Psychische Störungen
WER BEHANDELT WEN?
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Neben der Medikation mit Psychopharmaka stellt die Psychotherapie einen wichtigen Baustein bei der Bekämpfung psychischer Beschwerden dar. Doch häufig herrscht Verwirrung bezüglich der entsprechenden Ärzte, Therapeuten und Behandlungsformen.
Die Berufsgruppen Ein Psychotherapeut ist entweder ein Mediziner oder ein Psychologe (Psychologischer Psychotherapeut). Beide arbeiten mit Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen. Auch ein Pädagoge kann eine psychotherapeutische Ausbildung absolvieren. Er qualifiziert sich dadurch zum Kinder- und Jugendpsychotherapeuten. Am 1. Januar 1999 ist das Psychotherapeutengesetz in Kraft getreten. Es regelt die Stellung des „Psychologischen Psychotherapeuten“ und schützt die Berufsbezeichnung „Psychotherapeut“.
Den Facharzt für seelische Erkrankungen nennt man Psychiater. Er ist die erste Anlaufstelle, wenn es um die Verordnung von Psychopharma-ka geht. Nach einem Studium der Medizin absolviert er eine Facharztausbildung zum Psychiater. Seine Aufgabe ist die medikamentöse Bekämpfung der Leiden – er ist nicht psychotherapeutisch aktiv. Ausschließlich eine psychotherapeutische Zusatzausbildung würde ihn dazu befugen.
Psychologie ist ein akademischer Studiengang, der mit einem Bachelor beziehungsweise Master, früher mit einem Diplom, abgeschlossen wird/wurde. Während des Studiums erlangt der Psychologe unter anderem ein umfassendes Wissen sowie wissenschaftlich begründete Erkenntnisse über das menschliche Verhalten und Erleben.
Ein Psychologe ist nicht automatisch ein Psychotherapeut. Dazu muss er sich nach dem Studium durch eine dreijährige Ausbildung zum psychologischen Psychotherapeuten qualifizieren. Erst dann ist er berechtigt, Psychotherapien durchzuführen, in denen er die Erkrankungen der Patienten mit psychologischen Techniken behandelt. Psychologen dürfen weder Rezepte ausstellen noch Krankschreibungen oder Krankenhauseinweisungen vornehmen. Ist eine medikamentöse Therapie zusätzlich erforderlich, muss der Patient einen Arzt konsultieren.
Laien vermuten hinter einem Neurologen oft einen Psychiater, Psychologen oder Psychotherapeuten. Ein Neurologe ist jedoch für Erkrankungen des Gehirns, des Rückenmarks, der Muskulatur, der Sinnesorgane und der peripheren Nerven zuständig. Er besitzt eine ärztliche Approbation, eine Facharztausbildung zur Neurologie und eine mindestens einjährige Ausbildung im Bereich der Psychiatrie.
Seit 2003 gibt es den Facharzt für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie. Das Gebiet umfasst (laut Musterweiterbildungsordnung der Bundesärztekammer) die Erkennung, psychotherapeutische Behandlung, Prävention und Rehabilitation von Krankheiten und Leidenszuständen, an deren Verursachung psychosoziale und psychosomatische Faktoren maßgeblich beteiligt sind. Die Psyche kann also unter Umständen einen beeinträchtigenden Einfluss auf den Körper ausüben. Dieses Fachgebiet überschneidet sich mit den Berufen der Psychologischen Psychotherapeuten und der Ärzte für Psychiatrie.
Hilfe für Betroffene Laut Psychotherapeutengesetz dürfen sich Patienten von einem kassenanerkannten Psychotherapeuten behandeln lassen. Dazu zählen diejenigen, die Verhaltenstherapie oder Psychoanalyse beziehungsweise tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie anbieten.
Zur Antragstellung einer Psychotherapie wird ein Arzt zur Gesundheitsbeurteilung des Patienten benötigt. Diese erhalten bei der kassenärztlichen Vereinigung ihres Wohnortes oder bei den Krankenkassen in der Regel auf Anfrage Listen mit niedergelassenen Psychotherapeuten. Raten Sie Ihren Kunden, vorab zu klären, ob eine Abrechnung mit der Krankenkasse möglich ist. Akute Fälle psychischer Störungen (Suizidabsichten oder schwere Suchtvorkommen) werden stets an die nächstgelegene Psychiatrie verwiesen.
Freud & Co. Die Psychoanalyse geht ursprünglich auf Siegmund Freud zurück. In diesem psychotherapeutischen Behandlungsverfahren sollen unbewusste Ursachen verborgener Konflikte aufgedeckt werden. Die tiefenpsychologisch fundierte Therapie beruht auf diesen Grundlagen. Die Regeln sind gegenüber der klassischen Psychoanalyse leicht modifiziert. Der Schwerpunkt der Therapie liegt auf aktuellen Konflikten und Entwicklungsstörungen.
»Viele Betroffene nehmen den Besuch von Selbsthilfegruppen in Anspruch.«
Verhaltenstherapie ist eine weitere Form der Psychotherapie. Sie unterstreicht das beobachtbare Verhalten und die Anwendung psychologischer Gesetze zur Erklärung und Veränderung psychischer Störungen. Ihr Hauptanliegen sind Modifikationen auf der Verhaltensebene. Bei diesem Verfahren geht man davon aus, dass psychische und psychosomatische Störungen unter bestimmten Bedingungen trainiert werden. Genauso können sie unter anderen Voraussetzungen wieder verlernt werden.
Viele Betroffene nehmen als Ergänzung oder zum Ende ihrer Therapie den Besuch von Selbsthilfegruppen in Anspruch. Auch hier informiert die kassenärztliche Vereinigung.
Begriffserklärung Eine psychische Störung ist eine erhebliche Abweichung von der Norm im Erleben und Verhalten. Sie betrifft die Bereiche des Denkens, Fühlens und Handelns. Die Begriffe Störung und Symptom werden nicht immer klar voneinander differenziert.
Die Bezeichnungen Neurose und Psychose wurden in den Diagnosesystemen DSM-IV (American Psychiatric Association (APA), 1994) und der ICD-10 (Weltgesundheitsorganisation (WHO), 1994) durch die Betitelung Störung abgelöst. Kapitel V des ICD-10 beinhaltet psychische und Verhaltensstörungen. Die jeweiligen Leiden sind hier mit Schweregrad, Erscheinungs- und Verlaufsbild zusammengefasst. Als Symptom gilt eine subjektive Beschwerde (z. B. Angst) oder ein objektiv beobachtbares Krankheitsanzeichen.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 07/13 ab Seite 74.
Martina Görz, PTA und Fachjournalistin (FJS)