© Chinnapong / iStock / Getty Images
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Krebserkrankungen

SCHLEICHENDER KILLER

Eierstockkrebs hat die schlechteste Prognose der gynäkologischen Krebserkrankungen. Er wächst schnell und aggressiv und wird in den meisten Fällen erst erkannt, wenn es für eine Heilung leider schon zu spät ist.

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Nach dem Brustkrebs ist der Eierstockkrebs (Ovarialkarzinom) die zweithäufigste Krebserkrankung der weiblichen Geschlechtsorgane. In etwa 90 Prozent der Fälle handelt es sich um Adenokarzinome, die aus entarteten Zellen des Eierstock-Epithels entstehen. Sehr selten entwickelt sich der Krebs aus Keimzellen oder Zellen des Keimstrangstromas. 2016 erkrankten in Deutschland 7350 Frauen an Eierstockkrebs, 5486 verstarben. Diese hohe Todesrate erklärt sich durch zwei Dinge: Zum einen ist Eierstockkrebs ein sehr aggressiver Krebs, der früh streut. Zum anderen verursacht er meist erst dann Beschwerden, wenn er bereits in das Bauchfell hineingewachsen ist.

Hormonstopp erhöht Krebsrisiko Die Eierstöcke bilden zusammen mit den Eileitern, der Gebärmutter und der Vagina die inneren Geschlechtsorgane der Frau, die im kleinen Becken zwischen Harnblase und Darm liegen. Die Eierstöcke enthalten die Eizellen, von denen jeden Monat eine in einen der Eileiter „springt“. Darüber hinaus produzieren sie zyklusregulierende Hormone, allen voran das Estrogen. Diese Hormonproduktion wird mit der Menopause eingestellt, womit auch das Risiko steigt, an einem Eierstockkrebs zu erkranken. Das Ovarialkarzinom ist daher vornehmlich ein Krebs des Alters. Bei einem mittleren Erkrankungsalter von etwa 70 Jahren steigt das Risiko bis zum 85. Lebensjahr kontinuierlich weiter an. Eine Tumorbildung vor den Wechseljahren ist hingegen extrem selten.

Mütter seltener betroffen Für Eierstockkrebs gibt es bestimmte Risikofaktoren. Da er auch hormonell beeinflusst ist, gelten die Einnahme der Pille, Schwangerschaften und Stillzeiten als risikomindernd, genau wie das späte Einsetzen der ersten und das frühe Auftreten der letzten Regelblutung. Kinderlosigkeit und Unfruchtbarkeit hingegen gelten als risikosteigernd. Darüber hinaus scheint Adipositas eine Rolle zu spielen, denn Bauchfett produziert ebenfalls Hormone, die Eierstockkrebs begünstigen können. Eine familiäre Veranlagung kann ebenfalls ein Risikofaktor sein. Bei Frauen, die Mutationen in den Genen BRCA-1 und BRCA-2 aufweisen oder Verwandte ersten Grades mit Brust- oder Eierstockkrebs haben, besteht ein erhöhtes Risiko für ein Ovarialkarzinom. Zudem gibt es Hinweise, dass schädliche Umwelteinflüsse und ungesunde Ernährung das Risiko erhöhen.

Kaum Symptome Weil sich die Eierstöcke während des Zyklus hinsichtlich Größe und auch Lage deutlich verändern, haben sie relativ viel Platz im inneren Becken. Dies ist eine der Ursachen, warum Eierstockkrebs erst so spät entdeckt wird, denn es dauert lange, bis die Tumoren groß genug sind, um mechanischen Druck auf das umliegende Gewebe auszuüben. Wenn Symptome auftreten, sind sie zudem eher unspezifisch, wie Völlegefühl, Blähungen, Druckempfindlichkeit in der Bauchgegend oder Zunahme des Bauchumfangs. Liegt ein Verdacht vor, wird der Arzt die inneren Geschlechtsorgane abtasten und mittels Ultraschall genauer untersuchen.

Gewissheit, ob und in welchem Stadium ein Eierstockkrebs vorliegt, kann jedoch erst eine Biopsie geben. Hierbei wird verdächtiges Gewebe, nachdem der Bauch chirurgisch eröffnet wurde, direkt histologisch untersucht. So kann man gutartige Zysten, die gerade bei jungen Frauen häufig vorkommen, von bösartigen Tumoren unterscheiden und erhält zudem Informationen über die Aggressivität und die Ausdehnung einer Geschwulst im Bauchraum. Hierdurch wird nun das weitere Vorgehen während der Operation bestimmt, das heißt mit der Biopsie beginnt sofort die Therapie – ein großer Unterschied zu anderen Krebsarten. Für die Betroffenen ist das jedoch sehr belastend, denn sie wissen letztlich nicht, was sie erwartet und welches Ausmaß der Eingriff haben wird.

