Empfängnisverhütung
PTA-Fortbildung

Sicher verhüten

Auch im Zeitalter der Gleichberechtigung ist meist die Frau gefordert, wenn es um Verhütung geht. Ihr stehen zahlreiche Optionen zur Verfügung, wobei individuell abgewogen werden muss, welche Methode die beste für sie ist.

22 Minuten

Pille vergessen Voller Verhütungsschutz ist bei oralen kom­binierten hormonellen Kontra­zeptiva gewährleistet, wenn sie jeden Tag möglichst immer zum gleichen Zeitpunkt eingenom­men werden. Selbst eine verspä­tete Einnahme in einem Zeit­fenster von zwölf Stunden verringert die Wirksamkeit einer klassischen Estrogen­-Ges­tagen-­Kombination (Einpha­senpräparat) mit einem Einnah­meschema von 21/7 nicht. Wird das Einnahmefenster aber über­schritten, kann der Empfäng­nisschutz verloren sein.

Prinzi­piell sinkt die Sicherheit mit der Zahl der vergessenen Tabletten. Wurden zwei Tabletten oder gar mehr innerhalb eines Einnah­mezyklus nicht genommen, besteht generell kein ausreichen­der Empfängnisschutz mehr. Fehlt nur eine Tablette, richten sich die Verhaltensregeln zum Aufrechterhalt des Verhütungsschutzes nach dem Zeitpunkt der Verhütungspanne. Die nachfolgend beschriebene Me­thode gilt zwar generell für die meisten Einphasenpräparate, das konkrete Vorgehen sollte aber immer noch einmal im Beipackzettel des jeweiligen Pillenpräparates nachgelesen wer­den.

Prinzipiell ist ein Vergessen der ersten Tabletten für die Sicher­heit am problematischsten. Daher sollte beim Versäumnis einer Tablette in der ersten Woche die unterlassene Ein­nahme so schnell wie möglich nachgeholt werden (selbst wenn dann zwei Tabletten gleichzeitig genommen werden müssen). Zudem ist in den folgenden sie­ben Tagen eine zusätzliche Ver­hütung mit mechanischen Bar­rieremethoden erforderlich. Kam es am Tag der vergessenen Einnahme oder in den Tagen zuvor zum Geschlechtsverkehr, kann eine Schwangerschaft nicht sicher ausgeschlossen werden.

Eine vergessene Tablette in der zweiten Einnahmewoche beein­flusst die Sicherheit weniger, wenn zuvor sieben Tage lang eine regelmäßige Einnahme er­ folgte. Auch in diesem Fall ist die versäumte Pille so schnell wie möglich nachträglich einzu­nehmen, aber eine zusätzliche Verhütung ist nicht zwingend notwendig. Sowohl beim Ver­gessen in der ersten als auch in der zweiten Woche ist die restli­che Packung bis zum Ende wei­ter zu nehmen, um die Zyklusstabilität aufrechtzuerhalten.

Wurde eine Tablette in der drit­ten Einnahmewoche und somit in der Woche vor der Pillenpause vergessen, muss die un­terlassene Pilleneinnahme nicht unbedingt nachgeholt werden, wenn in den vorherigen sieben Tagen eine regelmäßige Ein­nahme erfolgt ist. Ebenso wenig ist eine zusätzliche Verhütung notwendig. Um den Empfäng­nisschutz aufrechtzuerhalten, kann gleich die Entzugsblutung vorgezogen werden.

Das heißt, die restlichen Tabletten des ak­tuellen Blisters werden verwor­fen und nach der Einnahme­pause wird mit einem neuen begonnen. Alternativ kann auf die nachfolgende Pillenpause verzichtet werden. Dafür wird die vergessene Pille nachgeholt, die restlichen Tabletten wie ge­wohnt eingenommen und di­rekt nach der letzten Tablette mit einem neuen Blister begon­nen.

Notfallverhütung – Rasch reagieren Wurden mehrere Pillen in einem Zyklus vergessen und/oder es kann eine Schwangerschaft nicht sicher ausgeschlossen werden, kann bis zu fünf Tage nach einem un­geschützten Geschlechtsverkehr eine Notfallkontrazeption mit der „Pille danach“ oder durch Einlegen einer Kupferspirale er­folgen. Die Notfallpille danach gibt es in zwei Varianten. Entweder ist Levonorgestrel (LNG) oder Ulipristalacetat (UPA) enthal­ten.

