Cortisol ist ein körpereigener Gegenspieler des Insulins. Zuviel davon kann Diabetes verursachen. © Noppawan Laisuan / iStock / Getty Images Plus

Fachtagung | Diabetesursachen

SELTENE ERKRANKUNGEN SCHULD AN DIABETES?

Ein Diabetes wird anhand eines erhöhten Langzeitblutzuckerwertes diagnostiziert – doch woher kommt der? Zwei Fachgesellschaften fordern, die Blickrichtung auch auf zwei Hormonerkrankungen zu richten.

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„Insulin ist das einzige Hormon, das den Blutzuckerspiegel senkt. Für die Diagnose eines Diabetes und eine optimale Behandlung müssen wir immer auch die Gegenspieler im Blick haben, also die Hormone, die für mehr verfügbaren Blutzucker sorgen“, sagt Professor Dr. Matthias Weber, Leiter der Endokrinologie der Universitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität Mainz und Mediensprecher der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie (DGE). Häufig wird aufgrund der zu hohen Blutzuckerwerte erst einmal „nur“ Diabetes diagnostiziert. Eine Hormonuntersuchung kann hier jedoch Klarheit bringen: Wird dabei beispielsweise ein Überschuss des Steroidhormons Cortisol festgestellt, kann ein Cushing-Syndrom dahinter liegen. Von der seltenen Hormonerkrankung sind in Deutschland rund 3000 Menschen betroffen, meist ist ein gutartiger, hormonproduzierender Knoten an der Hirnanhangdrüse die Ursache. Diesen kann man gut operativ entfernen oder medikamentös behandeln – in diesem Fall kann also der Diabetes durch eine Operation geheilt werden.

Über Cortisol ist bekannt, dass es als „Stresshormon“ in die Blutbahn ausgeschüttet wird, damit dem Organismus schnell mehr Glukose zur Verfügung steht. Insofern ist es ein Gegenspieler des Insulins und schwächt dessen Wirkung in den Zellen ab. Mit dem Effekt, dass bei Cortisolüberschuss – wie er eben auch durch das Cushing-Syndrom entsteht – eine Insulinresistenz entstehen kann.

Anders sieht eine Therapie aus, wenn der Cortisolüberschuss durch Medikamente bedingt ist. Muss ein Patient beispielsweise wegen einer entzündlichen, autoimmunen oder rheumatischen Erkrankung Cortison in hohen Dosen einnehmen, kann das Auswirkungen auf den Blutzuckerspiegel haben. Zu den Nebenwirkungen von Cortison gehört eine deutliche Verschlechterung der Blutzucker-Stoffwechsellage, es muss also Nutzen und Risiko des Medikamentes abgewogen werden. „Wenn Cortison als Medikament alternativlos ist, muss der Blutzuckeranstieg mit einem Diabetesmedikament oder Insulin reguliert werden“, merkt der Diabetologe Professor Dr. Baptist Gallwitz vom Universitätsklinikum Tübingen an.

Bei Tumoren der Hirnanhangdrüse gibt es auch solche, die dazu führen, dass vermehrt Wachstumshormone ausgeschüttet werden – mit dem Resultat einer Akromegalie (Riesenwuchs). Bei Kindern kommt es zu schnellem Wachstum und einer hohen Körpergröße, bei Erwachsenen beispielsweise zu einer vergrößerten Nase und überdimensionierten Händen und Füßen. Akromegalie schädigt auch innere Organe und kann zu Herzerkrankungen und Diabetes führen. Wenn der Tumor früh erkannt wird, sind die Heilungschancen sehr gut: 80 Prozent der Akromegalie-Patienten können durch die Entfernung des Tumors von ihren Beschwerden geheilt werden.

Alexandra Regner,
PTA/Redaktion

Quelle: Informationsdienst Wissenschaft

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