Ernährung als Medizin
STABILES GERÜST
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Durch Belastung, Durchblutung und Mineralisierung befinden sich gesunde Knochen in einem permanenten Umbauprozess. Dadurch sind sie sogar stärker als Beton und Granit. Mit etwa 45 Jahren beginnt aber der natürliche Abbauprozess, bei dem jedes Jahr 0,5 bis 1 Prozent Knochenmasse schwinden.
Ein ungesunder Lebensstil reduziert jedoch schon ab einem Alter von 35 Jahren die Knochenmasse und verschlechtert die knöchernen Mikroarchitektur: Osteoporose ist die Folge. Mittlerweile sind etwa acht Millionen Deutsche davon betroffen. Schon leichte Stürze können bei einer geringen Knochendichte zu Brüchen am Oberschenkelhals, Hüfte und Co. führen.
Das A und O: Vermeidung von Risikofaktoren Zur Vorbeugung einer Osteoporose sollte die Knochenmasse schon in jungen Jahren optimiert werde. Ein wichtiger Schritt dabei ist die Reduzierung von Risikofaktoren – folgende zählen dazu:
- Bewegungsmangel Ein inaktiver Lebensstil beschleunigt den Knochenschwund im Alter, denn: Die fehlende „Belastung” der Knochensubstanz führt auch zu einer mangelnden Aktivierung der Osteoblasten .
- Rauchen Der „blaue Dunst” soll das Osteoporoserisiko sogar verdoppeln. Nikotin verengt die Blutgefäße, sodass die Knochen nicht mehr optimal mit schützenden Vitalstoffen versorgt werden. Darüber hinaus fördert Nikotin den Abbau vom knochenschützenden Estrogen.
- Übermäßiger Alkoholgenuss Bei regelmäßigem und reichlichem Konsum hemmt Alkohol den Aufbau der Knochensubstanz über die Osteoblasten und fördert die Kalziumausscheidung über die Nieren.
- Phosphate befinden sich vor allem in Schmelzkäse, Wurstwaren, koffeinhaltigen Getränken wie Cola sowie in Fertigprodukten (als Konservierungsstoffe E 338 bis 341 sowie E 450 bis 452). Ein übermäßiger Verzehr dieser Lebensmittel verringert den Kalziumgehalt im Blut.
- Kochsalz Natriumchlorid erhöht dosisabhängig die Kalziumverluste über die Niere. Die Kochsalzaufnahme sollte auf fünf bis sechs Gramm g pro Tag eingeschränkt werden, indem salzreiche Lebensmittel wie gepökelte, geräucherte Fleischerzeugnisse, gesalzene Nüsse oder Salzgebäck stark reduziert werden.
- Crash-Diäten, Fasten und Essstörungen Übermäßige Diäten und Essstörungen wie Bulimie (Ess-Brech-Sucht) und Anorexia Nervosa (Magersucht) schaden auch den Knochen, weil der Körper im „Hungerstoffwechsel” übersäuert. Das muss der Körper wieder mit Kalzium abpuffern. Darüber hinaus werden dem Körper durch die starke Kalorienreduktion wichtige Nährstoffe vorenthalten. Neuere Studien belegen zudem: Bei Frauen mit Untergewicht (BMI < 18,5) ist das Risiko für Knochenbrüche doppelt so hoch wie bei normalgewichtigen Frauen.
„Spezialfutter” Knochen als lebendes Gewebe benötigt Nährstoffe. Sie tragen aktiv zum Erhalt der Substanz bei. Wer seinen Speiseplan ausgewogen und clever zusammenstellt, der kann der Osteoporose massiv gegensteuern. Das richtige Maß an Kalorien und die Zufuhr an „knochenstarken” Mikronährstoffen sind neben ausreichender Bewegung die wichtigste Basis. Besondere Aufmerksamkeit sollte dabei dem Mineralstoff Kalzium und den fettlöslichen Vitaminen D und K geschenkt werden.
Stärkende Kalziumquellen vielfältig nutzenDer Mineralstoff fördert die Knochensubstanz, ist somit ein wichtiger Stützfaktor für die Festigkeit der Knochen und senkt dadurch auch die Sturzrate. Meist nehmen Erwachsene aber weniger als 600 Milligramm Kalzium pro Tag zu sich, obwohl die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) 1000 bis 1200 Milligramm empfiehlt. Für postmenopausale Frauen mit Knochenschwund hält die Deutsche Gesellschaft für Osteologie sogar eine Tagesdosis von 1500 Milligramm für optimal.