Beide können den Eisprung verschieben, sodass vorhandene Spermien absterben, bevor sie auf eine befruchtungsfähige Eizelle treffen. Eine bereits beste­hende Schwangerschaft können sie aber nicht beeinflussen, so dass die „Pille danach“ keine Abtreibungspille ist. Zudem bietet sie keinen absoluten Schutz. Beide Wirkstoffe haben eine Wirklücke, die im Wirk­mechanismus der jeweiligen Substanzen begründet ist. LNG ist ein synthetisches Gestagen, das die Ausschüttung des Lute­inisierenden Hormons (LH) hemmt. Dadurch wird das LH-­Maximum zeitlich hinaus­ geschoben und somit auch der Eisprung.

Folglich kann LNG nur wirken, wenn es vor dem Eisprung gegeben wird. LNG ist wirkungslos, wenn der LH­-Anstieg, der dem Eisprung un­ mittelbar vorausgeht, bereits begonnen hat. Auch UPA verringert die LH­-Produktion. Aber als selektiver Progesteron­rezeptor-­Modulator mit hoher Bindungsaffinität zum Proges­teronrezeptor hemmt es das körpereigene Sexualhormon Progesteron noch während des LH-­Anstiegs und versagt daher erst nach erfolgtem Eisprung. Damit verfügt UPA über ein größeres Wirkfenster und kann das Schwangerschaftsrisiko stärker senken als LNG.

Damit die Notfallverhütung eine ungewollte Schwanger­schaft verhindern kann, muss sie möglichst bald nach dem ungeschützten Geschlechtsver­kehr zum Einsatz kommen. Je länger mit der Einnahme ge­wartet wird, desto größer ist die Gefahr, dass es doch noch zum Eisprung kommt. Für beide Präparate gilt daher die Regel: Je früher sie eingenommen wer­den, desto sicherer wirken sie. Das Präparat mit LNG darf nicht später als 72 Stunden (3 Tage) danach geschluckt wer­den.

Mit UPA hat die Frau noch zwei Tage mehr Zeit, eine unge­wollte Schwangerschaft abzuwenden. Der Progesteronrezep­tor-­Modulator wirkt bis zu 120 Stunden (5 Tage) nach unge­schütztem Verkehr beziehungs­weise Versagen der Kontrazep­tion. Die beste Wirkung zeigen beide Präparate bei Einnahme innerhalb von zwölf Stunden. Beide Wirkstoffe sind ähnlich gut verträglich. Nebenwirkun­gen wie beispielsweise Kopfschmerzen, Schwindel, Mü­digkeit, Unterleibsschmerzen, Übelkeit oder Erbrechen sind aber möglich.

Übelkeit und Er­brechen lässt sich häufig ver­meiden, wenn zur Notfallpille eine Kleinigkeit gegessen wird. Sollte es dennoch innerhalb von drei Stunden nach Einnahme zum Erbrechen kommen, wird eine weitere Tablette notwendig. Für stillende Frauen empfiehlt sich eine Notfallpille mit LNG, da bei dieser lediglich eine Still­pause von acht Stunden eingelegt werden muss, bei UPA hingegen von einer Woche. LNG ist zudem die Pille der Wahl bei Frauen mit schwerem Asthma, die orale Glucocorticoide einnehmen, da diese die Wirksamkeit von UPA ab­ schwächen.

Besteht ein Throm­boserisiko, ist hingegen UPA zu empfehlen. Liegen schwere Leberfunktions­störungen vor, kommt keine der beiden Notfallpillen in Frage. Dann empfiehlt sich die Einlage der Kupferspirale, die das Ein­nisten einer befruchteten Ei­zelle in die Gebärmutter verhindern kann. Die Kupferspirale gilt auch als Mittel der ersten Wahl, wenn innerhalb der letz­ten vier Wochen CYP3A4-­In­duktoren (z. B. Johanniskraut, Carbamazepin, Rifampicin) eingenommen wurden, da bei gleichzeitiger Einnahme die Wirksamkeit der Notfallpille vermindert sein kann.

Die Abgabe der „Pille danach“ erfordert eine ausführliche Beratung über Kontraindikationen und über weitere Verhütungsmaßnahmen im gleichen Zyklus.

