Signale aus dem Bauch
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01. Mai 2021
Das Mikrobiom steuert mit In den letzten Jahren konnte aber bereits in verschiedenen Studien gezeigt werden, dass an der Kommunikation auch Mikroorganismen aus dem Darm beteiligt sind. Daher werden die Darmbewohner, die mit dem ZNS in Kontakt treten, heute von einigen auch als Psychobiom und die enge Verbindung zwischen Bauchhirn und Kopfhirn als Mikrobiom- Darm-Hirn-Achse bezeichnet. Der Informationsaustausch zwischen den körpereigenen Mikroorganismen und dem Gehirn erfolgt dabei über Stoffwechselprodukte, die von den Darmbakterien selber hergestellt werden. Beispielsweise produzieren Bifidobakterien die Aminosäure Tryptophan, aus der die Zellen der Darmschleimhaut große Mengen an Serotonin herstellen.
Während das ZNS lediglich 10 Prozent des benötigten Botenstoffes produziert, stammen 90 Prozent aus dem Darm. Das Serotonin aus dem Darm gelangt zwar nicht direkt ins Gehirn, da es die Blut- Hirn-Schranke nicht überwinden kann. Serotonin kann aber die Signale entlang der Darm-Hirn- Achse verstärken, womit es auch die zentrale Nervensteuerung reguliert und damit Einfluss auf das Gefühlszentrum nehmen und für Glücksgefühle und gute Laune sorgen kann. Zudem bildet Serotonin die Vorstufe für die Produktion von Melatonin, einem schlafanstoßenden Hormon.
Die Darmbakterien senden auch Signale ans Gehirn, indem sie durch den Abbau von Kohlenhydraten kurzkettige Fettsäuren wie Butyrat produzieren. Butyrat ist bekannt als eine wesentliche Energiequelle für den Körper, zudem übernimmt es zentrale Funktionen bei der Aufrechterhaltung der Darmbarriere. Darüber hinaus geht man davon aus, dass es als Botenstoff über die Darm- Hirn-Achse mit dem ZNS kommuniziert. Einer weiteren Hypothese zufolge regt das Mikrobiom zur Produktion inflammatorischer Zytokine an, die im Zusammenhang mit depressiven Gemütsregungen stehen sollen.
DARMGESUNDE BITTERSTOFFE
Bitterstoffe unterstützen die Verdauung, indem sie die Sekretion der Verdauungssäfte anregen. Vor allem für die Fettverdauung ist dies wichtig. Leider fehlen sie heute oft in der Nahrung, da der bittere Geschmack nicht sehr beliebt ist. Aus vielen Gemüsesorten wurden sie sogar herausgezüchtet.
Individueller Fingerabdruck Zum Mikrobiom zählen mehr als 100 Billionen Lebewesen, das heißt, zehnmal mehr Zellen als es im menschlichen Körper gibt. Darunter befinden sich etwa 1500 verschiedene Bakterienarten mit über 7000 unterschiedlichen Stämmen, wobei sowohl die Anzahl als auch die Zusammensetzung der Keime von Mensch zu Mensch variiert. Damit ist das Mikrobiom für jedes Individuum charakteristisch wie ein Fingerabdruck. Zum natürlichen Biotop des Darms gehören aber nicht nur Bakterien, sondern auch andere Mikroben wie Viren, Pilze, Protozoen und Archaeen. In einem gesunden Mikrobiom liegt eine Balance zwischen den verschiedenen Kleinstlebewesen vor.
Die meisten Keime sind apathogen, es existieren aber auch fakultativ krankmachende Darmbewohner (z. B. Clostridum difficile, Candida albicans), die Entzündungen auslösen oder Infektionen bedingen. In der Regel werden sie aber von den „guten“ Keimen in Schach gehalten. Die Anzahl an Mikroorganismen nimmt vom oberen Magen- Darm-Trakt in Richtung Dickdarm zu, wobei sich die Arten ändern. Während im Dünndarm aerobe Bakterien wie Laktobazillen dominieren, tummeln sich im Dickdarm vor allem Anaerobier wie die Bifidobakterien.
Bedeutsame Darmbewohner Die Mikroorganismen übernehmen zahlreiche wichtige Aufgaben im Körper und nehmen damit eine zentrale Rolle bei der Aufrechterhaltung unserer Gesundheit ein. Beispielsweise sind sie Bestandteil der Darmbarriere und somit für die Abwehr von Krankheitskeimen essenziell, beeinflussen immunologische Prozesse, erfüllen diverse Stoffwechselfunktionen, unterstützen die Verdauung und scheinen eben auch Auswirkungen auf die Psyche zu haben. Bifidobakterien gehören zu den wichtigsten Bestandteilen des Mikrobioms im Darm. Sie sind die wichtigste Gattung innerhalb der Actinobacteria.
Es sind grampositive, anaerobe Stäbchenbakterien, die den pH-Wert im Dickdarm senken, indem sie Kohlenhydrate verwerten und zu Essigsäure und Milchsäure fermentieren. Unerwünschte Darmbakterien und Krankheitserreger wie etwa Salmonellen, Fäulnisbakterien oder Kolibakterien mögen ein solch saures Milieu im Dickdarm nicht und können sich daher kaum ansiedeln beziehungsweise nicht übermäßig vermehren. Bifidobakterien werden bereits mit der Muttermilch auf den Säugling übertragen. Daher weisen gestillte Babys im Vergleich zu nicht gestillten einen erheblich höheren Anteil dieser Mikroorganismen im Darm auf.
