Zwei dekorative Gläschen mit Naturjoghurt, daneben liegen verzierte Silberlöffel und ein blau kariertes Geschirrtuch.
Auch Joghurt enthält Laktobazillen, aber auch viele andere Keime. Deshalb ist er nicht zur vaginalen Anwendung geeignet. © tashka2000 / iStock / Getty Images Plus

Vaginalgesundheit

WANN HILFT MILCHSÄURE?

Beschwerden im Intimbereich sind häufig Anlass für Beratungsgespräche in der Apotheke. Die Frage, wann eine Milchsäurekur hilft, ist jedoch trickreich. Ein Überblick über zwei häufige Krankheitsbilder, die dazugehörigen Symptome und was Sie Ihren Kundinnen empfehlen können.

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Wenn Intimbeschwerden zum ersten Mal auftreten, suchen drei Viertel der Frauen zunächst den Frauenarzt auf, nicht die Apotheke. Aber bei wiederkehrenden Leiden setzen über die Hälfte der Betroffenen auf den pharmazeutischen Rat. Dann ist Ihr Feingefühl als PTA gefordert.

Sie erfragen die Beschwerden und schätzen ein, ob es ein Fall für die Selbstmedikation ist - oder ob Sie einen Besuch beim Gynäkologen anraten. Dafür ist es wichtig, dass Sie mögliche Ursachen kennen und Beschwerden einschätzen können.

Scheidenpilz

Vaginalmykosen äußern sich durch Juckreiz und Brennen im Intimbereich sowie durch einen krümeligen Ausfluss, wie Quark. Einige Betroffene haben Schmerzen beim Geschlechtsverkehr, manchmal verstärken sich die Beschwerden vor der Menstruation. Ausgelöst wird eine Vaginalmykose durch Hefepilze, in 80 Prozent der Fälle durch Candida albicans.

Ihre Kundinnen können den Hefepilz mit antimykotischen Clotrimazol-, Miconazol- und Nystatin-Cremes behandeln. Die Creme wendet Ihre Kundin zweimal täglich an. Bei Kombi-Präparaten, die zusätzlich Vaginaltabletten enthalten, führt man die Tablette abends ein. Die Anwendung der Creme erfolgt über drei Tage, für die Tablette gibt es zwei Einnahmeschemata: Entweder an drei aufeinanderfolgenden Abenden oder als Einmaldosis. Empfehlen Sie zusätzlich einen Wäscheschutz wie Slipeinlagen, damit die Creme oder die aufgelöste Tablette keine Flecken in der Unterwäsche hinterlassen. Orale Antimykotika verschreibt der Frauenarzt nur in schweren oder hartnäckigen Fällen.

ACHTUNG: Mythos Milchsäure

Der Rat, Hefepilze mit Milchsäure oder Milchsäure-Bakterien zu behandeln, hält sich hartnäckig. Professor Dr. Hans-Jürgen Tietz vom Mycoclinic Institut für Pilzkrankheiten und Innere Medizin, erklärt jedoch:

"Milchsäure-Bakterien sind ausgesprochen pilzfreundlich und machen alles noch viel schlimmer."

Eine Milchsäure-Prophylaxe sei im Falle von Harnwegsinfektionen richtig und wichtig. Bei Pilzinfektionen bewirke sie das Gegenteil: „Pilze lieben Säure und sind dagegen resistent.“ Warum enthalten einige antimykotische Präparate dennoch Milchsäure? Sie kurbeln so den Stoffwechsel der Hefepilze an, da diese während der Ergosterolsynthese besonders empfindlich auf Clotrimazol und Miconazol reagieren.

Ping-Pong-Effekt und Penispilz

Candidosen sind ansteckend. Das heißt, die Sexualpartner*innen von Scheidenpilz-Kundinnen können ebenfalls eine Infektion entwickeln. Ein Penispilz verläuft oft symptomlos, doch unter der Vorhaut können Erreger festsitzen, die die Kundin dann erneut infizieren. Einen Penispilz kann man mit antimykotischen Cremes mitbehandeln. Raten Sie heterosexuellen Paaren außerdem, nach dem Abklingen der Infektion zunächst ein Kondom zu verwenden.

Außerdem:

Atmungsaktive Unterwäsche aus Naturfasern wie Baumwolle unterstützt die Heilung, da Pilze sich in feuchtwarmem Milieu wohlfühlen. Ihre Kundin sollte sich das Handtuch nicht mit anderen Mitgliedern ihres Haushaltes teilen, es jeden Tag wechseln und mit Vollwaschmittel bei hoher Temperatur waschen. Für die Intimhygiene reicht Wasser aus. Möchte die Kundin aber auf Seife nicht verzichten, dann sollte diese den physiologischen pH-Wert des Intimbereichs unterstützen.

