Sicher verhüten
22 Minuten
- 1Verhütungsmethoden – Teil 1
- 2Verhütungsmethoden – Teil 2
- 3Nutzen-Risiko-Verhältnis
- 4Einnahme
- 5Fortbildung
01. Mai 2022
Pille vergessen Voller Verhütungsschutz ist bei oralen kombinierten hormonellen Kontrazeptiva gewährleistet, wenn sie jeden Tag möglichst immer zum gleichen Zeitpunkt eingenommen werden. Selbst eine verspätete Einnahme in einem Zeitfenster von zwölf Stunden verringert die Wirksamkeit einer klassischen Estrogen-Gestagen-Kombination (Einphasenpräparat) mit einem Einnahmeschema von 21/7 nicht. Wird das Einnahmefenster aber überschritten, kann der Empfängnisschutz verloren sein.
Prinzipiell sinkt die Sicherheit mit der Zahl der vergessenen Tabletten. Wurden zwei Tabletten oder gar mehr innerhalb eines Einnahmezyklus nicht genommen, besteht generell kein ausreichender Empfängnisschutz mehr. Fehlt nur eine Tablette, richten sich die Verhaltensregeln zum Aufrechterhalt des Verhütungsschutzes nach dem Zeitpunkt der Verhütungspanne. Die nachfolgend beschriebene Methode gilt zwar generell für die meisten Einphasenpräparate, das konkrete Vorgehen sollte aber immer noch einmal im Beipackzettel des jeweiligen Pillenpräparates nachgelesen werden.
Prinzipiell ist ein Vergessen der ersten Tabletten für die Sicherheit am problematischsten. Daher sollte beim Versäumnis einer Tablette in der ersten Woche die unterlassene Einnahme so schnell wie möglich nachgeholt werden (selbst wenn dann zwei Tabletten gleichzeitig genommen werden müssen). Zudem ist in den folgenden sieben Tagen eine zusätzliche Verhütung mit mechanischen Barrieremethoden erforderlich. Kam es am Tag der vergessenen Einnahme oder in den Tagen zuvor zum Geschlechtsverkehr, kann eine Schwangerschaft nicht sicher ausgeschlossen werden.
Eine vergessene Tablette in der zweiten Einnahmewoche beeinflusst die Sicherheit weniger, wenn zuvor sieben Tage lang eine regelmäßige Einnahme er folgte. Auch in diesem Fall ist die versäumte Pille so schnell wie möglich nachträglich einzunehmen, aber eine zusätzliche Verhütung ist nicht zwingend notwendig. Sowohl beim Vergessen in der ersten als auch in der zweiten Woche ist die restliche Packung bis zum Ende weiter zu nehmen, um die Zyklusstabilität aufrechtzuerhalten.
Wurde eine Tablette in der dritten Einnahmewoche und somit in der Woche vor der Pillenpause vergessen, muss die unterlassene Pilleneinnahme nicht unbedingt nachgeholt werden, wenn in den vorherigen sieben Tagen eine regelmäßige Einnahme erfolgt ist. Ebenso wenig ist eine zusätzliche Verhütung notwendig. Um den Empfängnisschutz aufrechtzuerhalten, kann gleich die Entzugsblutung vorgezogen werden.
Das heißt, die restlichen Tabletten des aktuellen Blisters werden verworfen und nach der Einnahmepause wird mit einem neuen begonnen. Alternativ kann auf die nachfolgende Pillenpause verzichtet werden. Dafür wird die vergessene Pille nachgeholt, die restlichen Tabletten wie gewohnt eingenommen und direkt nach der letzten Tablette mit einem neuen Blister begonnen.
Notfallverhütung – Rasch reagieren Wurden mehrere Pillen in einem Zyklus vergessen und/oder es kann eine Schwangerschaft nicht sicher ausgeschlossen werden, kann bis zu fünf Tage nach einem ungeschützten Geschlechtsverkehr eine Notfallkontrazeption mit der „Pille danach“ oder durch Einlegen einer Kupferspirale erfolgen. Die Notfallpille danach gibt es in zwei Varianten. Entweder ist Levonorgestrel (LNG) oder Ulipristalacetat (UPA) enthalten.
