PKA-Fortbildung 03 - 04/2015
SOCIAL MEDIA
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Gleich, was man persönlich vom vermeintlichen Hype um „das Internet“, „Vernetzung“, „Social Media“ hält: Jeder Unternehmer muss seine Kunden in dessen „Welt“ erreichen. Verändern sich die Rahmenbedingungen, muss man sich darauf einstellen, will man weiter erfolgreich sein. Und immer mehr Menschen sind virtuell unterwegs. Digitalisierung und Entwicklung hin zu einer „Netzwerkökonomie“ sind Megatrends, die das Leben der Menschen und viele Geschäftsmodelle, auch das der „Vor-Ort-Apotheke“, auf den Kopf stellen. Grundlagenwissen und Gedanken über dieses „Marketing im Netz“, bei dem sich organisatorisch auch die PKA einklinken kann, liefert dieser Beitrag.
Digitalisierung verändert Gesundheitsmarkt „Netzwerkökonomie“: Der Begriff deutet an, dass sich zukünftig alles mit allem vernetzen wird. Menschen untereinander und – wie mit einer „digitalen Nabelschnur“ – mit ihren Geräten. Die Grenzen zwischen virtueller und realer Welt verschwimmen zusehends. Gesundheit gehört inzwischen zu den wichtigsten Themen, über die im Internet Informationen gesucht werden. Der mündige Patient wird künftig den Besuch beim Arzt oder in der Apotheke durch einen selbst geleiteten Diagnose- und Therapiefindungsprozess ergänzen, der durch intensive Recherche im Internet und aus dem Austausch mit anderen Betroffenen besteht.
„Social Health Communities“, die den unpersönlichen, undurchschaubaren Online-Medizin-Quellen durch ihre Konzentration auf die Patientenbedürfnisse, die Statements von Betroffenen ein Gesicht verleihen, haben Hochkonjunktur. Der Apothekenkunde tritt dadurch dem Apothekenteam mit einer neuen Gesundheitskompetenz und erstarktem Selbstbewusstsein entgegen. Wer es schafft, diese Veränderungen anzunehmen und als Potenzial und nicht Bedrohung zu begreifen, hat gute Chancen, im Gesundheitsmarkt zu den Gewinnern zu zählen.
Wichtiges „Social-Media“-Thema Der Kunde ist also mehr denn je König und muss an der Stelle seines Kaufprozesses abgeholt werden, an der er sich gerade befindet: auf der Apotheken- Homepage, beim Blättern im Online-Shop, bei den Social Media Social-Media-Plattformen , aber auch bei der Lektüre des aktuellen Apotheken-Flyers oder in der Apotheke vor Ort.
Heutzutage mit der hohen Verbreitung mobiler Endgeräte (Smartphones) kann der Kunde schließlich jederzeit und allerorts in den Kaufentscheidungsprozess einsteigen. Die Apotheke muss dies in ihrem Marketing-Mix berücksichtigen. Marktforscher prognostizieren, dass der Umsatzanteil durch Kunden, die nur das lokale Ladengeschäft aufsuchen, in den nächsten fünf Jahren um etwa 13 Prozent schrumpfen wird! Hier muss die Vor-Ort-Apotheke versuchen gegenzusteuern.
Der richtige Marketing-Mix Dennoch bleiben Flyer und Plakate oder Handzettel für den Vor-Ort-Apotheker nach wie vor unverzichtbare Marketingtools, um regionale Präsenz zu zeigen. Diese effektiv zusammen mit den neuen Medien einzusetzen, also „Multi-Channel-Marketing“ zu betreiben, ist die Kunst der Gegenwart. Die „Multi-Channel-Strategie“, also die Kombination aus stationärer Offizin und digitalem Serviceangebot einer Apotheke, die je nach Kundenstruktur und genauer Analyse des individuellen Geschäftsmodells mit weiteren Elementen aus der weiten Welt der Netzwerkökonomie kombiniert werden kann (Online-Shops, Apotheken-Apps, virtuelle Sichtwahl etc.), entwickelt sich zum Goldstandard.
