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Viren oder Bakterien

WO LIEGT DER UNTERSCHIED?

Neben den Pilzen sind in unseren Breiten Bakterien und Viren die häufigsten Infektionserreger. Um im Krankheitsfall eine adäquate Behandlung einleiten zu können, ist die Differenzierung hinsichtlich des verantwortlichen Pathogens entscheidend.

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Bakterien sind einzellige Lebewesen ), die sich durch Zellteilung oder Knospung vermehren. Sie weisen meist eine Zellwand sowie im Inneren verschiedene Zellorganellen auf, besitzen allerdings keinen Zellkern; ihre Nukleinsäure befindet sich frei im Plasma. Einige Arten können Dauerformen ausbilden, die Sporen, die ihnen helfen, ungünstige Wachstumsbedingungen zu überstehen. Diese Formen sind extrem hitzeresistent und auch gegenüber vielen Desinfektionsmitteln unempfindlich.

Nützliche und pathogene Bakterien Viele unterschiedliche Gattungen und Arten von Bakterien besiedeln den Menschen, zum Beispiel als Haut-, Darm- oder Mundflora. Durch ihre Stoffwechselprodukte sorgen sie für ein Milieu, in dem sich pathogene Keime nicht so „wohlfühlen”. Hierdurch – und durch Konkurrenz um Nährstoffe etc. – bieten sie Schutz gegenüber einer Besiedlung mit pathogenen Keimen. Zusätzlich unterstützen die Darmbewohner den Organismus bei Verdauungsvorgängen.

Pathogene Bakterien schädigen Zellen beziehungsweise Gewebe durch die Toxine, die sie bilden. Keuchhusten, Diphtherie und Wundstarrkrampf sowie Cholera sind einige Beispiele für bekannte bakterielle Erkrankungen. Auch Karies geht auf das Werk von Bakterien zurück, ebenso wie Furunkel, Abszesse und Wundinfektionen oder die lebensgefährliche Sepsis.

Basis erfolgreicher SeuchenbekämpfungViele schwerste bakterielle Infektionen sind erst durch Einführung der Antibiotika beherrschbar geworden. Die Wirkstoffe dieser großen Arzneimittelgruppe setzen an verschiedenen spezifisch bakteriellen Angriffspunkten an: etwa an der Zellwandsynthese (die es beim Menschen nicht gibt), der Proteinsynthese oder der DNS-Replikation, die beide von der menschlicher Zellen abweichen. Je nach Wirkweise (bakteriostatisch oder bakterizid) hindern die Mittel die Keime an ihrer Vermehrung oder töten sie ab. Limitiert wird eine erfolgreiche Bekämpfung der Keime immer mehr durch das wachsende Problem der Entwicklung von Resistenzen.

Zellparasiten Die wesentlich kleineren Viren nehmen eine Sonderstellung unter den Mikroorganismen ein: Sie sind weder in der Lage, sich eigenständig fortzupflanzen, noch haben sie einen eigenen Stoffwechsel. Damit handelt es sich bei ihnen nach einer klassischen Definition nicht um Lebewesen. Ihre Erbinformation, die entweder aus Desoxyribonukleinsäure (DNS) oder aus Ribonukleinsäure (RNS) besteht, wird von einer Proteinstruktur eingefasst, dem Kapsid. Dieses kann je nach Anordnung seiner Untereinheiten verschiedene geometrische Formen haben.

Manche Viren sind noch von einer weiteren Hülle umgeben. Um sich zu vermehren, bedienen sich Viren des Zellapparats einer jeweils spezifischen Wirtszelle, in die sie eindringen und die sie „umprogrammieren”: Die infizierte Zelle beginnt, sämtliche Strukturen zu synthetisieren, die nötig sind, damit sich neue Viren bilden können. Die fertigen Partikel werden aus der Zelle ausgeschleust oder kommen durch deren Zerstörung (Zell-Lyse) frei – und können neue Zellen befallen. Wichtige Krankheiten wie Röteln, Mumps und Windpocken sind Viruserkrankungen.

Herausforderung Anti-Virus-Therapie Ihr Charakteristikum – dass sie keinen eigenen Stoffwechsel haben – macht eine direkte Bekämpfung so schwierig. Gegen viele Virusinfektionen gibt es daher keine spezifische Therapie. Ein großer Teil der Infektionen heilt aber auch spontan aus. Die Behandlung ist beispielsweise bei der Darminfektion mit dem Norovirus symptomatisch; hier ist wichtig, den Flüssigkeits- und Salzverlust rasch auszugleichen. Auch bei Viren, gegen die antivirale Therapien zur Verfügung stehen, kann man bislang nur versuchen, den Vorgang der Infektion beziehungsweise ihre Vermehrung zu unterbinden (virustatische Wirkung; Virustatika); die Partikel selbst werden nicht zerstört.

So versucht man zu verhindern, dass das Virus überhaupt an die Zielzelle andockt oder in sie eindringen kann, wie dies mit neueren Therapeutika gegen das humane Immundefizienzvirus (HIV) gelingt (Entry-Inhibitoren). Ein weiterer Angriffspunkt ist das Eindringen in die Zelle oder die Reproduktion der viralen Nukleinsäure wie bei dem gegen Herpesviren gerichteten Aciclovir.

Wieder ein anderer Ansatz hemmt die Neuraminidase, ein Enzym, welches das Influenzavirus benötigt, um sich am Ende seiner Neuproduktion von seiner Wirtszelle gewissermaßen „abzunabeln”. Neuraminidaseinhibitoren wie Oseltamivir blockieren diesen Prozess – und sollen damit die weitere Verbreitung der Viren im Körper unterbinden. Auch bei Viren entstehen durch Mutationen und Selektion Resistenzen gegen viel genutzte Therapien. Gegen die meisten einheimischen Viren gibt es aber Impfungen.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/12 ab Seite 112.

Waltraud Paukstadt, Dipl. Biologin

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