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Lügen ist prinzipiell einfach

(UN-) WAHRHEIT UND GEDÄCHTNIS

Unentdeckt zu lügen gestaltet sich schwierig. Überdies läuft derjenige, der überzeugend lügt, Gefahr, sich am Ende selbst zu belügen.

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Kennen Sie das auch? Sie sahen sich zu einer kleinen Notlüge veranlasst. Wenn diese Situation später dann häufiger thematisiert wird, sieht man sich mitunter genötigt, weitere Lügen zu konstruieren, um die erste, falsche Behauptung zu decken und nicht entlarvt zu werden, sodass man sich mit der Zeit immer mehr in ein wachsendes Lügengebäude verstrickt.

Mitunter kann dabei die Ausgangslüge in den eigenen Gedanken so oft wiederholt werden, dass man sich selbst nicht mehr sicher ist, ob man die Situation nun tatsächlich so erlebt oder nur erdacht hat, bis irgendwann das eigene Phantasiegebilde die persönliche Erinnerung korrigiert hat, sodass man sich zum Beispiel sicher ist, eine bestimmte Begebenheit, die eigentlich wirklich stattgefunden hat, tatsächlich nie erlebt zu haben.

Wenn Sie so etwas schon erlebt haben, wird Ihnen das leider nicht bewusst sein, denn schließlich hat in so einem Fall die Lüge das eigene Gedächtnis ja so verändert, dass die einem als wahr vorkommenden Gedächtnisinhalte tatsächlich falsch sind, die ursprüngliche Lüge im eigenen Gedächtnis also nicht mehr existiert.

Aber kann das sein? Können Lügen unser Gedächtnis beeinflussen und verändern? Sie können! Und nicht nur das: Sogar die Art und Weise, wie wir lügen, bestimmt, wie wir uns an die Lüge und ihr Verhältnis zur Realität erinnern!

Aber wie kommt es dazu? Um das zu verstehen müssen wir uns zunächst klar machen, dass es kognitiv anspruchsvoller ist zu lügen als die Wahrheit zu sagen: Eine gute Lüge, wobei gut eine Lüge meint, die von anderen schwer als solche zu erkennen ist, bedarf viel Fantasie und Zugriff auf frühere Gedächtnisinhalte, damit eine Geschichte konstruiert werden kann, die in sich und mit dem jeweiligen Kontext konsistent ist.

Im Gegensatz zu einer echten Erinnerung muss man sich, wenn man auch zukünftig nicht als Lügner entlarvt werden will, zu der ausgedachten Geschichte selbst auch den Umstand merken, dass es eine Lüge war. Diese Art von Lügen, etwas konstruieren, was nicht war, ist somit auch kognitiv wesentlich anspruchsvoller, als etwas abzustreiten, was passiert ist, da hierbei die Konstruktion einer virtuellen, unwahren Realität entfällt.

Wenn man nun später getestet wird, wie gut man sich an die tatsächlichen Abläufe in der Vergangenheit erinnert, dann erinnert man sich besser an Lügen vom Typ „ausgedachte, unwahre Fakten“ als vom Typ „abgestrittene, wahre Fakten“. Die Gefahr, zu glauben, dass etwas, das man einmal abgestritten hat, wirklich nicht passiert ist, ist also größer, als zu glauben, dass man irgendetwas, das man sich ausgedacht hat, wirklich erlebt hat. Dabei wächst die Gefahr, dass die Lüge das eigene Gedächtnis verfälscht mit der Häufigkeit mit der man die Lüge wiederholt. Denn sowie eine Lüge erneut ins Gedächtnis gerufen wird, erschafft das Gehirn diese neu, und zwar ganz ähnlich wie eine echte Erinnerung. Und daher kann man mit der Zeit auch vergessen, dass es eine Lüge war. Kennen Sie das auch?

ZUR PERSON

Prof. Dr. Holger Schulze
Hirnforscher
Holger.Schulze@uk-erlangen.de

Prof. Dr. Schulze ist Leiter des Forschungslabors der HNO-Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg
sowie auswärtiges wissenschaftliches Mitglied des Leibniz-Instituts für Neurobiologie in Magdeburg.
Seine Untersuchungen zielen auf ein Verständnis der Neurobiologie des Lernens und Hörens.
www.schulze-holger.de

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/14 auf Seite 12.

 


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