Ist die innere Uhr gestört, sind Menschen deutlich anfälliger für Krankheiten. © LittleBee80 / iStock / Getty Images Plus

Innere Uhr | Körper

WIE SPÄT IST ES EIGENTLICH IN UNSEREM KÖRPER?

Wir werfen des Öfteren ein Blick drauf – auf die Uhr, einfach nur, um zu wissen, wieviel Uhr es ist. Aber gibt es eigentlich auch eine innere Uhr in unserem Körper? Ein einfacher Bluttest kann bereits eine Aussage darüber treffen, wie spät es in unserem Inneren ist. Ein Plus bei der Gesundheitsvorsorge?

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Forscher beantworten diese Frage ganz klar mit einem ja. Behandlungsmaßnahmen könnten so bei dem Patienten zeitlich abgestimmt werden. Zudem könnte man genauer überprüfen, ob die innere und die äußere Uhr synchron laufen. Eines kann man schon mal verraten: Es ist bekannt, dass Diskrepanzen gesundheitliche Problemen hervorrufen.

Der zirkadiane Rhythmus, wie die Forscher ihn nennen, ist in den vergangenen Jahren immer mehr in den Fokus gerückt, da er für eine Vielzahl von Funktionen des Körpers eine enorme Bedeutung hat. Die innere biologische Uhr steuert neben dem Schlaf-Wach-Rhythmus in nahezu jedem Gewebe und Organsystem bestimmte Prozesse. Gerät dieses aus dem Gleichgewicht oder ist nicht im Einklang mit der externen Zeit, kann das negative Folgen für die Gesundheit haben. Solche zeitlichen Verschiebungen können beispielsweise durch Schichtarbeit entstehen.

Wissenschaftler von der Northwestern University in Evanston beschäftigen sich bereits seit längerem mit der Erforschung des zirkadianen Rhythmus und den Folgen, sollte er gestört sein. „Auf das Timing kommt es an“, erklärt Co-Autor Ravi Allada. „Wir wissen, dass eine Störung der inneren Uhr Menschen für eine Reihe von Krankheiten anfällig machen kann“. So sind Zusammenhänge zwischen zirkadianen Diskrepanzen und Diabetes, Fettleibigkeit, Depressionen, Herzerkrankungen und Asthma bekannt und wissenschaftlich belegt. Außerdem reagiert der Stoffwechsel zu bestimmten inneren Uhrzeiten unterschiedlich auf verschiedene Substanzen oder Behandlungen.

Für die Wissenschaftler ist es daher von großer Bedeutung, dass aus den genannten Gründen ein Verfahren zur Erfassung der Einstellung geschaffen wird. „Verschiedene Forschergruppen haben versucht, die interne zirkadiane Zeit durch einen Bluttest zu erfassen. Unser System ist in diesem Zusammenhang nun ein Durchbruch“, so Co-Autorin Rosemary Braun. „Wir können die Einstellung der biologischen Uhr einer Person damit nun innerhalb von anderthalb Stunden präzise beurteilen“.

Das Verfahren, dass die Wissenschaftler entwickelt haben, nennt sich TimeSignature. Es untersucht die Expression von 40 Genen, deren Aktivitätsmuster mit der Uhrzeit im Körper verknüpft sind. Das Konzept ist aufgrund von maschinellem Lernen entstanden. Es wurden Computer trainiert, um anhand von Mustern in der gemessenen Genaktivität auf die Einstellung der inneren Uhr schließen zu können. Es wurden rund 20 000 Gene erfasst, aus denen sich etwa 40 Erbanalgen als die besten Marker herauskristallisierten. Diese bilden nun die Grundlage des TimeSignature-Verfahrens. Die dafür notwendige Blutuntersuchung kann zu jeder Tageszeit durchgeführt werden.

Das neue Verfahren kann nun auf verschiedenste Wiese genutzt werden. In der Forschung gäbe es die Möglichkeit, die Auswirkungen von falsch ausgerichteten zirkadianen Uhren auf eine Reihe von Krankheiten zu untersuchen. Wichtig ist dieses System aber vor allem auch für die praktische Medizin. Die Erkenntnis zu wissen, wie die innere Uhr des Patienten tickt, könnte hilfreich sein, um Medikamentendosierungen oder Behandlungen auf einen optimalen Zeitpunkt einzustellen.

„Das System könnte zu einem integralen Bestandteil der personalisierten Medizin werden“, erklärt Co-Autor Phyllis Zee. „Bei so vielen Medikamenten gibt es optimale Einnahme-Zeiten und entsprechende Dosierungen. Es ist deshalb wichtig zu wissen, wie spät es im Körper ist, um die effektivsten Wirkungen zu erzielen. Beispielsweise kann sich die optimale Zeit, ein Blutdruckmedikament zu nehmen oder eine Chemotherapie-oder Bestrahlungs-Behandlung zu erhalten, von Patient zu Patient unterscheiden“, so Zee.

Da das Verfahren bereits zum Patent angemeldet ist, könnte es bald für Medizin und Forschung zur Verfügung stehen. Um auch anderen Wissenschaftler die Möglichkeit zu bieten, das System für Forschungszwecke zu nutzen, haben die Entwickler die Software und den Algorithmus bereits jetzt frei zur Verfügung gestellt.

Nadine Hofmann,
Leitung Online-Redaktion

Quelle: www.wissenschaft.de

 

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