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Blasenentzündung

BRENNEN BEIM WASSERLASSEN

Blasenentzündungen sind ein häufiges Thema in der Apotheke. In der Therapie wird vom standardmäßigen Antibiotikaeinsatz abgerückt. Sie können bei der Entscheidung helfen, ob eine Selbstmedikation möglich ist.

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Die Zystitis betrifft überwiegend Frauen. Sie sind anfälliger für Harnwegsinfekte, weil ihre Harnröhre etwa vier Zentimeter kürzer ist als die von Männern. Die hormonellen Veränderungen in Schwangerschaft und Menopause scheinen zusätzlich das Auftreten zu begünstigen. Mehr als 50 Prozent der Frauen hatte schon einmal eine bakterielle Infektion der Harnwege. Ein geschwächtes Immunsystem, chronische Vorerkrankungen wie Diabetes mellitus oder Miktionsstörungen, beispielsweise bei Blasensteinen oder Harnwegsverengungen, sind weitere Risikofaktoren für die Entstehung einer Blasenentzündung. Zur Abklärung sollten Sie die Kundin nach den typischen Symptomen fragen: Ständiger Harndrang mit geringen Urinmengen, ein brennendes Gefühl beim Absatz von Urin, Blut im Urin und Schmerzen im Unterleib.

Ursache Die ableitenden Harnwege bestehen aus dem Nierenbecken, der Blase und den Harnleitern. Der unkomplizierte Harnwegsinfekt wird durch eine bakterielle Besiedlung ausgelöst. Haupterreger sind Escherichia coli, die aus der Analregion leicht über die Harnröhre in die Blase gelangen. Sie besiedeln die Schleimhaut und vermehren sich unter günstigen Bedingungen zum Beispiel im Restharn bei unvollständiger Blasenentleerung. Laut der S3-Leitlinie „Unkomplizierte Harnwegsinfektion“ wird eine Harnwegsinfektion als unkompliziert eingestuft, wenn Funktion und Anatomie im Harntrakt normal sind, keine relevanten Nierenfunktionsstörungen und keine Begleiterkrankungen vorliegen, die eine Harnwegsinfektion beziehungsweise gravierende Komplikationen begünstigen. Bei einer unkomplizierten Blasenentzündung ist unter Behandlung mit einem raschen Heilungsverlauf zu rechnen. Die Selbstheilungsrate liegt bei etwa 30 bis 50 Prozent innerhalb einer Woche.

Die Symptomatik kann akut oder rezidivierend sein. Von einer chronischen Zystitis sprechen Mediziner, wenn die Blasenentzündung immer wieder auftritt – mehrmals jährlich. Ursache können sich ständig wiederholende Infekte sowie mangelnde Genitalhygiene sein. Ständige Entzündungsprozesse in der Blasenwand können zur Bildung von Nekrosen im Blasengewebe und einer Verkleinerung der Blase führen. Durch eine frühzeitige Therapie sind solche schwerwiegenden Verläufe zu verhindern. Patienten, die in der Apotheke über immer wiederkehrenden Beschwerden klagen, sollten an den Facharzt verwiesen werden, der eine intensive Diagnostik durchführen kann. Männer, die über Symptome einer Blasenentzündung klagen, sind übrigens auch kein Fall für die Selbstmedikation. Bei ihnen kann sich ein Prostataleiden dahinter verbergen und Sie müssen zum Arztbesuch raten.

Nicht sofort ein Antibiotikum In der Vergangenheit war der therapeutische Goldstandard, bei Harnwegsinfektionen direkt ein Antibiotikum zu verordnen. Das Resistenzniveau vieler Erreger gegenüber einigen Antibiotika ist dementsprechend stetig gestiegen. So zeigen zum Beispiel Chinolone, wie Ciprofloxacin bei E. coli nicht mehr die erwünschte Wirksamkeit. Um dem generellen Problem der Antibiotikaresistenzen auch in der Urologie Rechnung zu tragen, wurden die Empfehlungen zur Therapie des unkomplizierten Harnwegsinfektes nach der aktuellen Studienlage in der S3-Leitlinie aktualisiert. Im Focus steht die Symptomlinderung und nicht mehr nur die Erradikation von Erregern.

Neu ist in der Behandlung der akuten unkomplizierten Harnwegsentzündung der Einsatz von Ibuprofen als Antiphlogistikum und Analgetikum. Eine sinnvolle und oftmals ausreichende Therapieoption sind pflanzliche Arzneimittel. Hier stehen Fertigarzneimittel mit verschiedenen hochdosierten Pflanzenextrakten zur Verfügung. Be- währt haben sich Bärentraubenblätter, die Kombination von Orthosiphonblättern mit Hauhechelwurzel und Goldrutenkraut sowie die Kombination aus Rosmarin, Tausendgüldenkraut und Liebstöckel. Sie wirken entkrampfend und harndesinfizierend.

