Allergietest © Gerhard Seybert / stock.adobe.com
In Europa sind schätzungsweise 20 Prozent der Bevölkerung von einer Kontaktallergie gegen mindestens eine Substanz betroffen. © Gerhard Seybert / stock.adobe.com

Kontaktallergie

BITTE NICHT BERÜHREN

Der Jeansknopf, die Pflegecreme, die Halskette, das Tattoo: Unterschiedlichste Materialien und Substanzen, die mit unserer Haut in Berührung kommen, können eine Kontaktallergie hervorrufen.

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Wenn sich die Haut lokal rötet, anschwillt und heftig juckt, sich womöglich auch Bläschen, Knötchen oder ein nässender Ausschlag bilden, liegt der direkte Kontakt mit dem Allergieauslöser oft schon einige Tage zurück. Denn bei der Kontaktallergie, von Medizinern auch allergische Kontaktdermatitis oder allergisches Kontaktekzem genannt, handelt es sich um eine allergische Reaktion vom Spättyp (Typ 4).

Anders als etwa bei Heuschnupfen, Hausstaubmilbenallergie oder allergischem Asthma treten die Beschwerden bei Allergien vom verzögerten Typ erst nach 12 bis 72 Stunden auf. Eine allergische Kontaktdermatitis ist ein tückisches Leiden, denn als Auslöser kommen Tausende unterschiedlichster Substanzen infrage – natürliche und synthetische, alltägliche und seltene. „Theoretisch kann jeder natürliche oder künstliche Stoff zum Auslöser einer Allergie werden“, so der Deutsche Allergie- und Asthmabund (DAAB).

Kaum zu glauben: Allein etwa 10 000 Pflanzen stehen in Verdacht, die allergische Hautreaktion hervorrufen zu können. Jedoch kommen wir im Alltag normalerweise nur mit einer vergleichsweise überschaubaren Anzahl potenzieller Allergieauslöser in Berührung. Zudem hat sich gezeigt, dass einige Substanzen überproportional häufig Kontaktallergien verursachen – was die Suche nach dem jeweiligen „Übeltäter“ erleichtert.

Nickel ist die Nummer 1 Die Hitliste der häufigsten Kontaktallergene führt Nickel an, jenes Metall, das unter anderem in Modeschmuck, Reißverschlüssen und Knöpfen zu finden ist. Oft reagieren Nickel-Allergiker auch auf andere Metalle wie Kobalt und Chrom. Hauptrollen als Kontaktallergie-Auslöser spielen unter anderem auch Duftstoffe, Perubalsam und Kolophonium (Geigenharz), das über gute Klebeeigenschaften verfügt und in zahlreichen Produkten des täglichen Bedarfs steckt – von Papierwaren über Klebstoffe bis zu Kosmetik.

Wollwachsalkohole, die sowohl in Kosmetik als auch in Dermatika Verwendung finden, kommen ebenso als Allergieauslöser infrage wie Parabene oder der Farbstoff p-Phenylendiamin. Aus dem Pflanzenreich sind unter anderem Arnika, Beifuß und Kamille für ihre allergene Wirkung bekannt, die auch von entsprechenden Tinkturen und Extrakten zur Anwendung auf der Haut ausgehen kann. Ursache einer allergischen Kontaktdermatitis ist eine überschießende Reaktion des körpereigenen Immunsystems.

Es stuft an sich unbedenkliche Substanzen als „gefährlich“ ein. Beim ersten Kontakt mit dem Allergen kommt es zu einer Sensibilisierung, nicht jedoch zu Symptomen. Erst bei darauffolgenden Kontakten mit dem allergieauslösenden Stoff wird dann eine Abwehrreaktion in Gang gesetzt, in deren Folge sich die Haut nach einiger Zeit sicht- und spürbar entzündet.

Typische Berufskrankheit In Europa sind schätzungsweise 20 Prozent der Bevölkerung von einer Kontaktallergie gegen mindestens eine Substanz betroffen, so der Allergieinformationsdienst des Helmholtz Zentrums München (www.allergieinformationsdienst.de). Laut Umweltbundesamt sind hierzulande mehr als zehn Millionen Menschen sensibilisiert, bei sechs Millionen bricht jedes Jahr ein Kontaktekzem aus.

Manche Berufsgruppen sind besonders gefährdet, die Allergie zu entwickeln – etwa Friseure, Maler, Krankenpfleger und Reinigungspersonal. Kein Wunder, sind sie doch besonders häufig mit potenziell allergieauslösenden Substanzen in Kontakt, etwa mit Haarfarben, Lacken, Reinigungsmitteln und Latexhandschuhen. Besonders problematisch: Wer im Alltag immer wieder mit dem Allergen in Berührung kommt, bei dem kann sich ein chronisches Kontaktekzem entwickeln.