„Multi-Channel-Marketing“, auf deutsch Multikanalstrategie, ist auch der strategische Ansatz, den der Lebensmittelhandel und viele Dienstleister mittlerweile schon intensiv praktizieren, um alle potenziellen Konsumenten auf mehreren verschiedenen Kommunikationskanälen zu erreichen. Konsequent werden hier die unterschiedlichen existierenden Werbe-, Kommunikations- und Vertriebskanäle genutzt. Untersuchungen zeigen: „Multi-Channel-Marketing“ mehrt die Chancen tatsächlich, alle relevanten Zielgruppen zu erreichen und neue beizeiten an die Apotheke zu binden – auch die „Digital Natives“, die nach 1980 ins digitale Zeitalter Hineingeborenen.
Social-Media-Plattformen nutzen Die von den Kunden als VIP gewünschte zielgerichtete persönliche Betreuung auch im Internet sicherzustellen – dafür steht als ein wichtiger Baustein die Nutzung von Social-Media-Plattformen. Bei diesen virtuellen Marktplätzen mit direkter Ansprache von (potenziellen) Kunden handelt es sich – vereinfacht ausgedrückt – quasi um den verlängerten Arm des Apotheken- Schaufensters, in dem auch dort alle Sonderaktionen, Aktivitäten, Neuigkeiten der Apotheke publiziert werden.
Zu solchen denkbaren Botschaften gehört etwa die Ankündigung von Aktionsprogrammen (Beispiel: Wir planen eine Aktionswoche: „Fit im Alter“) samt Berichten über die Durchführung – möglichst tagesaktuell. Teilweise genügen auch einfache Hinweise wie „Gestern waren 50 Leute zum kostenlosen Blutdruckmessen bei uns“, „Zum Fitnessausschank kamen 100 Kunden“, „Kommt doch heute noch einmal vorbei, wer es gestern nicht geschafft hat“, „Das sagen befragte Kunden dazu…“. Solche Hinweise empfinden viele Besucher der virtuellen Marktplätze als Mehrwert.
Auch die Neugier der Kunden zu bedienen lohnt sich – und sei es, dass diese konkret etwas über einzelne Apothekenmitarbeiter erfahren. Als Beispiele: „Frau A. hat ihre Kenntnisse im Bereich Diabetes vertieft bei einem Wochenend-Seminar in Frankfurt“, „Herr B. ist spezialisiert auf Ernährungsberatung“, „Frau C. gibt heute ein Konzert mit dem Kirchenchor“. Zudem ist es beispielsweise gut möglich, die Apotheke oder bestimmte Mitarbeiter als Experten auf einem ganz speziellen Gebiet in Gesundheitsfragen zu positionieren. Möglich ist beispielsweise das Angebot eines Experten-Chats zu speziellen Gesundheitsthemen.
Es lässt sich dadurch viel leichter als nur vor Ort in der Apotheke via Mundpropaganda oder vergleichsweise teure Print-Medien-Verbreitung und vor allem sogar überregional ein Ruf als kompetenter Ansprechpartner für dieses Spezialgebiet aufbauen. Ein guter Social-Media-Auftritt kann hier eine wahre Empfehlungswelle hervorrufen. Grundgedanke hinter allem: Positiv auffallen! Selbst Unterhaltsames ohne Apothekenbezug kann „gepostet“ werden. Je größer die Konkurrenz am Ort und je eher die eigene Beratungs- und Serviceleistung gegen eine andere ausgetauscht werden kann, desto wichtiger ist es, eine „individuelle Welt“ rund um Produkte und Services anzubieten.
