Empfängnisverhütung
PTA-Fortbildung

Sicher verhüten

Auch im Zeitalter der Gleichberechtigung ist meist die Frau gefordert, wenn es um Verhütung geht. Ihr stehen zahlreiche Optionen zur Verfügung, wobei individuell abgewogen werden muss, welche Methode die beste für sie ist.

22 Minuten

Junge Frauen entschei­den sich häufig für die Pille, also für eine hor­monelle Kontrazeption, da sie einfach anzuwenden ist und sehr zuverlässig Schwangerschaften verhindert. Zudem schätzen sie die positiven Ne­beneffekte, die mit der ovu­lationshemmenden Wirkung einhergehen.

Durch die gleich­mäßig erzeugten Hormonspie­gel lassen sich zyklusabhängige Probleme wie beispielsweise schmerzhafte Regelblutungen (Dysmenorrhö) oder prämenstruelle Beschwerden (PMS) häufig lindern.

Zudem können bei spezieller Präparatewahl auch Wirkungen außerhalb des weiblichen Genitaltraktes wie die Linderung von Akne, einer unerwünschten Körperbehaarung oder übermäßigen Wassereinlagerungen erzielt werden.

Allerdings haben in den letzten Jahren auch unerwünschte Nebenwirkungen, vor allem die erhöhte Thromboembolie­gefahr, für eine Verunsicherung unter den Verwenderinnen ge­ sorgt und der Anteil der jungen Frauen, die mit der Pille verhüten, geht zunehmend zurück. Während 2015 noch 44 Pro­zent der 14-­ bis 19-­Jährigen die Pille verordnet bekamen, waren es fünf Jahre später lediglich 33 Prozent – so eine kürzlich er­ folgte Auswertung der Techni­ker Krankenkasse.

LERNZIELE

Lernen Sie in dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditierten Fortbildung unter anderem:
+ verschiedene hormonelle und nicht hormonelle Verhütungsmethoden kennen,
+ das Wirkprinzip der Pille verstehen,
+ Einzelheiten über die Unterschiede zwischen den verschiedenen Pillenarten,
+ unterschiedliche Einnahmeschemata kennen,
+ Näheres zum Wirkprofil der Gestagen-Komponente,
+ über Alternativen zur oralen Pilleneinnahme,
+ welche Wirkstoffe und Applikationsformen mit einem besonders hohen beziehungsweise niedrigen Thrombose-Risiko verbunden sind sowie
+ typische Symptome eines thromboembolischen Ereignisses kennen.

Pille – heutzutage Mikropillen Als „Pille“ werden üblicher­ weise oral einzunehmende, hor­monelle empfängnisverhütende Mittel (Kontrazeptiva) bezeich­net, die eine Kombination aus einem Estrogen und einem Ge­stagen enthalten. Selten sind Estradiol, Estradiolvalerat und Estetrol Kombinationspartner. In den allermeisten Fällen dient Ethinylestradiol als Estrogen­komponente.

Dessen Dosis wurde im Laufe der Zeit immer weiter reduziert, um Nebenwir­kungen zu minimieren. Wäh­ rend vor 60 Jahren mit Einfüh­rung der Pille in Deutschland noch 50 Mikrogramm (µg) Ethinylestradiol enthalten wa­ren, finden sich heute in gängi­gen Präparaten 35 bis 20 µg, vereinzelt auch nur 15 µg. Auf­grund ihres niedrigen Estro­gen-­Gehaltes werden sie auch Mikropille genannt. Aber Vor­sicht, die niedrig dosierten Kombinationspräparate sind keine Minipillen. Darunter wer­den reine Gestagenpräparate verstanden.

Pille täuscht Schwangerschaft vor Bei den Estrogen­-Gestagen-­Kombinationen spricht man auch von Ovulati­onshemmern, da sie den Ei­sprung (Ovulation) über eine Unterdrückung der Reifung der Eizellen (Follikel) verhindern. Dies gelingt, indem die Präpa­rate in den hormonellen Regel­kreis eingreifen, der den Zyklus steuert. Dieser ist durch einen dreistufigen Kontrollmechanis­mus charakterisiert, an dem Hormone des Zwischenhirns (Hypothalamus), der Hirnan­hangdrüse (Hypophyse) und der Eierstöcke (Ovarien) betei­ligt sind.

Der Hypothalamus fungiert als oberste Schalt­zentrale. Er schüttet in einem bestimmten Rhythmus das Freisetzungshormon GnRH (Gonadotropin Releasing Hor­mon) aus, das in der Hypophyse die Bildung und Ausschüttung von FSH (Follikelstimulieren­ des Hormon) und LH (Luteni­sierendes Hormon) stimuliert. Durch Einnahme der Pille wird der Hormonspiegel beider Se­xualhormone im Körper künst­lich hochgehalten.

