Keine Angst vor dem Impfstoff
7 Minuten
01. Mai 2022
An Weihnachten 2020 konnte in Deutschland mit dem Impfen gegen das Corona-Virus begonnen werden, für viele Menschen war dies ein lang ersehnter Hoffnungsschimmer, das Licht am Ende des Tunnels. Im Monat darauf wurde der nächste Impfstoff in der Europäischen Union (EU) zugelassen und im März ein dritter. Bei diesem handelte es sich im Gegensatz zu den ersten beiden nicht um einen mRNA-, sondern um einen Vektor-Impfstoff. Was leisten diese Impfstoffe und was können weitere Entwicklungen noch bringen?
LERNZIELE
Lernen Sie in dieser von der Bundesapothekerkammer akkreditierten Fortbildung,
+ welche unterschiedlichen Wirkprinzipien hinter mRNA-, Vektor- und Protein-Impfstoffen stecken,
+ wie die unterschiedlichen Vakzine gehandhabt werden müssen,
+ welche Vor- und Nachteile die verschiedenen Impfstofftypen besitzen und
+ welche Hoffnungen auf Protein-Impfstoffen ruhen.
mRNA-Impfstoffe Die mRNA-Technologie gibt es schon gut zehn Jahre, war vor der Corona-Pandemie aber nur Spezialisten bekannt, hauptsächlich im Rahmen der Erforschung individueller Krebs-Therapien. Der kleine Buchstabe m steht für das englische Wort „mes- senger“, also Bote. RNA steht für die Ribonucleinsäure, abgekürzt RNS, eine Form des genetischen Codes (Erbgut). Früher wurde die deutsche Ausdrucksweise RNS öfter verwendet, in den letzten Jahren hat sich die Abkürzung RNA durchgesetzt, wobei der große Buchstabe A hier für das englische Wort „acid“ steht, das dem deutschen Wort Säure entspricht.
Die mRNA ist wie die DNA ein universeller Erbgutcode für alle Lebewesen, kommt aber außerhalb des Zellkerns zum Einsatz. Sie ist in der Natur – wie ihr Name vermuten lässt – der Bote, der erst von der DNA als Kopie abgelesen wird und danach in die vom Körper benötigten Bestandteiles des Körpers umgewandelt wird. Auch Teile von Virenhüllen können auf diese Weise gebildet werden. Die Bestandteile der Virenhülle, vor allem die Spikes (Stacheln), die von der Hülle abstehen, werden vom menschlichen Immunsystem als fremd erkannt. Sie wirken als sogenannte Antigene und lösen beim Menschen eine Immunantwort aus.
Ungeöffnet kann der m-RNA-Impfstoff im Kühlschrank innerhalb des Haltbarkeitsdatums bis zu zehn Wochen gelagert werden. Einfrieren ist nach dem Auftauen aber nicht mehr möglich.
Am besten ist es, wenn dies sowohl durch die Bildung von Antikörpern im flüssigen Teil des Blutes (Serum) als auch durch die Aktivierung von T-Zellen (bestimmter weißer Blutkörperchen, also dem zellulären Teil des Blutes) geschieht. Man spricht im ersten Fall auch von der humoralen Abwehr, im zweiten Fall von der zellulären Abwehr, deren Impf-Erfolg durch eine Messung im Praxisalltag schwieriger ist. Die DNA im Zellkern wird bei all diesen Reaktionen des Körpers nicht verändert, denn RNA kann nicht in die DNA des Zellkerns integriert werden. Dennoch löst diese Impfstoff-Klasse auch nach einer erfolgreichen Anwendung an mehr als einer Milliarde Menschen bei vielen Mitmenschen weiterhin großes Unbehagen, Zweifel und Skepsis aus.
Bitte nicht schütteln! Auch der Umgang mit mRNA-Impfstoffen ist alles andere als einfach. Zum einen ist natürliche mRNA äußerst instabil. Im Rohzustand zerfällt sie binnen Sekunden. Nur verpackt in spezielle Lipid-Tröpfchen (Nanopartikel) kann sie als Arzneimittel gespritzt werden. Aber auch in dieser galenischen Zubereitung ist sie noch äußerst empfindlich, weshalb Sie die Vials (Mehrdosen-Durchstech-Fläschchen) oder fertig zubereiteten Spritzen auf keinen Fall schütteln dürfen.
Über die Möglichkeiten der Lagerung ist durch Haltbarkeitsstudien inzwischen bekannt, dass Sie die ungeöffneten Vials innerhalb der neunmonatigen Haltbarkeit bis zu zehn Wochen lang bei +2 °C bis +8 °C aufbewahren können. Nach dem Auftauen (30 Minuten lang bei Raumtemperatur oder 4 Stunden lang bei +2 °C bis +8 °C) dürfen Sie den Impfstoff aber nicht wieder einfrieren. Den fertig verdünnten Impfstoff können Sie zwischen +2 °C und +30 °C lagern und transportieren. Er muss anschließend innerhalb von zwölf Stunden verbraucht werden.