Milch und Milchprodukte Jogurt, Quark und Käse wie Parmesan, Emmentaler und Bergkäse sind gute Kalziumlieferanten – vorzugsweise die fettarmen Varianten. Wer keine Laktose verträgt, der hat kann sowohl auf milchzuckerfreie Varianten umsteigen und auch pflanzliche Quellen wie Grünkohl, Petersilie, Fenchel, Brokkoli, Sojabohnen und Nüsse nutzen. 1,5 bis 2 Liter kalziumreiche Mineral- oder Heilwässer (mindestens 150 Milligramm pro Liter) und angereicherte Fruchtsäfte liefern ebenso einen wesentlichen Beitrag für die Osteoporoseprophylaxe und Therapie.
FÜR PATIENTEN
Mit zahlreichen örtlichen Selbsthilfegruppen und einer bundesweit organisierten Lobbyarbeit ist der Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose ein gefragter Ansprechpartner für die von der Krankheit Betroffenen, aber auch für behandelnde Ärzte, Therapeuten und Wissenschaftler. Kontakt: Bundesselbsthilfeverband für Osteoporose e.V., Kirchfeldstraße 149, 40215 Düsseldorf,
Telefon 02 11/30 13 14-0, Telefax 02 11/30 13 14-10, E-Mail: Info@Osteoporose-Deutschland.de.
Wer die Kalziumeinheiten gleichmäßig und in kleinen Dosierungen über den Tag verteilt, der nutzt den Mineralstoff am effektivsten. Als Spätmahlzeit beziehungsweise Schlummertrunk reduziert es den Knochenabbauprozess in der Nacht.
Vitamin D3 – der perfekte Partner Erst in der Gemeinschaft mit dem „Sonnenvitamin” D ist Kalzium richtig stark. Das fettlösliche Vitamin fördert dessen Resorption aus dem Darm, aktiviert die Osteoblasten, was eine verstärkte Einlagerung des Kalziums in die Knochen zur Folge hat. Durch die Verbesserung der Muskelfunktionen und Reflexe senkt es zudem das Sturzrisiko. Der tägliche Vitamin-D-Bedarf liegt für Erwachsene bei 800 bis 1000 Internationale Einheiten (I.E.) pro Tag (20 bis 25 Mikrogramm). Osteoporosepatienten sollen sogar 2000 I.E. pro Tag (50 Mikrogramm) zu sich nehmen.
»Bei Frauen mit Untergewicht ist das Risiko für Knochenbrüche doppelt so hoch wie bei normalgewichtigen Frauen.«
Lediglich 20 Prozent davon können über Nahrungsmittel gedeckt werden. Das nutritive Vorkommen ist dabei stark limitiert: Fettreicher Seefisch wie Hering, Makrele, Lachs, Thunfisch sowie Milch, Butter, Eier und Pilze zählen zu den wichtigen Vitamin-D-Quellen. Der Rest produziert die menschliche Haut unter Einfluss von UV-Strahlung. In den Sommermonaten genügt eine Bestrahlung von etwa 20 Minuten auf Gesicht, Händen und Armen, um ausreichend Vitamin D zu bilden.
In den dunklen Wintermonaten reicht die körpereigene Synthese jedoch nicht aus. Dann ist eine Supplementierung empfehlenswert. Osteoporosebetroffene sollten ohnehin Kalzium plus Vitamin D ergänzen. In organisch gebundener Form (z. B. als Gluconat, Acetat oder Citrat) verwertet der Körper das Kalzium dabei am besten.
Weitere knochenaktive Mikronährstoffe Auch ein Vitamin-K-Mangel hat Einfluss auf die Knochenfestigkeit: Ein Mangel – vor allem nach der Menopause – kann das Risiko für Oberschenkelhalsbrüche sogar bis zu 30 Prozent erhöhen. Das fettlösliche Vitamin wird für die Produktion von Osteocalcin benötigt, welches die Knochenstruktur festigt. Kohlgemüse (z. B. Grünkohl), Blattgemüse und Kopfsalat bieten gute Quellen für Vitamin K. Die Steigerung des Vitamin-B-Trios Folsäure, Vitamin B6 und B12 kann ebenso zur Osteoporoseprophylaxe beitragen. Sie sind unerlässlich zum Abbau des giftigen Aminosäureabbauproduktes Homocystein. Eben diese stört die Vernetzung der Bindegewebsfasern in den Knochen.
Darüber hinaus kräftigen Vitamin C, Magnesium, Zink, Mangan und Kupfer die Knochensubstanz und das umliegende Bindegewebe. So gilt es, den Körper auch mit diesen knochenaktiven Mikronährstoffen ausreichend zu versorgen. Wer dies aus bestimmten Gründen nicht schafft, der sollte auf ein komplexeres Präparat zur Nahrungsergänzung umsteigen.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/13 ab Seite 84.
Andrea Pütz, Dipl. Oecotrophologin