Sie täuschen dem Körper auf diese Weise eine Schwangerschaft vor, so­ dass über eine negative Rück­kopplung die Ausschüttung von FSH und LH unterdrückt und damit eine Follikelreifung und Ovulation verhindert werden. Neben diesem zentral hemmen­den, hypothalamischen Effekt hinaus haben die hormonellen Kombinationspräparate noch periphere Eigenschaften an der Gebärmutterschleimhaut (Endometrium) und am Gebärmut­terhals (Zervix).

Während die hypophysäre Blockierung vor allem dem Estrogen zuzuschrei­ben ist, ist für die periphere Be­einflussung insbesondere die Gestagen­-Komponente verant­wortlich. Das Gestagen verhin­dert den Aufbau und damit die Verdickung des Endometriums, was die Einnistung (Nidation) eines Eis unmöglich macht. Zu­ gleich erhöht es die Viskosität des Zervixschleims, sodass die Spermien den Kanal des Mut­termundes, durch den sie in die Gebärmutter gelangen, kaum noch passieren können.

Nach dem Eisprung steigt die Körpertemperatur um wenige zehntel Grad. Anhand der täglichen Messung vor dem Aufstehen und der regelmäßigen Prüfung der Konsistenz des Zervixschleims lassen sich die fruchtbaren Tage bestimmen (symptothermale Methode mit einem Pearl-Index von 0,4 bis 1,8).

Hohe Sicherheit Durch diesen komplexen Mechanismus erzielen orale Estrogen­-Gesta­gen-­Kombinationen eine hohe Sicherheit. Die Pille gilt als das zuverlässigste Kontrazeptivum. Ihr Pearl-­Index (PI) wird mit 0,03 bis 0,5 angegeben. Der PI ist das Maß dafür, wie sicher und zuverlässig eine Methode eine ungewollte Schwanger­schaft verhindert. Er nennt die Zahl der Schwangerschaften pro 100 Frauen, die ein Jahr lang die jeweilige Methode zur Kontra­zeption angewendet haben.

Beim Kondom beträgt der PI beispielsweise 2 bis 12, das heißt, es werden im Verlaufe eines Jahres zwei bis zwölf von 100 Frauen unter der Verwen­dung eines Kondoms als Verhü­tungsmethode schwanger. Beim ungeschützten Geschlechtsver­kehr schwankt der Index zwi­ schen 60 und 100. Grundsätz­lich gelten Methoden mit einem PI unter 1 als sicher, zwischen 1 und 5 als relativ sicher und solche mit einem PI zwi­ schen 5 und 10 bieten einen mittleren Schutz. Bei der Pille und anderen hormonellen Kon­trazeptiva geht man davon aus, dass die trotz Verhütung auftretenden Schwangerschaften auf Einnahmefehler zurückgehen.

Klassische Einphasenpräparate Bei den Estrogen-­Ges­tagen-­Kombinationen werden Ein-­ und Mehrphasenpräparate unterschieden. Zumeist wird heute das Einphasenpräparat angewendet, bei dem jede wirkstoffhaltige Tablette beide weiblichen Sexualhormone in konstanter Menge enthält. Übli­cherweise werden die Einpha­senpräparate 21 Tage lang ein­ genommen. Danach folgen sieben Tage Einnahmepause, in der nach zwei bis drei Tagen eine Abbruch­ beziehungsweise Entzugsblutung erfolgt.

Neben den Pillen mit dem klassischen Einnahmeschema 21/7 sind auch Präparate mit 24 Hormon­tabletten auf dem Markt. Durch das verkürzte hormonfreie Intervall sollen geringere Hormonschwankungen erzielt und damit die Ovulation zuverlässi­ger unterdrückt werden bei gleichzeitig weniger uner­wünschten Wirkungen durch die Abbruchblutung. Die Pa­ckungen beinhalten zudem vier wirkstofffreie Placebos, die an­stelle der Pillenpause einfach im Anschluss an die Verum-­Tablet­ten eingenommen werden (24+4).

Die Blutung setzt dann während der Einnahme der Pla­cebo­-Tabletten ein. Durch ein konstantes Einneh­men von Pillen ohne Pause sollen Einnahmefehler reduziert werden, die häufig aus einer versehentlich verlängerten Pillenpause entstehen. Wird die wirkstofffreie Zeit von maximal sieben Tagen überschritten, ist die Sicherheit der Pille gefähr­det. Einige Hersteller bieten auch zusätzlich zu den 21 Ver­um­-Tabletten sieben Pla­cebo­-Tabletten an, um eine durchgängige Tabletten­-Ein­nahme zu ermöglichen (21+7).

Auch wenn mit den „Vier­-Wo­chen­-Präparaten“ für eine bes­sere Compliance gesorgt wer­den soll, sollten Sie die Verwenderin bei der Abgabe si­cherheitshalber auf die korrekte Reihenfolge der Tabletten bei der Einnahme hinweisen.

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