Die regelmäßige Blutzuckerkontrolle gehört besonders für den insulinpflichtigen Diabetiker zur täglichen Routine, um gefährliche Unterzuckerungen rechtzeitig zu erkennen. © Khongtham / iStock / Getty Images Plus

Diabetes | Neuer Ansatz

VERAPAMIL SCHÜTZT BETA-ZELLEN

Sterben Beta-Zellen nach und nach ab, entwickelt sich früher oder später ein Diabetes Typ 1. Betroffene sind dann lebenslang auf die Substitution des Stoffwechselhormons Insulin angewiesen. Doch was wäre, wenn man den Zellabbau in der Bauchspeicheldrüse aufhalten könnte?

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Diabetes Typ 1 gehört zu den Autoimmunerkrankungen. Aus noch nicht vollständig geklärten Gründen greift das Immunsystem die insulinproduzierenden Beta-Zellen des Pankreas an. Das lebensnotwendige Insulin muss nun von außen zugeführt, in der Regel durch regelmäßiges Spritzen appliziert werden. Ein starker Einschnitt in das Alltagsleben der meisten Betroffenen: Der Blutzucker muss regelmäßig gemessen, unter Einbeziehung von Bewegung, Ernährung und dem allgemeinen Gesundheitszustand muss die korrekte Menge an Insulineinheiten berechnet werden, regelmäßige Arztbesuche stehen ebenfalls ab sofort auf der Tagesordnung. Die meisten finden das Spritzen wohl eher unangenehm, einige ängstigen sich vielleicht auch. Dazu kommt die Gefahr lebensbedrohlicher Unterzuckerungen – für die Insulintherapie braucht es oftmals viel Feingefühl, Körperkenntnis und Erfahrung.

Bereits seit längerem wird daher nach alternativen Therapien geforscht. Ein Blick auf die Pathogenese des Typ-1-Diabetes lieferte nun einen entscheidenden Hinweis: Der schädliche Einfluss auf die Beta-Zellen kommt anscheinend durch ein bestimmtes Protein zustande. Erhöhte Konzentrationen von TXNIP lassen sich bei Typ-1-Diabetikern feststellen, offenbar ausgelöst durch einen verstärkten Calcium-Einstrom. Blockiert man diesen Calcium-Einstrom, sinkt der TXNIP-Spiegel, was den Beta-Zell-Abbau reduziert. Und genau das passiert nach der Gabe von Verapamil. Der Calciumkanalblocker findet derweil Anwendung in der Behandlung der koronaren Herzkrankheit, von Arrhythmien und Bluthochdruck.

Ein Forscherteam der University of Alabama in Birmingham untersuchte die Auswirkungen einer zusätzlichen Verapamil-Gabe auf den Krankheitsverlauf von 24 Erwachsenen mit beginnendem Diabetes Typ 1. Ein Jahr lang erhielt die Hälfte der Probanden zusätzlich zu Insulin eine tägliche Dosis Verapamil, die andere Hälfte Placebo. Die Kombination Insulin plus Calciumantagonist zeigte eine merkliche Verbesserung der Beta-Zell-Funktion, weshalb die Verum-Gruppe die Insulin-Dosen reduzieren konnten. Folglich traten auch weniger Unterzuckerungen auf.
Die Ergebnisse legen nahe, dass Verapamil eine sinnvolle Ergänzung zur Insulintherapie darstellt. Der Krankheitsverlauf könne zumindest verlangsamt werden, berichten die Forscher. Trotzdem müssen noch weitere Untersuchungen mit größerer Probandenzahl, die auch andere Patientengruppen miteinschließt, durchgeführt werden. So tritt die Autoimmunerkrankung häufig bereits im Kindesalter auf, bei denen sie auch oftmals aggressiver verläuft. Dies ist ein entscheidender Faktor für weitere Studien.

Farina Haase, Apothekerin, Volontärin

Quelle: www.wissenschaft.de

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