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Steckbrief

TRAMADOL

Neben Tilidin ist Tramadol das zweite häufig verordnete schwach bis mittelstark wirkende Opioid. Wegen seines geringen Abhängigkeitspotenzials unterliegt es nicht der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtmVV).

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Tramadol und sein Metabolit o-Methyl-Tramadol binden unspezifisch als Agonisten an Opioid-Rezeptoren mit größerer Affinität an µ-Rezeptoren im zentralen Nervensystem. Diese sind für die Regulierung der Schmerzweiterleitung verantwortlich. Die schmerzlindernden Effekte sind im Vergleich zu Morphin deutlich schwächer einzustufen. Die analgetische Wirkung wird zusätzlich über eine Hemmung der Wiederaufnahme der Monoamine Noradrenalin und Serotonin erzielt. Tramadol liegt als Racemat vor. (+)-Tramadol hemmt überwiegend die Wiederaufnahme von Serotonin, (-)-Tramadol die von Noradrenalin.

Tramadol gibt es zur oralen und i.v.-Anwendung. Nach oraler Einnahme wird Tramadol zu etwa 95 Prozent resorbiert, seine Bioverfügbarkeit liegt bei etwa 70 Prozent. Bei den oralen Darreichungsformen unterscheidet man die retardierten und nichtretardierten Tabletten, Kapseln oder Tropfen. Die Dosierung wird an die Stärke der Schmerzen und individuellen Besonderheiten des Patienten angepasst. Vorzugsweise wird langsam eintitriert. Grundsätzlich wird die kleinste analgetisch wirksame Dosierung ausgewählt. Als Dosierungsintervall sollte die nächste Dosis frühestens acht Stunden nach der vorherigen Gabe eingenommen werden.

Üblich ist die zweimal tägliche Anwendung morgens und abends. Die maximale Tagesdosis von 400 Milligramm sollte nicht überschritten werden. Bei älteren Patienten über 75 Jahren und Vorliegen einer Leber- oder Niereninsuffizienz kann eine Dosisreduktion erforderlich sein. Die Einnahme von Tramadol kann unabhängig von den Mahlzeiten erfolgen. Wenn der Behandlungsgrund nach längerer Therapie nicht mehr gegeben ist, sollte das Arzneimittel schrittweise mit einer Dosisreduktion um 50 Prozent pro Woche ausgeschlichen werden, um Absetzphänomene zu vermeiden. Im Gegensatz zu den stärker wirkenden Opioiden zeigen sich unter Tramadol nahezu keine atemdepressiven Nebenwirkungen.

Häufig klagen die Patienten aber über gastrointestinale Beschwerden, wie Übelkeit, Erbrechen und Obstipation. Die Übelkeit wird vermutlich von der Wiederaufnahmehemmung des Serotonins verursacht und tritt dosisabhängig auf. Auch zu Beginn der Behandlung sind diese Symptome sehr häufig, sodass PTA und Apotheker darauf hinweisen sollten. Das langsame Eintitrieren ist zur Reduktion der Nebenwirkungen wichtig. Weitere übliche Nebenwirkungen sind übermäßiges Schwitzen, Sedierung, Kopfschmerzen, Benommenheit und Schwindel. Tramadol wird über CYP 3A4 und CYP 2D6 metabolisiert, deshalb sind Interaktionen mit Inhibitoren und Induktoren dieser Enzyme möglich. Bisher sind jedoch keine klinisch relevanten Wechselwirkungen berichtet worden.

Pharmakodynamische Wechselwirkungen können mit zentral wirkenden Arzneistoffen, wie Sedativa oder Alkohol auftreten. Die Kombination mit serotonergen Substanzen, wie zum Beispiel SSRI, SSNRI, trizyklischen Antidepressiva oder MAO-Hemmern ist wegen der Gefahr des Serotoninsyndroms zu vermeiden. Wurde innerhalb der letzten 14 Tage mit MAO-Hemmstoffen therapiert, ist die Gabe von Tramadol kontraindiziert. Tramadol kann die Krampfneigung erhöhen und sollte deshalb mit Arzneimitteln mit krampfauslösendem Potenzial nicht zusammen angewendet werden. In Schwangerschaft und Stillzeit sollte Tramadol nur nach strengster Risiko-Nutzen-Abwägung verordnet werden. Tramadol passiert die Plazenta und geht in geringen Mengen in die Muttermilch über. Die wiederholte Gabe in der Schwangerschaft kann zur Gewöhnung des ungeborenen Kindes an Tramadol und nach der Geburt zu Entzugserscheinungen führen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2021 ab Seite 118.

Dr. Katja Renner, Apothekerin

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