Zusätzlich verhüten Da die Pille danach nur den Eisprung verschiebt, ist im Rest des Zyk­lus bei erneutem Geschlechts­verkehr wieder eine Schwanger­schaft möglich. Daher muss bis zum Eintreten der nächsten Blutung mit einer nichthormo­nellen Methode zusätzlich ver­hütet werden. Außerdem sollte die Verwenderin, ­auch wenn die Wirksamkeit eines zuvor verwendeten hormonellen Ver­hütungspräparates nicht mehr gewährleistet werden kann, ihre hormonellen Kontrazeptiva weiterhin einnehmen, um Zyk­lusstörungen zu vermeiden. Kommt es im gleichen Einnah­mezyklus noch einmal zur Ver­hütungspanne, besteht prinzipi­ell die Möglichkeit, noch einmal eine Notfallverhütung durchzu­führen. Wegen möglicher Inter­aktionen zwischen LNG und UPA sollte dann wieder der gleiche Wirkstoff wie beim ers­ten Mal gewählt werden.

Nicht-hormonelle Verhütungsmethoden Es stehen mehrere hormonfreie Möglich­keiten zur Verfügung, die aller­dings meist weniger sicher als hormonelle Kontrazeptiva sind. Dabei hängt die Sicherheit nicht­hormoneller Verhütungs­methoden entscheidend von ihrer korrekten Handhabung ab. Unter den verschiedenen Verhütungsmethoden gibt es große Sicherheitsunterschiede, wie der PI zeigt. Um die Zuver­lässigkeit des Empfängnisschut­zes zu erhöhen, ist es ratsam, verschiedene Methoden zu kombinieren.

Das Kondom (PI 2 bis 12) ist unter den mechanischen Verhü­tungsmitteln der Klassiker. Es bietet wie das Femidom (PI 5 bis 25), das Kondom für die Frau, den Vorteil, zusätzlich vor sexuell übertragbaren Erkran­kungen zu schützen und ist daher eine empfehlenswerte Methode für Menschen, die nicht in einer festen Partner­schaft sind. Während das Femi­dom meist latexfrei ist und daher mit Gleitmitteln oder Spermiziden problemlos kom­biniert werden kann, machen Zubereitungen auf Fett­- oder Ölbasis herkömmliche Kon­dome aus Latex porös.

Latex­kondome erfordern daher eine Kombination mit Gleitgelen auf Wasser­- oder Silikonbasis. Das Kondom rangiert heute auf der Beliebtheitsskala gleich hinter der Pille. Das Femidom wird deutlich seltener angewendet, zumal es vergleichsweise kom­pliziert zu platzieren ist. Spermizide stehen als Schaum, Spray, Gel, Salbe oder Zäpfchen zur Verfügung. Sie stellen chemische Verhütungsmethoden dar, die mithilfe von Nono­xiol­9, Milch­ und Zitronen­säure die Spermien abtöten oder ihre Beweglichkeit hem­men.

Aufgrund ihres hohen PI (3 bis 21) eignen sie sich vor allem als zusätzliche Verhütungsmaßnahme und werden beispielsweise bei Verwendung eines Diaphragmas (PI 1 bis 20) angeraten. Ein Diaphragma wird vor dem Geschlechtsver­kehr vorm Muttermund plat­ziert und darf erst sechs bis acht Stunden danach wieder entfernt werden. Nach Gebrauch wird es immer gereinigt. Sind Risse zu sehen, muss es sofort ausgetauscht werden, ansonsten sollte ein Wechsel spätestens nach fünf Jahren erfolgen.

Gleiches gilt für die Portiokappe (PI 6 bis 30). Sie wird allerdings nur sel­ten zur Verhütung eingesetzt. Diaphragma und Portiokappe sind in verschiedenen Größen erhältlich und müssen vom Frauenarzt individuell ange­passt werden. Nicht zu vergessen sind die natürlichen Methoden wie die Kalendermethode (Knaus-Ogino-­Methode), Tempera­tur-­Methode (Bestimmung der Basaltemperatur) und Bil­lings­-Methode (Begutachtung des Zervixschleims).

Allerdings ist die Kalendermethode, bei der versucht wird, auf Basis ver­gangener Zyklen die Fruchtbarkeit zu bestimmen, sehr unsicher (PI 9). Hingegen ist die Kombination aus Temperatur­ und Billings­-Methode (sympto­thermale oder Rötzer-­Methode) vergleichsweise sicher (PI 0,4 bis 1,8), aber aufwendig. Natürliche Methoden zur Empfäng­nisverhütung werden immer beliebter, zumal es spezielle Minicomputer gibt, die dabei helfen, die fruchtbaren Tage zu identifizieren.

Gode Chlond, Apothekerin


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