Bakterielle Vaginose

Während der krümelige Ausfluss bei Scheidenpilz geruchlos ist, gehen bakterielle Infektionen mit einem dünnflüssigen, weiß-grauen Ausfluss einher, der nach Fisch riecht. Vier Aspekte sprechen für eine bakterielle Vaginose, die Gynäkologen AmSEL-Kriterien nennen: 

AmSEL-Kriterien
Amingeruch: fischiger Intimgeruch
Schlüsselzellen: Zellen der Vaginalschleimhaut, die mit Bakterien überzogen sind – ein Kriterium in der gynäkologischen Diagnose
Erhöhter pH-Wert über 4,5
Liquider Fluor: flüssiger Ausfluss

Den pH-Wert können Kundinnen selbst mit Testkits überprüfen. Dabei nehmen sie mit einem Tupfer einen Abstrich von der Vaginalschleimhaut. Ein Farbumschlag bringt das Ergebnis: Verfärbt sich der Tupfer nicht, herrscht ein saures Scheidenmilieu, was für eine Pilzinfektion spricht. Schlägt die Farbe der Tupferspitze jedoch um, ist der pH-Wert erhöht. In diesem Fall kann eine bakterielle Infektion oder Trichomoniasis vorliegen.

Trichomoniasis wird durch Geißeltierchen hervorgerufen. Anders als bei einer bakteriellen Vaginose geht diese Infektion mit gelb-grünem, schaumigen Ausfluss und Schmerzen beim Wasserlassen einher. Eine Trichomonaden-Infektion muss ärztlich behandelt werden.

Flora außer Balance

Die bakterielle Vaginose entsteht hingegen, wenn pathogene Keime wie Gardnerella vaginalis die Scheidenflora besiedeln. Sie werden beim Geschlechtsverkehr übertragen. Sie kommen in geringer Anzahl jedoch auch in der gesunden Vaginalflora vor und können sich ausbreiten, wenn diese aus der Balance gerät. Denn die Laktobazillen, die natürlicherweise die Scheide besiedeln, senken den pH-Wert auf 3,8 bis 4,4, indem sie Milchzucker zu Milchsäure verstoffwechseln. Außerdem produzieren sie Wasserstoffperoxid, Bakteriozine und Biosurfactants. Letztere verhindern das Anhaften von Keimen, die Bakteriozine und der niedrige pH-Wert hemmen ihre Vermehrung. Wasserstoffperoxid desinfiziert. Fehlen also die Milchsäure-Bakterien, ist die Scheide anfälliger für Infektionen.

Antibiose nötig

Eine bakterielle Vaginose wird in der Regel mit Metronidazol behandelt: als Tabletten zum Einnehmen, als Vaginaltablette oder als Vaginalcreme, auch in Kombination mit Clindamycin. Trotz der Antibiotika verschwindet der bakterielle Biofilm auf der Vaginalschleimhaut oft nicht und es kann zur Rückansteckung beim Sexualpartner kommen. Die Heilungsrate nach drei Monaten liegt nur bei 60 bis 70 Prozent, häufig kommt es zu Rezidiven.

Wichtige Zusatzempfehlung

Halten Sie also Rezepte über antibakterielle Vaginaltabletten oder -cremes in der Hand, ist eine Kur mit Milchsäure-Bakterien eine passende Zusatzempfehlung. Sind noch genug eigene Laktobazillen vorhanden, reicht Milchsäure aus, um diese zu stärken. Probiotika reduzieren die Rückfallquote um die Hälfte. Studien zufolge hilft auch Vitamin C, die Vaginalflora nach einem Infekt anzusäuern.

Unterscheiden Sie bei der Empfehlung von Vaginal-Probiotika unbedingt, ob Bakterien oder Pilze hinter den Beschwerden stecken. Bei Mykosen ist Milchsäure kontraproduktiv, bei bakteriellen Vaginosen hingegen wichtig, um Rezidiven vorzubeugen. Auch bei Blasenentzündungen kann sie helfen. In leichten Fällen können Sie Milchsäure empfehlen, ist die Flora stark geschädigt, sollten es Milchsäure-Bakterien sein.

Quellen:
https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-452011/jede-mykose-ist-heilbar/ 
https://www.canesten.ch/static/documents/GYNO_Canestest_Beipackzettel_DE.pdf 
https://cdn.website-editor.net/c31a206074784e41945c6e2e599614df/files/uploaded/Leitlinie_Bakterielle_Vaginose_2013-09.pdf 

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