Sterbehilfe ist rechtlich und ethisch umstritten. Es ist ein Abwägen zwischen Lebensschutz und Selbstbestimmung. © felipe caparros cruz/ 123rf.com

Selbsttötung | Betäubungsmittel

STERBEHILFE: BEHÖRDE GEGEN VERFASSUNGSGERICHT

Muss das Bundesinstitut für Arzneimittelsicherheit und Medizinprodukte (BfArM) einem sterbenskranken Menschen auf Verlangen die tödliche Dosis eines Betäubungsmittels ausliefern? Ja, meinte das Bundesverwaltungsgericht im März letzten Jahres. Nein, sagt das BfArM.

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Denn mittlerweile seien 83 solcher Anträge bei der Bundesbehörde eingegangen – die die Auffassung vertritt, dass diese Entscheidung nicht zu ihren Kompetenzen gehöre. „Es kann nicht sein, dass Verwaltungsbeamte über die Vergabe von Tötungsmitteln an Suizidwillige entscheiden“, meinte dazu Eugen Brysch, Vorstand der Stiftung Patientenschutz und forderte die Bundesregierung auf, eine Entscheidung darüber in Karlsruhe beim Bundesverfassungsgericht zu suchen.

Im Bemühen, seine verfassungsrechtlichen Bedenken ein für allemal zu klären, beauftragte das BfArM den Verfassungsrechtler Udo diFabio, inwieweit ein Bundesinstitut verpflichtet werden kann, einem Sterbewilligen die tödlichen Mittel zu verschaffen oder ihm den Zugang zu ermöglichen.

Hintergrund ist eine Klage einer Frau aus Braunschweig. Sie hatte 2004 bei der BfArM die Erlaubnis beantragt, eine tödliche Dosis des Betäubungsmittels Natrium-Pentobarbital zu erwerben. Seit einem Unfall war sie querschnittsgelähmt, litt unter schmerzhaften Krämpfen und wurde künstlich beatmet. Die Behörde lehnte damals ihren Antrag ab; die 53-jährige Frau nahm sich ein Jahr später in der Schweiz das Leben. Der Ehemann klagte sich im Namen seiner Frau durch alle Instanzen, was zu einer Entscheidung des Deutschen Bundestages im November 2015 führte, der eine „geschäftsmäßige und auf Wiederholung angelegte“ Sterbehilfe in Deutschland verbot. Schon damals wurden Zweifel laut, ob der Begriff „geschäftsmäßig“ juristisch eindeutig sei. Kritiker hatten dabei vor der Kriminalisierung von Ärzten, die etwa in der Sterbebegleitung tätig sind und einer Einschränkung des Selbstbestimmungsrechtes der Betroffenen gewarnt. Jedoch: Suizidversuche und Beihilfe von Suizid im Einzelfall sind nicht strafbar. Und es ist ebenfalls erlaubt, ein Mittel zur Selbsttötung bereitzustellen, das der Betroffenen dann selbst einnimmt – so lange es nicht gewerbsmäßig geschieht.

Daraufhin verfügte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig 2017, dass Schwerstkranke in Extremfällen ein Recht darauf haben, eine tödliche Dosis Natrium-Pentobarbital durch die BfArM zu beziehen.

Die Behörde weigert sich standhaft. Udo diFabio soll nun klären, inwieweit ein Bundesinstitut zur Beschaffung verpflichtet werden kann.

Alexandra Regner,
PTA/Redaktion

Quelle: Pharmazeutische Zeitung
    Frankfurter Rundschau

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