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Wissen Sie Es Noch?

T WIE TERATOGEN

Manche Arzneistoffe dürfen nur auf einem speziellen Rezeptformular 
verordnet werden. Am bekanntesten ist sicherlich das Betäubungsmittelrezept. Seltener greift der Arzt zum T-Rezept. Was steckt dahinter?

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T-Rezepte dienen ausschließlich zur Verordnung der Wirkstoffe Thalidomid, Lenalidomid und Pomalidomid, die zur Behandlung einer besonders bösartigen Krebserkrankung, dem multiplen Myelom eingesetzt werden. Thalidomid erlangte zu Beginn der 1960er Jahre traurige Berühmtheit. Es kam als angeblich besonders gut verträgliches Schlafmittel unter dem Namen Contergan® auf den Markt und wurde auch von vielen Schwangeren eingenommen. Wie sich dann aber herausstellte, genügte schon eine einzige Tablette, um Missbildungen beim Ungeborenen hervorzurufen. Die Gliedmaßen bildeten sich gar nicht oder nur unvollständig aus. Dies liegt an der hemmenden Wirkung von Thalidomid auf bestimmte Wachstumsfaktoren. Es verhindert, dass sich Blutgefäße ausbilden. Man spricht von einer antiangiogenen Wirkung. Diesen Effekt nutzt man nun in der Krebstherapie, denn der wachsende Tu
mor ist ebenfalls auf die Ver
sorgung durch neue Blutgefäße angewiesen. Wegen der starken fruchtschädigenden Wirkung müssen jedoch besondere Vorsichtsmaßnahmen getroffen werden.


Zweiteiliges Formular T-Rezepte bestehen aus Original und Durchschlag. Das Original dient zur Abrechnung mit der Krankenkasse, die Durchschläge werden wöchentlich von der Apotheke an das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geschickt. (Auf der Rückseite des Durchschlages sollte der Apotheken-
stempel aufgebracht sein.) Die Gültigkeit des Rezeptes beträgt sechs Tage nach Ausstellungsdatum. Es darf nur ein Arzneimittel pro Rezept verordnet werden und nur aus der genannten Stoffgruppe. Es ist also weder eine Comedikation noch die Verordnung anderer Wirkstoffe mit teratogenem Potenzial erlaubt. edes T-Rezept ist mit einer T-Rezeptnummer versehen, die eindeutig dem verschreibenden Arzt zugeordnet ist. Dieser darf nur T-Rezepte ausstellen, wenn er im T-
Register aufgenommen ist. Ärzte erhalten die nummerierten Vordrucke nach Anforderung vom BfArM. Im Vertretungsfall darf der Vertretungsarzt nicht die Rezeptvordrucke seines Kollegen benutzen. Er besitzt eigene, wenn er im T-Register aufgenommen ist. Andernfalls darf er diese Medikamente nicht verschreiben.


Ein Nachtragen der drei Kreuzzeichen in der 
Apotheke ist nicht erlaubt

Prüfpflicht liegt bei der Apotheke T-Rezepte sind wie auch andere Verschreibungen in der Apotheke auf erkennbare Irrtümer hin zu überprüfen. Eine Abgabe des Arzneimittels ist nur dann erlaubt, wenn alle Unklarheiten durch Rücksprache mit dem verschreibenden Arzt beseitigt sind. Zu Verrechnungs- und Auswertungszwecken sind in den üblichen Feldern das Abgabedatum in der Apotheke, die Pharmazentralnummer, der Faktor, also die Anzahl der Packungen und die Apotheken-Nummer anzugeben. Die verordnete Menge des Arzneimittels darf für Frauen im gebärfähigen Alter einen 
Bedarf von vier Wochen nicht überschreiten. In dieser Zeit muss eine Schwangerschaft ausgeschlossen werden und durch einen Schwangerschaftstest der Nachweis erbracht werden. Bei allen anderen Patienten liegt die zulässige Höchstmenge bei einem Therapiezeitraum von zwölf Wochen.

Vor der Abgabe ist also zu prüfen, ob die Höchstmenge des verordneten Arzneimittels für Frauen im 
gebärfähigen Alter den Bedarf von vier Wochen, ansonsten von zwölf Wochen nicht übersteigt.
Auf dem Rezept befinden sich zusätzliche Felder, von denen der Arzt drei ankreuzen muss – maschinell oder handschriftlich. Kreuzt der Arzt handschriftlich an, sollte er dies mit seiner Unterschrift abzeichnen, damit die Krankenkasse keinen Retaxationsgrund darin sehen kann. Mit den ersten beiden Kreuzen bestätigt er das Einhalten jeglicher Sicherheitsbestimmungen (u. a. Schwangerschafts-Präventionsprogramm) und das Aushändigen des Informationsmaterials an den Patienten (u. a. Aufklärungsbogen und Behandlungsausweis).

Das dritte Kreuz dient der Kennzeichnung der Anwendung in Off-Label oder In-Label. Die Substanzen können aufgrund ihrer antiinflammatorischen, immunmodulatorischen und antiangiogenen Wirkung auch noch bei weiteren, nicht zugelassenen Indikationen angewendet werden.
Da man von Thalidomid und Lenalidomid weiß, dass sie in die Samenflüssigkeit übertreten, sind auch männliche Patienten in das Schwangerschafts-
Präventionsprogramm einbe-
zogen. Zu den Anforderungen zählen unter anderem ein grundlegendes Verständnis der Patienten für die Risiken der Therapie, die Anwendung einer zuverlässigen Verhütungsmethode für die gesamte Dauer der Behandlung und für vier Wochen nach Beendigung der 
Therapie sowie die Durchführung regelmäßiger Schwangerschaftstests.


Dokumentation Für die drei genannten teratogenen Arzneistoffe besteht gemäß § 17 Absatz 6b der Apothekenbetriebs
ordnung eine Dokumentationspflicht in der Apotheke. Beim Erwerb und der Abgabe sind die Bezeichnung des Fertigarzneimittels, die Menge, das Da-
tum sowie Name und Anschrift des Lieferanten, des verschreibenden Arztes und des Ver-
sicherten aufzuzeichnen. Die Dokumentationsunterlagen sind fünf Jahre lang aufzubewahren.
Der Versand dieser Arzneimittel ist übrigens ausdrücklich verboten. Auch das steht ausdrücklich in der Apothekenbetriebsordnung (§17 Absatz 2b). Apotheken dürfen auch keine Rezepte mit diesen Wirkstoffen aus der EU oder einem anderen Land beliefern. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/17 auf Seite 110.

Sabine Breuer, 
Apothekerin/Redaktion

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