Beide können den Eisprung verschieben, sodass vorhandene Spermien absterben, bevor sie auf eine befruchtungsfähige Eizelle treffen. Eine bereits bestehende Schwangerschaft können sie aber nicht beeinflussen, so dass die „Pille danach“ keine Abtreibungspille ist. Zudem bietet sie keinen absoluten Schutz. Beide Wirkstoffe haben eine Wirklücke, die im Wirkmechanismus der jeweiligen Substanzen begründet ist. LNG ist ein synthetisches Gestagen, das die Ausschüttung des Luteinisierenden Hormons (LH) hemmt. Dadurch wird das LH-Maximum zeitlich hinaus geschoben und somit auch der Eisprung.
Folglich kann LNG nur wirken, wenn es vor dem Eisprung gegeben wird. LNG ist wirkungslos, wenn der LH-Anstieg, der dem Eisprung un mittelbar vorausgeht, bereits begonnen hat. Auch UPA verringert die LH-Produktion. Aber als selektiver Progesteronrezeptor-Modulator mit hoher Bindungsaffinität zum Progesteronrezeptor hemmt es das körpereigene Sexualhormon Progesteron noch während des LH-Anstiegs und versagt daher erst nach erfolgtem Eisprung. Damit verfügt UPA über ein größeres Wirkfenster und kann das Schwangerschaftsrisiko stärker senken als LNG.
Damit die Notfallverhütung eine ungewollte Schwangerschaft verhindern kann, muss sie möglichst bald nach dem ungeschützten Geschlechtsverkehr zum Einsatz kommen. Je länger mit der Einnahme gewartet wird, desto größer ist die Gefahr, dass es doch noch zum Eisprung kommt. Für beide Präparate gilt daher die Regel: Je früher sie eingenommen werden, desto sicherer wirken sie. Das Präparat mit LNG darf nicht später als 72 Stunden (3 Tage) danach geschluckt werden.
Mit UPA hat die Frau noch zwei Tage mehr Zeit, eine ungewollte Schwangerschaft abzuwenden. Der Progesteronrezeptor-Modulator wirkt bis zu 120 Stunden (5 Tage) nach ungeschütztem Verkehr beziehungsweise Versagen der Kontrazeption. Die beste Wirkung zeigen beide Präparate bei Einnahme innerhalb von zwölf Stunden. Beide Wirkstoffe sind ähnlich gut verträglich. Nebenwirkungen wie beispielsweise Kopfschmerzen, Schwindel, Müdigkeit, Unterleibsschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen sind aber möglich.
Übelkeit und Erbrechen lässt sich häufig vermeiden, wenn zur Notfallpille eine Kleinigkeit gegessen wird. Sollte es dennoch innerhalb von drei Stunden nach Einnahme zum Erbrechen kommen, wird eine weitere Tablette notwendig. Für stillende Frauen empfiehlt sich eine Notfallpille mit LNG, da bei dieser lediglich eine Stillpause von acht Stunden eingelegt werden muss, bei UPA hingegen von einer Woche. LNG ist zudem die Pille der Wahl bei Frauen mit schwerem Asthma, die orale Glucocorticoide einnehmen, da diese die Wirksamkeit von UPA ab schwächen.
Besteht ein Thromboserisiko, ist hingegen UPA zu empfehlen. Liegen schwere Leberfunktionsstörungen vor, kommt keine der beiden Notfallpillen in Frage. Dann empfiehlt sich die Einlage der Kupferspirale, die das Einnisten einer befruchteten Eizelle in die Gebärmutter verhindern kann. Die Kupferspirale gilt auch als Mittel der ersten Wahl, wenn innerhalb der letzten vier Wochen CYP3A4-Induktoren (z. B. Johanniskraut, Carbamazepin, Rifampicin) eingenommen wurden, da bei gleichzeitiger Einnahme die Wirksamkeit der Notfallpille vermindert sein kann.
Die Abgabe der „Pille danach“ erfordert eine ausführliche Beratung über Kontraindikationen und über weitere Verhütungsmaßnahmen im gleichen Zyklus.
