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Apotheken

WIE GEHT ES WEITER?

Genau diese Frage wurde bei der Veranstaltung „Zukunft Apotheke“ in Frankfurt/Main am 4. und 5. November untersucht. Dabei waren drei der Vorträge auch für Pharmazeutisch-technische Assistentinnen relevant.

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Trotz verschiedenster Vorgehensweise – Einzelbeobachtungen, Zahlenanalysen und thesenhafte Prognosen – kamen die Referenten zu ähnlichen Ergebnissen. Dass sich der bisherige Krankheitsmarkt zu einem Gesundheitsmarkt entwickelt und somit weltweit ein Paradigmenwechsel vollzogen wird, ist beispielsweise nach der Überzeugung der Zukunftsforscherin Antje Schünemann, Trend Consultant, unübersehbar.

Sie wies darauf hin, dass der Altersbegriff sich weitgehend von der biografischen Lebensgeschichte abgelöst hat und sich die Menschen heute eher auf ihr „gefühltes Alter“ beziehen. Das hat zur Folge, dass etwa Mütter und Töchter in Erscheinungsweise und Ausstrahlung immer mehr Ähnlichkeiten aufweisen. Ein prominentes Beispiel ist die 55-jährige Madonna und ihre pubertierende Tochter Lourdes.

Selbstverständlich haben solche Zeitgeisterscheinungen etwas damit zu tun, dass die Menschen schon heute bereit sind, immer mehr in Fitness, Schönheitspflege und Prävention zu investieren. Genau hierin liegt eine Chance für die Apotheken, die sich aus Sicht der Trendforscherin in Zukunft gegenüber ihren Kunden als Kompetenzzentrum für Health Management und Prävention empfehlen können. Dabei spielt nach Ansicht von Schünemann die Trennung von offline und online keine große Rolle mehr, da beide Welten ihre Berechtigung haben und aufeinander verweisen.

Offline-Bereiche als Sehnsuchtsorte inszenieren! Grundsätzlich gibt es in den Augen der Zukunftsforscherin keinen Trend ohne Gegentrend. So wird beispielsweise der Offline-Bereich von ihrer Branche als Sehnsuchtsort definiert, der neue Spielräume eröffnet. Als Beispiel nannte Schünemann ein Café in Japan, das seinen Gästen das Streicheln von Katzen als beruhigende Maßnahme anbietet, um nach stressigen Online-Aktivitäten wieder „runterzukommen“. Mit einem weiteren Beispiel dafür, wie man Sehnsuchtsorte inszeniert, verwies sie auf eine Apotheke in Amerika, in der eine Bar dominiert, hinter deren Tresen Gesundheitsdrinks ausgeschenkt werden.

Auch den Umstand, dass sich nur 25 Prozent der Menschen auf Werbeaussagen verlassen, wohingegen 88 Prozent der Zeitgenossen den Empfehlungen anderen Personen vertrauen, könnten sich Apotheken zunutze machen. Die Referentin erzählte von einem Beispiel aus der Buchbranche: Hier hatte ein Buchhändler einen After Work Club gegründet, der seinen Kunden Raum gibt, anderen Lesern Bücher vorzustellen.

Apotheker müssten sich analog solcher Ideen immer wieder die Frage stellen, wie sie ins Gespräch mit den Endverbrauchern kommen können. Schließlich müsse im Fokus aller Bemühungen der Kunde stehen, denn, wie schon ein altes chinesisches Sprichwort weiß, ist er „der Schatz und die Ware nur Stroh.“

Auch wenn der Vortrag „Der Apothekenmarkt – aktuelle Trends“ von Frank Weißenfeldt, IMS Health, im Gegensatz zu seiner Vorrednerin eher an konkreten Zahlen als an einzelnen seismografischen Beobachtungen orientiert war, so gab es doch eine signifikante Übereinstimmung: Die These, dass Menschen immer bewusster in die eigene Schönheitspflege investieren, wird durch die Entwicklung der Verkaufszahlen im Bereich Körperpflege und Kosmetik eindeutig belegt.

So steigerte sich der Umsatz in diesem Segment im Zeitraum Juni bis Juli 2013 in der Offizin um 4,8 Prozent. Der Referent betonte, dass dabei der Margentreiber nicht die günstigen Körperpflegemittel, sondern die hochpreisigen, apotheken-exklusiven Kosmetikprodukte waren.

Die Botschaft an PTA ist also klar: Keine Angst vor der Beratung und dem Verkauf auch teurer Kosmetika, zumal die Gefahr besteht, dass die Kundinnen solcher Produkte gerne ins Internet abwandern. Schon jetzt ist das prozentuale Wachstum im Bereich Körperpflege und Kosmetik im Versandhandel deutlich höher als in der Präsenzapotheke und beläuft sich auf 13,9 Prozent.

Natürlich stellt das Pflege- und Kosmetiksegment nur einen kleinen Ausschnitt aus dem kompletten Produktangebot einer Apotheke dar. Deshalb ist auch der Blick auf die gesamte Umsatzentwicklung notwendig. Dabei ist es erfreulich, dass – trotz einer sinkenden Anzahl an Präsenzapotheken – ein moderater Wachstumskurs erkennbar ist.

So wurde in deutschen Apotheken im ersten Halbjahr ein Umsatz von über 23 Milliarden erwirtschaftet. Dies bedeutet ein prozentuales Wachstum von 4,8 Prozent. Schlüsselt man dieses Ergebnis auf, wurde bei den verschreibungspflichtigen Arzneimitteln ein Plus von 4,0 und bei den rezeptfreien sogar von 9,2 Prozent erreicht. Obwohl diese 9,2 Prozent auch wegen einer starken Erkältungssaison erzielt wurden, kann man diese Kennzahl auch als Indiz dafür werten, dass im Bereich der rezeptfreien Präparate fast immer „Luft nach oben“ ist und sich eine gute Beratung durch PTA auch im wirtschaftlichen Erfolg niederschlägt.