Meist Totaloperation nötig Bestätigt sich unter der Biopsie der Verdacht auf Eierstockkrebs, werden die befallenen Eierstöcke, die Eileiter und die Gebärmutter sowie das Bauchnetz und bestimmte Lymphknoten entfernt. Je vollständiger hierbei fortgeschrittene Tumorherde entfernt werden können, desto besser die Prognose der Patientin. Nur, wenn das Tumorgewebe sehr deutlich auf einen Eierstock begrenzt ist, kann von dieser umfangreichen Operation abgewichen werden. Weitere Untersuchungen wie Laborwerte und bildgebende Verfahren geben darüber Auskunft, wie weit sich der Krebs noch im Körper ausgebreitet hat. Danach richtet sich die weitere Therapie. Eierstockkrebs wird mithilfe der FIGO-Klassifikation in vier Stadien eingeteilt:

FIGO I: Der Krebs ist auf das Eierstockgewebe begrenzt
FIGO II: Der Tumor ist bereits in benachbartes Beckengewebe hineingewachsen
FIGO III: Der Krebs hat bereits ins Bauchfell oder in die Lymphbahnen gestreut
FIGO IV: Das Tumorgewebe hat die Bauchhöhle durchbrochen, es gibt Fernmetastasen

Die meisten Ovarialkarzinome werden erst in den fortgeschrittenen Stadien III oder IV erkannt. Bei Stadium I und II ist eine Heilung durch eine Operation sowie eine fast immer indizierte anschließende Chemotherapie möglich. Standard ist hier die Kombination aus Carboplatin und Paclitaxel. In fortgeschrittenen Stadien kann sie mit dem Antikörper Bevacizumab kombiniert werden, der gezielt die Gefäßbildung des Tumors blockiert. Hat der Krebs bereits gestreut, ist keine Heilung mehr möglich, man kann jedoch versuchen, den Krankheitsverlauf durch weitere Operationen und medikamentöse Therapien zu verzögern.

Keine Früherkennung möglich Ab dem 20. Lebensjahr bezahlt die Krankenkasse einmal im Jahr eine Abtastuntersuchung. Als Früherkennungsmaßnahme bieten viele Frauenärzte zusätzlich Ultraschalluntersuchungen als individuelle Gesundheitsleistung an. Der IGeL-Monitor bewertet diese Untersuchungen jedoch als negativ. Studien haben gezeigt, dass trotz Ultraschall-Screening genauso viele Frauen an Eierstockkrebs sterben wie ohne diese Untersuchung. Hinzu kommt die unnötige psychische Belastung nach einem falsch-positiven Verdacht.

Daher werden gegenwärtig keinerlei Früherkennungsmaßnahmen empfohlen. Bei Frauen mit genetischer Prädisposition und großer Angst zu erkranken, kann über eine Präventivoperation nachgedacht werden, bei der beide Eierstöcke entfernt werden. Seit einiger Zeit gibt es immer wieder Schlagzeilen über Bluttests, die auch Eierstockkrebs mit großer Wahrscheinlichkeit frühzeitig erkennen sollen. Diese Tests haben sich jedoch bis jetzt bei genauer Betrachtung als wissenschaftlich nicht fundiert erwiesen.

Wie kann Frau sich schützen Einen wirklichen Schutz gegen die Erkrankung gibt es nicht. Man kann jedoch darauf bedacht sein, sie möglichst frühzeitig zu erkennen, so dass eine Heilung möglich ist. Wer also zur Risikogruppe gehört, über 50 ist und längere Zeit über unspezifische Symptome im Bereich des Bauchraums klagt und zudem vielleicht noch einen verstärkten Druck verspürt, die Blase entleeren zu müssen, der sollte einen Verdacht auf Eierstockkrebs abklären lassen. Ein regelmäßiger Besuch beim Frauenarzt kann ebenfalls dazu beitragen, einen eventuell vorliegenden Krebs frühzeitig zu erkennen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 02/2020 ab Seite 98.

Dr. Holger. Stumpf, Medizinjournalist

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