Zusätzlich verhüten Da die Pille danach nur den Eisprung verschiebt, ist im Rest des Zyklus bei erneutem Geschlechtsverkehr wieder eine Schwangerschaft möglich. Daher muss bis zum Eintreten der nächsten Blutung mit einer nichthormonellen Methode zusätzlich verhütet werden. Außerdem sollte die Verwenderin, auch wenn die Wirksamkeit eines zuvor verwendeten hormonellen Verhütungspräparates nicht mehr gewährleistet werden kann, ihre hormonellen Kontrazeptiva weiterhin einnehmen, um Zyklusstörungen zu vermeiden. Kommt es im gleichen Einnahmezyklus noch einmal zur Verhütungspanne, besteht prinzipiell die Möglichkeit, noch einmal eine Notfallverhütung durchzuführen. Wegen möglicher Interaktionen zwischen LNG und UPA sollte dann wieder der gleiche Wirkstoff wie beim ersten Mal gewählt werden.
Nicht-hormonelle Verhütungsmethoden Es stehen mehrere hormonfreie Möglichkeiten zur Verfügung, die allerdings meist weniger sicher als hormonelle Kontrazeptiva sind. Dabei hängt die Sicherheit nichthormoneller Verhütungsmethoden entscheidend von ihrer korrekten Handhabung ab. Unter den verschiedenen Verhütungsmethoden gibt es große Sicherheitsunterschiede, wie der PI zeigt. Um die Zuverlässigkeit des Empfängnisschutzes zu erhöhen, ist es ratsam, verschiedene Methoden zu kombinieren.
Das Kondom (PI 2 bis 12) ist unter den mechanischen Verhütungsmitteln der Klassiker. Es bietet wie das Femidom (PI 5 bis 25), das Kondom für die Frau, den Vorteil, zusätzlich vor sexuell übertragbaren Erkrankungen zu schützen und ist daher eine empfehlenswerte Methode für Menschen, die nicht in einer festen Partnerschaft sind. Während das Femidom meist latexfrei ist und daher mit Gleitmitteln oder Spermiziden problemlos kombiniert werden kann, machen Zubereitungen auf Fett- oder Ölbasis herkömmliche Kondome aus Latex porös.
Latexkondome erfordern daher eine Kombination mit Gleitgelen auf Wasser- oder Silikonbasis. Das Kondom rangiert heute auf der Beliebtheitsskala gleich hinter der Pille. Das Femidom wird deutlich seltener angewendet, zumal es vergleichsweise kompliziert zu platzieren ist. Spermizide stehen als Schaum, Spray, Gel, Salbe oder Zäpfchen zur Verfügung. Sie stellen chemische Verhütungsmethoden dar, die mithilfe von Nonoxiol9, Milch und Zitronensäure die Spermien abtöten oder ihre Beweglichkeit hemmen.
Aufgrund ihres hohen PI (3 bis 21) eignen sie sich vor allem als zusätzliche Verhütungsmaßnahme und werden beispielsweise bei Verwendung eines Diaphragmas (PI 1 bis 20) angeraten. Ein Diaphragma wird vor dem Geschlechtsverkehr vorm Muttermund platziert und darf erst sechs bis acht Stunden danach wieder entfernt werden. Nach Gebrauch wird es immer gereinigt. Sind Risse zu sehen, muss es sofort ausgetauscht werden, ansonsten sollte ein Wechsel spätestens nach fünf Jahren erfolgen.
Gleiches gilt für die Portiokappe (PI 6 bis 30). Sie wird allerdings nur selten zur Verhütung eingesetzt. Diaphragma und Portiokappe sind in verschiedenen Größen erhältlich und müssen vom Frauenarzt individuell angepasst werden. Nicht zu vergessen sind die natürlichen Methoden wie die Kalendermethode (Knaus-Ogino-Methode), Temperatur-Methode (Bestimmung der Basaltemperatur) und Billings-Methode (Begutachtung des Zervixschleims).
Allerdings ist die Kalendermethode, bei der versucht wird, auf Basis vergangener Zyklen die Fruchtbarkeit zu bestimmen, sehr unsicher (PI 9). Hingegen ist die Kombination aus Temperatur und Billings-Methode (symptothermale oder Rötzer-Methode) vergleichsweise sicher (PI 0,4 bis 1,8), aber aufwendig. Natürliche Methoden zur Empfängnisverhütung werden immer beliebter, zumal es spezielle Minicomputer gibt, die dabei helfen, die fruchtbaren Tage zu identifizieren.
Gode Chlond, Apothekerin
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