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Wieso sind einige belastbarer als andere?

STRESS LASS NACH

Extreme Stresssituationen können bei Betroffenen zu schweren psychischen Störungen führen. Doch bei weitem nicht jeder wird auch krank. Wieso eigentlich?

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Kennen Sie das auch? Situationen, in denen die Belastungen des Lebens, sei es durch ständig steigende berufliche Anforderungen oder private Schicksalsschläge, so schwerwiegend erscheinen, dass man sich ihnen nicht mehr gewachsen fühlt? Dabei können manche Menschen mit extremem Stress scheinbar mühelos umgehen, während andere schier daran zerbrechen. Belastbar sein bedeutet dabei nicht einfach, eine passive Widerstandskraft gegen Stress zu besitzen.

Vielmehr handelt es sich um einen aktiven Anpassungsprozess des Gehirns an äußere Anforderungen: In Stresssituationen generiert der Körper eine hormonelle Antwort durch Aktivierung der „Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse”: Corticotropin-releasing-Hormon aus dem Hypothalamus bedingt die Freisetzung von Adrenocorticotropin (ACTH) aus dem Hypophysenvorderlappen, welches wiederum die Ausschüttung von Kortisol aus der Nebennierenrinde stimuliert. Das Stresshormon Kortisol entfaltet dann eine Vielzahl von Wirkungen auf verschiedenste Organsysteme, die Stressreaktionen des Körpers. Es wirkt zum Beispiel anregend auf das Herz-Kreislauf-System und den Stoffwechsel oder immunsuppressiv.

Im Gehirn bewirkt chronischer Stress in der Amygdala, einer limbischen Struktur, die mit Angstzuständen und Depressionen in Verbindung gebracht wird, erhöhte Aktivität und Synapsenzahl, während verringertes Volumen und Synapsenzahl im Hippocampus und präfrontalen Kortex, welcher die Amygdala kontrollieren könnte, gemessen werden. Diesen Effekten können aber offenbar eine Reihe von Mechanismen entgegenwirken, wie Dehydroepiandrosteron (DHEA), eine Vorstufe der Sexualhormone, die zusammen mit Kortisol ausgeschüttet wird: Höhere DHEA-Level im Blut relativ zu Kortisol korrelieren mit höherer Stresstoleranz. Ebenso scheint der Neurotransmitter Neuropeptid Y stressprotektiv zu wirken.

Auch nicht-hormonelle Mechanismen, wie etwa die Normalisierung der Aktivität von Dopamin-produzierenden Zellen in der Ventralen Tegmentalen Area (VTA) durch veränderte Kaliumkanäle wirken wohl in diese Richtung. Wie gut diese Schutzmechanismen funktionieren, hängt dabei nicht nur von genetischen Dispositionen ab, sondern ist auch trainierbar! Die Faustregel lautet, dass milder Stress diese Mechanismen zu stärken scheint, während zu viel Stress das Gegenteil bewirkt.

Dies gilt besonders während der Entwicklung, teilweise schon im Mutterleib: Durch milden Stress bei gleichzeitiger elterlicher Fürsorge entwickeln sich Kinder, die als Erwachsene besonders widerstandsfähig gegen Stress sein werden; solche, die zu viel Stress ausgesetzt waren, neigen zu Depressionen und Angstneurosen. Fördern durch fordern, ohne zu überfordern, ist die Zauberformel. Übrigens: Frauen scheinen grundsätzlich besser mit langandauernden Stresssituationen umgehen zu können, Männer eher mit akutem Stress – aber das kennen Sie ja vielleicht auch …

ZUR PERSON

Prof. Dr. Holger Schulze
Hirnforscher
Holger.Schulze@uk-erlangen.de

Prof. Dr. Schulze ist Leiter des Forschungslabors der HNO-Klinik der Universität Erlangen-Nürnberg
sowie auswärtiges wissenschaftliches Mitglied des Leibniz-Instituts für Neurobiologie in Magdeburg.
Seine Untersuchungen zielen auf ein Verständnis der Neurobiologie des Lernens und Hörens.
www.schulze-holger.de

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 02/13 auf Seite 12.

 


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