgewiesener Kuhmilchallergie sind hochgradig hydrolysierte Spezialnahrungen mit noch kleineren Eiweißbruchstücken nötig, die in der Regel keine allergische Reaktion mehr auslösen können. Werden auch diese Produkte nicht vertragen, kommen Aminosäuremischungen in Frage. Bei diesen Präparaten ist der Proteinanteil vollständig durch Aminosäuren ersetzt, die der Körper nicht mehr als allergen erkennt.
Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Frauengesundheit der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 64.
Gode Chlond, Apothekerin