Chancen und Perspektiven sind erkennbar Generell beschrieb der zahlenkundige Referent die Zukunft der Apotheken zwar nicht als „rosarot“, räumte aber ein, dass sie „Perspektiven und Chancen“ biete. Diese Prognose basiert nicht zuletzt auf mehreren miteinander korrespondierenden Beobachtungen: Grundsätzlich kommt den Apotheken das Bevölkerungswachstum entgegen. Gleichzeitig suchen schon 67 Prozent bei nicht ernsthaften Beschwerden nicht zuerst eine Arztpraxis auf, sondern eine Apotheke. Und beachtliche 63 Prozent der Menschen recherchieren zuerst im Internet nach medizinischen Informationen.

Insbesondere die Anzahl der Silver Surfer wächst kontinuierlich und beläuft sich aktuell auf knapp drei Millionen. Auch wenn Frank Weißenfeldt daraus keine direkten Schlüsse zog, so müsste klar sein, dass die meisten dieser vorinformierten Patienten auch für ein vertiefendes Beratungsgespräch mit einer PTA offen sein dürften!

»So steigerte sich der Umsatz bei Körperpflege und Kosmetik im Zeitraum Juni bis Juli um 4,8 Prozent.«

Eine weitere Chance für PTA besteht darin, mit intensiven Beratungsgesprächen für mehr Therapietreue zu sorgen: So hat IMS Health für das Jahr 2011 errechnet, dass bei den Gesundheitsausgaben hier zu Lande in Höhe von 294 Milliarden Euro immerhin 13 Milliarden Euro (4,4 Prozent) eingespart werden könnten, sofern eine bessere Compliance erreicht wird.

Bei der Frage, wie sich die deutschen Apotheken zwischen den drei Möglichkeiten einer (auf Sparfüchse ausgerichteten) Preisführerschaft, einer Premium- oder Nischenstrategie positionieren sollte, war die Antwort eindeutig: Laut Weißenfeldt sollte die Apotheke per se Qualitätsführerschaft anstreben – nicht zuletzt deshalb, weil sie aufgrund des ausgebildeten Personals und der relativen Preisstabilität (im Gegensatz zu Internetapotheken) dafür prädestiniert ist.

Wettbewerbsdruck wird steigen Thomas Golly von der Sempura Consulting GmbH untergliederte seinen Vortrag in fünf Stichpunkte. So steigt nach seinen Beobachtungen der Wettbewerbsdruck im Apothekenkanal, auch wenn das Fremdbesitzverbot aktuell nicht in Frage gestellt wird. Als Indiz für seine These verwies er auf einen immer heftiger werdenden Wettbewerb zwischen den Herstellern, der sich auch in der wachsenden Anzahl von einstweiligen Verfügungen widerspiegelt.

Gleichzeitig sind die Bedeutung und der Einsatz von Eigenmarken stark angestiegen. Für die Zukunft prognostiziert Golly, dass pro Indikation nur zwei Topmarken und eine Handels- beziehungsweise Eigenmarke die entscheidende Rolle spielen werden.

Mit der zweiten Aussage postuliert der Referent, dass Entscheidungen im Apothekenkanal zunehmend zentral gefällt werden. Diese Behauptung begründete er mit der Zunahme der Filialapotheken und der wachsenden Bedeutung von Apothekenkooperationen bei einer gleichzeitig sinkenden Anzahl von Einzelapotheken.

Online & Offline
Als Beispiel für eine solche Verbindung von realer und virtueller Welt beschrieb die Referentin das Geschäftsmodell einer New Yorker Modeboutique: Hier können Passanten beim Schaufensterbummel in der City ein dort ausgestelltes Kleidungsstück per Handy über einen Code interaktiv bestellen und auch gleich den Lieferort und den Zeitraum der Auslieferung festlegen.

Dass für die Apotheker dabei hauptsächlich die Einkaufsvorteile im Vordergrund stehen, wird von der Industrie ungern gesehen. Folglich schneiden die Kooperationen mit der Schulnote 3,6 aus Sicht der Pharmaindustrie ziemlich schlecht ab – das System „steht unter einer gewissen Spannung“ konstatierte der Referent trocken.

Mit der dritten These vertritt Golly die Auffassung, dass es zu einer weiteren Ökonomisierung der Apotheken kommen werde und sich das kaufmännische Profil der Apotheker weiter schärfen werde. Dabei ist die Profilierung des jeweiligen Standorts ebenso von Bedeutung, wie ein immer weiter und raffinierter ausgestaltetes Marketing. Auch wenn der Vortragende eine solche Aussage nicht getätigt hat: Unter diesen Aspekten tun sich Chancen für PTA auf, die sich durch entsprechende Weiter- und Fortbildungen als besonders qualifizierte Arbeitskräfte profilieren können.

Der vierte Stichpunkt betrifft den Versandhandel, für den ein überdurchschnittliches Wachstum von bis zu 20 Prozent Marktanteil im Jahre 2020 erwartet wird. Schließlich beleuchtete der Vortragende die Situation der Großhändler, die sich derzeit in einer Orientierungsphase auf der Suche nach einem tragfähigen Zukunftskonzept befinden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/13 ab Seite 94.

Claus Ritzi, Pharma-Journalist

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