© royaltystockphoto/123rf.com

Krebstherapie | neue Angriffsstrategie

VOM DURCHFALLERREGER ZUM TUMORKILLER

Normalerweise würde sich niemand freiwillig mit Salmonellen infizieren. Aber wie wäre es, wenn die Bakterien gezielt Tumorzellen ausschalten könnten? Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) in Braunschweig melden jetzt einen Salmonellenstamm zum Patent an.

Seite 1/1 1 Minute

Seite 1/1 1 Minute

Die Forscher nutzen hierbei die Tatsache, dass sich Salmonellen bevorzugt in Tumorzellen ansiedeln. Das körpereigene Immunsystem würde dann beim Bekämpfen der Erreger automatisch auch die Tumorzelle angreifen. Die Bakterien hätten sozusagen die Funktion von Markern für das Immunsystem. Die stäbchenförmigen, gramnegativen Enterobakterien gelangen in der Regel durch verdorbene Lebensmittel in den Körper und verursachen starke, aber meist spontan ausheilende Durchfallerkrankungen. Bei immungeschwächten Menschen können sich allerdings lebensbedrohliche Infektionen entwickeln. Und hier liegt die Schwierigkeit: Der gegen einen Tumor eingesetzte Stamm muss soweit verändert werden, dass er zwar das Immunsystem ausreichend auf sich aufmerksam macht, die auslösende Infektion aber recht mild verläuft, das heißt, ohne den Patienten weiter zu schaden.

Schritt für Schritt haben die Wissenschaftler Enteritis-Salmonellen soweit genetisch verändert, bis sich genau diese therapeutisch gut steuerbare Balance eingestellt hat. So konnte ein Teil des Bewegungsapparates der Erreger ausgeschaltet werden, wodurch die Mobilität eingeschränkt wurde. Durch kleine Änderungen der Membranstruktur konnten die Forscher andererseits die Sichtbarkeit der Bakterien für das Immunsystem erhöhen. Nach diesem Schema wurden weitere genetische Veränderungen durchgeführt und die Wirksamkeit und Sicherheit am Mausmodell untersucht. Ein weiteres Problem stellt die bereits bestehende Immunität vor allem der Bewohner von Ländern mit schlechten hygienischen Bedingungen dar. Ist man bereits mit den Bakterien in Kontakt gekommen, hat man einen immunologischen Schutz entwickelt und die therapeutisch eingesetzten Salmonellen könnten vom Körper beseitigt werden, bevor sie am eigentlichen Wirkungsort, der Tumorzelle, angekommen sind. Daher wurde der Salmonellenstamm dahingehend modifiziert, dass er auch bei Mäusen mit bestehender Immunität eine Immunantwort auslösen konnte.

Der entwickelte Stamm wurde vor kurzem zum Patent eingereicht. Die Forschungsgruppe hofft, gemeinsam mit Industriepartnern die therapeutische Eignung der Salmonellen auch in klinischen Studien beweisen zu können.

Farina Haase, Volontärin

Quelle: Ärztliches Journal

×