Typisch dafür sind Symptome wie Hautverdickung, Hauteinrisse und starke Verhornung. Mitunter müssen von einer berufsbedingten Kontaktallergie Betroffene ihren Job aufgeben. Denn bei allergischer Kontaktdermatitis ist es das Beste, die allergieauslösende Substanz dauerhaft konsequent zu meiden. Mediziner sprechen von Allergenkarenz.

Epikutantest bringt Klarheit Beim Verdacht auf eine Kontaktallergie sollten Betroffene rasch zum Dermatologen beziehungsweise Allergologen gehen, denn exakte Ursachenforschung und zielgerichtete Behandlung können eine Chronifizierung verhindern. Um einer Kontaktallergie auf die Schliche zu kommen, wird der Arzt nach ausführlicher Anamnese einen Epikutantest durchführen.

Bei diesem etablierten Diagnoseverfahren handelt es sich um einen Allergietest, bei dem Pflaster mit potenziell verdächtigen Substanzen auf den Rücken geklebt werden. Nach 24 bis 48 Stunden werden die Pflaster entfernt und die Reaktion der Haut abgelesen. An den Folgetagen sind weitere Inspektionen der Haut erforderlich. Zeigen sich dort, wo die Pflaster klebten, Hautreaktionen wie Rötungen und Quaddelbildung, deutet das auf eine Kontaktdermatitis hin. Steht fest, worauf der Patient allergisch reagiert, erhält er einen Allergiepass mit entsprechender Eintragung.

Eine Kontaktallergie bleibt in aller Regel lebenslang bestehen – eine ursächliche Behandlung (Hyposensibilisierung), wie sie beispielsweise bei Gräserpollen- und Insektengiftallergien erfolgreich zum Einsatz kommt, existiert nicht. Jedoch: Kommt die Haut nicht mehr mit dem Allergen in Kontakt, lassen sich die quälenden Hautreaktionen verhindern. Im Idealfall ist es möglich, die allergieauslösende Substanz komplett zu meiden. Ansonsten ist es zumindest erforderlich, sich durch Schutzmaßnahmen wie das Tragen von Handschuhen vor Berührung zu schützen.

Auch spezielle Hautschutzsalben, die das Eindringen von Reiz- und Schadstoffen in die Haut erschweren, leisten gut Dienste. Akute Hautekzeme können mit geeigneten Präparaten gut behandelt werden. Oft werden topische Glucocorticoide verordnet, die nach ärztlicher Anweisung auf die erkrankten Hautareale aufgetragen werden. Bei sehr schwerer Ausprägung ist unter Umständen eine systemische Cortison-Therapie erforderlich. Kommt es zu Zweitinfektionen der entzündeten Haut, etwa durch Bakterien oder Pilze, müssen diese entsprechend behandelt werden.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/18 auf Seite 132.

Andrea Neuen, Freie Journalistin

Alles Typsache

Unterschieden wird zwischen vier allergischen Reaktionstypen, von denen Typ 1 und Typ 4 in der Praxis die größte Bedeutung haben.

+ Typ 1 (Soforttyp): Bei einer Typ-1-Allergie findet die Reaktion des Immunsystems auf das Allergen innerhalb von Sekunden bis Minuten statt. Rund 90 Prozent aller Allergien gehören zum Soforttyp. Typische Beispiele: Pollenallergie, Insektengiftallergie und allergisches Asthma. Schlimmstenfalls kann eine Typ-1-Allergie zu einem anaphylaktischen Schock führen.
+ Typ 2 (zytotoxischer Typ): Bei dieser schweren, eher seltenen Allergie kommt es zur Bildung von Antigen-Antikörper-Komplexen und zur Zellzerstörung. Beispiele sind die Medikamenten-induzierte allergische Agranulozytose, eine schwer verlaufende Immunerkrankung, und bestimmte Formen von Anämien, zum Beispiel durch Arzneimittel oder Transfusionszwischenfall.
+ Typ 3 (Immunkomplex-Typ): Auch hier bildet sich im Laufe von Stunden nach Allergenkontakt ein Immunkomplex aus Antikörpern und Antigenen. Über mehrere Zwischenschritte kommt es zur Freisetzung gewebeschädigender Substanzen. Beispiele für Typ-3-Reaktionen sind die allergische Vaskulitis, eine Gefäßentzündung, sowie die Serumkrankheit, ausgelöst durch artfremdes Immunserum.
+ Typ 4 (Spättyp): Die Reaktion vom verzögerten Typ tritt viele Stunden bis Tage nach Allergenkontakt auf. Im Gegensatz zur Soforttyp-Reaktion bilden sich hier jedoch keine IgE-Antikörper gegen das Allergen, sondern allergen-​spezifische T-Lymphozyten. Beispiele: Kontaktallergie, Arzneimittel-Exanthem, Abstoßungsreaktionen von Transplantaten.

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