Trinken
SO VIEL WASSER BRAUCHT DER MENSCH WIRKLICH PRO TAG
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Es wurde auch wirklich mal Zeit. In jedem Ratgeber, in jeder Zeitung wird uns eingehämmert, dass wir ausreichend Wasser trinken sollen. Aber warum eigentlich? Geht es uns denn wirklich schlechter, wenn wir die zwei anderthalb-Liter-Pullen pro Tag nicht runterkriegen, die allerorts empfohlen werden? Japanische Wissenschaftler vom Nationalen Institut für Gesundheit und Ernährung in Tokio sind dieser Frage jetzt mal nachgegangen.
Okay: Jeden Tag verliert der Mensch von Natur aus beträchtliche Mengen Wasser. Ein Erwachsener zum Beispiel zwei bis drei Liter am Tag. Einen Teil ersetzen wir über die Nahrung, den Rest trinken wir. Und das ist gut, denn Wasser ist für unseren Körper unverzichtbar, um Stoffwechselprozesse aufrechtzuerhalten, den Blutdruck zu regulieren und die Körpertemperatur zu steuern.
Wasserbedarf, wissenschaftlich evaluiert
Wenn jemand fragte: Wieviel trinken Sie? musste man sich auf Berichte von Freiwilligen verlassen, die ihren Nahrungs- und Wassermittelkonsum protokollierten. Das war in Richtung Objektivität so eine Sache, denn wieviel Wasser unser Körper tatsächlich verbraucht, war unbekannt.
Das Team um Yosuke Yamada stellte eine Gruppe von 5000 Menschen aus 26 Ländern zusammen. Die Probanden waren zwischen acht Tagen und 96 Jahren alt und lebten unter sehr unterschiedlichen Bedingungen. Einige stammten aus Industrienationen, verbrachten den größten Teil des Tages am Schreibtisch und hatten stets Zugang zu sauberem Wasser, konnten trinken, so viel sie wollten. Andere lebten in Ländern in Entwicklungsphasen, arbeiteten körperlich hart und hatten nicht immer Zugang zu (aufgereinigtem) Trinkwasser.
Mit Deuterium kam man dem Bedarf auf die Spur
Das japanische Forscherteam wandte nun einen Trick an - und der hieß „Deuterium“. Das Wasserstoffisotop hat ein anderes Atomgewicht als ein normales Wasserstoffatom, lässt sich somit unterscheiden und in Proben identifizieren. Zu Beginn gab man jedem Probanden 100 Milliliter Wasser zu trinken, das man mit Deuterium angereichert hatte: „Wenn man die Geschwindigkeit misst, mit der eine Person diese stabilen Isotope im Laufe einer Woche über den Urin ausscheidet, kann man anhand des Wasserstoffisotops feststellen, wieviel Wasser ihr Körper ersetzt“, erläuterte Co-Autor Dale Schoeller.
Zusätzlich legten die Forscher ein standardisiertes Identifikationsraster über alle Teilnehmer der Studiengruppe. Darunter waren
- Alter,
- Geschlecht,
- Gewicht und Sportlichkeit,
- Umweltfaktoren wie Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Höhenlage,
- sowie den Human Development Index der Vereinten Nationen. Der setzt sich wiederum zusammen aus Lebenserwartung, Schulbildung und den wirtschaftlichen Faktoren eines Landes.
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Zwischen 2,7 und 3,2 Litern
Dabei kam heraus: Männer zwischen 20 und 30 Jahren sowie Frauen zwischen 20 und 55 Jahren setzten am meisten Wasser um, und zwar zwischen einem und sechs Litern am Tag. Den größten prozentualen Anteil ihres Körperwassers, nämlich 28 Prozent, tauschten aber Neugeborene um. Ein durchschnittlich aktiver, männlicher Nicht-Sportler im Alter von 20 Jahren, 70 Kilo schwer, der in einem Industrieland wie Deutschland lebt, kommt auf 3,2 Liter Wasserumsatz am Tag, eine 60 Kilo schwere Frau auf etwa 2,7 Liter.
„Es gibt aber auch Ausreißer, die bis zu zehn Liter pro Tag umsetzen“, sagt Schoeller. „Die großen Schwankungen bedeuten, dass der Durchschnitt auf einen Durchschnittswert nicht viel aussagt.“ Um den tatsächlichen Wasserbedarf eines Menschen auszurechnen, entwickelten die Wissenschaftler eine Formel, die verschiedene Einflussfaktoren gewichtet einbezieht. Und das sind: körperliche Aktivität, gefolgt vom Geschlecht, dem Human Development Index und dem Alter. Dabei gilt: Je niedriger der Human Development Index des Heimatlandes, desto mehr Wasser verbraucht ein Mensch am Tag. Gründe sind beispielsweise höhere Temperaturen und mehr körperliche Arbeit.
Und wofür muss man das wissen?
Und wenn Sie sich fragen, wofür die Ausgangsfrage überhaupt wichtig ist: Es handelt sich beileibe nicht nur um ein Wellness-Thema. Die neue Formel ist wichtig, um dabei zu helfen, den Wasserbedarf der Weltbevölkerung angesichts von Klimawandel und regionaler Wasserknappheit genauer abzuschätzen. Denn: 2,2 Milliarden Menschen auf der Welt haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser. Das muss sich ändern.
Quelle: wissenschaft.de