SINNVOLLE ZUSATZEMPFEHLUNG: URINTESTSTREIFEN

Wer zunächst einmal abwarten und den Blaseninfekt ohne Antibiotika behandeln will, dem können Sie Urinteststreifen empfehlen. Diese sollten zwei wichtige Testfelder haben: den Nachweis auf Nitrit und Leukozyten. Nitrit entsteht, wenn Bakterien mithilfe der Nitratreduktase Nitrat zu Nitrit reduzieren. Im Testfeld für die Leukozyten wird das Vorhandensein der Leukozyten-Esterase nachgewiesen. Damit ist ein indirekter Nachweis für eine erhöhte Anzahl von weißen Blutkörperchen im Rahmen einer Entzündung erbracht.

Tipps fürs Beratungsgespräch Besprechen Sie mit Ihrer betroffenen Kundin, ob sie zunächst einen Therapieversuch ohne Antibiose beginnen möchte und erklären Sie ihr, dass Antibiotika bei der unkomplizierten Blasenentzündung oftmals nicht nötig sind. Geben Sie den Hinweis, bei Andauern der Beschwerden, den Arzt aufzusuchen und eventuell später auf ein Antibiotikum umzustellen. Hilfreich ist es dann, der Kundin Urinteststreifen zur Kontrolle der bakteriellen Besiedlung des Urins mitzugeben.

Außerdem sollten Sie ihr empfehlen, ausreichend zu trinken, mindestens 1,5 bis 2 Liter pro Tag und gerne Arzneitees mit Heilpflanzen, die die Harnmenge erhöhen und die Blase dadurch spülen, wie zum Beispiel Brennnessel- oder Birkenblättertee oder Kombinationen verschiedener Heilpflanzen. Erklären Sie auch, warum die Blase bei jedem Toilettengang vollständig zu entleeren ist und was es bringt, den Unterleib ausreichend warm zu halten. Es entkrampft und stärkt das Immunsystem. Auf die Verwendung von mit Spermiziden beschichteten Diaphragmen, Ovula, Intrauterin-Spiralen oder Kondome sollte ihre Kundin verzichten. Weisen Sie auch auf die richtige

Wenn doch ein Antibiotikum notwendig ist Wenn der Arzt entscheidet, dass es nicht ohne Antibiotikum geht, stehen Fosfomycin, Nitrofurantoin oder Pivmecillinam zur Verfügung. Fosfomycin wird als Einmalgabe angewendet. Das Granulat wird am Abend vor dem Zubettgehen in einem kleinen Glas Wasser aufgelöst und getrunken. Hier darf ausnahmsweise nicht viel getrunken werden. Ziel ist, dass das Antibiotikum mindestens vier Stunden in der Blase vor dem nächsten Toilettengang und der Entleerung verweilt. So reichert sich der Wirkstoff in der Blase an und wirkt dort nachhaltig antibakteriell. Nitrofurantoin soll fünf Tage lang zweimal täglich als Dosis mit 100 Milligramm eingenommen werden. Pivmecillinam wird dreimal täglich in Dosierungen von 200 bis 400 mg über drei Tage gegeben. Bei einer Nierenbeckenentzündung (Pyelonephritis) kommt weiterhin Ciprofloxacin zum Einsatz.

PräventionBei häufig wiederkehrenden Harnwegsinfektionen sind einige vorbeugende Maßnahmen als erstes zu empfehlen. Dazu gehören das Vermeiden von Unterkühlung, ausgewogenes Trinkverhalten, An- wendung von Immunstimulanzien, Mannose sowie verschiedenen Phytopharmaka, zum Beispiel die Kombination aus Kapuzinerkressekraut und Meerrettichwurzel, aber auch Goldrutenkraut. Präparate aus Cranberry-Extrakten gelten als günstige Nahrungsergänzungsmittel bei Menschen mit häufig wiederkehrenden Blaseninfekten. Diese Extrakte werden aus der großfrüchtigen Moosbeere (Vaccinium macrocarpon) gewonnen. Pro- und Anthocyanidine scheinen für die prophylaktische Wirkung gegen bakterielle Harnwegsinfekte verantwortlich zu sein. Erst nach Ausschöpfen dieser Maßnahmen kommt eine antibiotische Langzeitprävention über drei bis sechs Monate mit einem niedrig dosierten Antibiotikum in Betracht.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Frauengesundheit der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 82.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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