Social = Beziehungsmanagement Wichtig ist dabei, nach Möglichkeit eine Interaktion mit den Kunden herzustellen. Aus Information und Werbung sollte, ja muss ein Dialog mit den Kunden werden, indem diese Neuigkeiten bewerten, Inhalte abonnieren. Die gewünschte Interaktion mit den Kunden zu erhalten, ist allerdings alles andere als einfach. Laut Jake McKee, Co-Autor von „Social Media Marketing – The Next Generation of Business Engagement“ sind und bleiben 90 von 100 Personen lediglich inaktive Zuhörer/Zuschauer des Online-Geschehens. Nur 9 von 100 Personen kommentieren das, was sie sehen oder lesen, etwa mithilfe des von Facebook & Co. bereitgestellten Buttons „Gefällt mir“ (Liken), nur einer von 100 wird wirklich selbst aktiv und erstellt auch eigene Beiträge.
Diese Zahlen verdeutlichen, wie schwierig es tatsächlich ist, mit den Internetbesuchern in einen aktiven Dialog zu treten. Ausdauer, Disziplin, Beharrlichkeit in der Apotheken-Präsentation mit immer wieder neuen Inhaltsangeboten ist also notwendig. Gerne wird ein Gewinn- oder Tippspiel im Internet als möglicher Einstieg angewandt. Um eine „Fangemeinde” aufzubauen, muss zudem die Möglichkeit hierzu „offline“ überall propagiert werden: im Schaufenster („Wir sind für Sie jetzt auch bei Facebook etc. präsent!”), allen Handzetteln und Flyern sowie Print-Anzeigen.
Hat die Apotheke es allerdings tatsächlich geschafft eine Community, also eine bestimmte Anzahl Menschen, die regelmäßig auf diesen Verbreitungskanal zugreifen, hinter sich zu sammeln, dann kann dies in einem zweiten Schritt auch zur Fort-/Weiterentwicklung der Apotheke genutzt werden. Etwa, indem gefragt wird, welche Gesundheitsthemen diese besonders interessieren – was auch für die Aktions-Jahresplanung nützlich sein kann. Im Hinterkopf gilt es dabei immer zu bedenken: Primärziel ist es, die Bekanntheit zu steigern. Darüber dann den Umsatz zu steigern, ist erst einmal Sekundärziel.
An der Umsetzung hapert es häufig! Letztlich kann „Social-Media-Marketing“ zwar mit geringeren Kosten als bei klassischen Marketingmaßnahmen realisiert werden, es ist allerdings vergleichsweise zeitintensiv. Überfordert sind viele Apotheken damit, das Social-Media-Angebot tatsächlich immer aktuell und informativ zu halten. Zudem muss gerade im Apothekenmarkt ein entsprechendes Angebot allen rechtlichen Anforderungen genügen. Auch das Thema Datenschutz ist hierbei nicht aus den Augen zu verlieren. Dies ist eine aufwändige Angelegenheit. Das neben dem schon fordernden Apothekenalltag vor Ort in der Offizin noch zusätzlich zu schaffen, ist schwer.
Gerade für junge, Internet- und Social-Media-affine PKA wäre dies aber eine Möglichkeit, sich zusätzlich einzubringen – und die Apothekenleitung zu entlasten. Dies ist ganz unabhängig davon, dass die Apothekenleitung womöglich beschließt, sich professionelle externe Hilfe in Form einer Marketingagentur hierfür zu engagieren oder/ und den seit Ende August 2014 existierenden, kostenlosen Posting-Service der ABDA – Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (www.apothekenkampagne.de/postingservice) zu nutzen. Denn die Koordination möglicher neuer Inhalte, deren Individualisierung, also der Zuschnitt auf die individuellen Apothekenverhältnisse und -ziele ist wichtig – ganz abgesehen von der zeitnahen Reaktion auf mögliche Community-Inputs.
Letzter Tipp an dieser Stelle deshalb: Es ist durchaus ratsam, sich Apotheken, die sich im Internet schon gut etabliert haben, mit deren Dienstleistungen und Angeboten als Referenz anzusehen.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 03/15 ab Seite 64.
Dr. Eva-Maria Stoya, Apothekerin / Journalistin