Während das Mikrobiom eines Säuglings bis zu 95 Prozent aus Bifidobakterien besteht, sinkt ihr Anteil bei Erwachsenen je nach Ernährung auf etwa 25 bis 5 Prozent. Auch nach wiederholter Antibiotikatherapie oder bei Patienten mit Reizdarmsyndrom, entzündlichen Darmerkrankungen oder Übergewicht sind die Bifidobakterienzahlen verringert. Ebenso sind Lactobazillen von Kindesbeinen Bestandteil unseres nützlichen Darmbiotops. Sie werden bei der Passage durch den mütterlichen Geburtskanal auf den Säugling übertragen. Es sind grampositive, meist stäbchenförmige Bakterien aus der Familie der Lactobacillaceae.
Sie gehören zusammen mit anderen Bakteriengattungen zu den Milchsäurebakterien, die Glucose und andere Kohlenhydrate zu Milchsäure vergären. Damit sind sie wie die Bifidobakterien Milchsäurebildner und senken den pH-Wert im Darm so stark, dass sich schädliche Bakterien nicht mehr vermehren können. Zu den Lactobazillen, die natürlicherweise im Darm vorkommen, zählt beispielsweise Lactobacillus casei. Lactobazillen sind aber nicht alle apathogen. Zu der Gattung gehören auch krankheitserregende Vertreter wie Streptococcus pyogenes, der Mandelentzündungen auslöst.
DURCH DÜNN UND DICK – DIE VERDAUUNG
Meist wird die Verdauung nur registriert, wenn sie nicht so wie gewöhnlich funktioniert. Als Verdauung bezeichnet man den Aufschluss der Nahrung in resorbierbare Bestandteile und deren Aufnahme in die Blutbahn. Währenddessen legt die Nahrung eine Wegstrecke von etwa sieben Metern zurück. Sie passiert schon allein sechs Meter Darm, von dem vier bis fünf Meter der circa vier Zentimeter dicke Dünndarm misst. Der Verdauungsvorgang beginnt aber bereits in der Mundhöhle mit dem Kauen der Nahrung. Dafür produzieren die Speicheldrüsen vermehrt Speichel mit dem Enzym Amylase, das in der Nahrung enthaltene Kohlenhydrate in kleinere Zuckermoleküle aufspaltet.
Außerdem macht der Speichel mit seinem Schleimgehalt die Nahrung gleitfähig, damit sie leicht durch die Speiseröhre (Ösophagus) in den Magen gelangt. Im Magen tötet die Magensäure Keime ab und zerlegt mithilfe des Enzyms Pepsin Proteine in kleine Bestandteile, in die Peptide. Kohlenhydrate und Lipide passieren den Magen hingegen nahezu ungehindert. Der entstandene Nahrungsbrei (Chymus) wandert weiter in den etwa 25 Zentimeter langen Zwölffingerdarm (Duodenum), dem ersten Abschnitt des Dünndarms. Hier werden ihm Sekret aus der Galle und ein Enzymcocktail aus der Bauchspeicheldrüse (Pankreas) hinzugefügt, um den Brei in kleinste resorbierbare Bruchstücke aufzuspalten.
Die Gallensäure emulgiert dafür die unverdauten Lipide zu einer Fettemulsion, die anschließend von dem Pankreasenzym Lipase in kleine Fetttröpfchen aufgespaltet wird. Des Weiteren ist der Pankreassaft an der Kohlenhydratverdauung beteiligt, indem er die Kohlenhydratstücke in die Einfachzucker (Monosaccharide) zerlegt. Zudem werden Peptide in Aminosäuren umgewandelt. So zerkleinert können die Stoffe als kleineste Bruchstücke von der Darmschleimhaut (Mucosa) resorbiert und ans Blut abgegeben werden. Eine intakte Darmschleimhaut trägt entscheidend zu einem gut funktionierenden Stofftransport bei.
Zum einen sorgt sie für eine optimale Nährstoffaufnahme. Gleichzeitig verhindert sie durch ihren engen Zellverband, dass unerwünschte Stoffe ins Körperinnere gelangen. Um seinen Verdauungsaufgaben gerecht zu werden, verfügt der Dünndarm zudem über eine enorme Oberfläche (etwa 500 Quadratmeter). Seine Schleimhaut liegt dafür in vielen kleinen Falten, zudem vergrößern warzenförmige Ausstülpungen (Darmzotten) die Oberfläche zusätzlich. Zum Ende des Verdauungsprozesses werden die übrig gebliebenen, nicht resorbierbaren Nahrungsbestandteile und Wasser durch wellenförmige Bewegungen vom Dünndarm weiter zum Dickdarm (Kolon) transportiert.
Am Ende des Dünndarms, im Krummdarm, werden vor dem Übertritt des Darminhaltes in das Kolon noch 90 Prozent der enthaltenen Flüssigkeit zurückresorbiert. Im Kolon spalten dann die dort ansässigen Bakterien die bisher unverdauten Ballaststoffe auf. Zudem wird dem Darminhalt der Rest des überschüssigen Wassers (etwa ein Liter) entzogen, sodass der Stuhl während seiner ein- bis anderthalb Meter langen Dickdarmpassage immer mehr verfestigt wird. Durch die Peristaltik schiebt sich der restliche Darminhalt langsam weiter bis zum Mastdarm (Rektum), wo die verdickte Masse so lange gespeichert wird, bis ein ausreichendes Volumen den Defäkationsreflex auslöst und die letzten Reste der Nahrung als Kot ausgeschieden werden können.