Politik
RÜCK- UND AUSBLICK – TEIL 1
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Zu Beginn des letzten Jahres trat das GKV-Versorgungsstrukturgesetz in Kraft, das die Versorgungssituation von Patienten verbessern soll. So wurde zum Beispiel den Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt, ihren Versicherten künftig die Erstattung rezeptfreier Arzneimittel als Satzungsleistung anzubieten.
Die Techniker Krankenkasse machte umgehend von der neuen Möglichkeit Gebrauch und übernimmt seit dem 1. Januar 2012 die Kosten für apothekenpflichtige Arzneimittel der besonderen Therapierichtungen der Anthroposophie, Homöopathie und Phytotherapie bis zu 100 Euro pro Versichertem pro Jahr. Voraussetzung für die Erstattung ist die Vorlage eines entsprechenden Privatrezepts oder Grünen Rezepts. Die AOK plus übernimmt die Kosten aller rezeptfreien Medikamente für Jugendliche bis 18 Jahren.
Verschreibungsverordnung Mit der zwölften Änderungsverordnung wurden vor allem Empfehlungen des Sachverständigenausschusses für Verschreibungspflicht zum 1. Juli 2012 umgesetzt. Dies betraf insbesondere die ausnahmslose Unterstellung von Ketoprofen unter die Verschreibungspflicht und die Erhöhung der rezeptfrei erhältlichen Menge je abgeteilter Arzneiform für Nikotin von 10 auf 15 Milligramm.
Obwohl auch im vergangenen Jahr über die Entlassung von Levonorgestrel zur Notfallkontrazeption (Pille danach) diskutiert wurde, bleibt es auf absehbare Zeit in Deutschland bei der Rezeptpflicht. Zudem trat am 1. Januar 2013 die dreizehnte Änderungsverordnung der Arzneimittelverschreibungsverordnung in Kraft.
Von der Verschreibungspflicht ausgenommen wurden Benzydamin zur Anwendung im Mundund Rachenraum, die Kombination von Ibuprofen und Pseudoephedrin in bestimmten Tagesdosen und Wirkstoffmengen sowie Nikotin in bestimmten Dosierungen und Anwendungen. Die in Fachkreisen diskutierte Packungsgrößenbeschränkung rezeptfrei erhältlicher Analgetika mit den Wirkstoffen Acetylsalicylsäure, Diclofenac, Ibuprofen und Naproxen auf eine maximale Anwendungsdauer von vier Tagen fand (noch) nicht Eingang in die Änderungsverordnung.
Betäubungsmittelrecht Die 26. Verordnung zur Änderung betäubungsmittelrechtlicher Vorschriften trat am 26. Juli 2012 in Kraft. Neben der Aufnahme zahlreicher Stoffe in die Anlagen I und II des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) unterstellt die Änderungsverordnung seit dem 1. Januar 2013 flüssige Tilidinarzneimittel mit schneller Wirkstofffreisetzung den betäubungsmittelrechtlichen Vorschriften. Nur Tilidinpräparate mit verzögerter Wirkstofffreigabe können noch auf Normalrezept verordnet und abgegeben werden.
Daneben wurden in der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung folgende Höchstmengen für die Verordnung festgelegt: Cannabisextrakt 1000 Milligramm, Dexamfetamin 600 Milligramm, Flunitrazepam 30 Milligramm sowieMethylphenidat 2400 Milligramm.
Mit dem Zweiten Gesetz zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften, das auch das BtMG änderte, wurde es Ärzten ermöglicht, in Ausnahmefällen und unter bestimmten Voraussetzungen einem ambulant versorgten Palliativpatienten Betäubungsmittel zu überlassen, sofern die dienstbereite Apotheke sie nicht vorrätig hat beziehungsweise nicht kurzfristig beschaffen kann.
Seit dem ersten Quartal 2013 gibt die Bundesopiumstelle des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) neue BtM-Rezepte heraus. Sie tragen nun eine neunstellige Rezeptnummer, die eine eindeutige Zuordnung zum verschreibenden Arzt ermöglicht. Neu eingefügte Sicherheitsmerkmale sollen die BtM-Rezepte fälschungssicher machen. So kann ihre Echtheit nun in der Apotheke unter UV-A-Licht, wie bei der Geldscheinprüfung, kontrolliert werden; das weitgehend gelbliche BtM-Rezept verändert dann seine Farbe und die schwarz eingedruckte Rezeptnummer erscheint grünlichfluoreszierend. Weitere Informationen zu den Sicherheitsmerkmalen finden sich auf der Homepage des BfArM. Die alten BtM-Rezepte behalten ihre Gültigkeit und dürfen aufgebraucht werden.
ApBetrO Am 12. Juni 2012 trat zudem die (längst überfällige) Novellierung der Apothekenbetriebsordnung nach einem mehrjährigen Diskussionsprozess in Kraft. Im Verfahren setzte der Bundesrat drei Dutzend Änderungen am Verordnungstext durch und verhinderte unter anderem eine Privilegierung von Filialapotheken beim Nachtsowie Notdienst und bei Labortätigkeiten sowie eine Ausweitung des Botendienstes.
Übrig blieben zahlreiche Änderungen, die den Arbeitsalltag in den Apotheken betreffen und vor allem den Dokumentationsaufwand erhöhen. So müssen alle Apotheken nun ein Qualitätsmanagementsystem und einen Hygieneplan haben. Die Beratungspflicht wurde gestärkt, die Anforderungen an die Herstellung von Rezeptur- und Defekturarzneimittel konkretisiert und verschärft. Zum Teil sind auch bauliche Maßnahmen erforderlich, etwa zur vertraulichen Beratung, zur Abtrennung der Rezeptur oder um einen barrierefreien Zugang sicherzustellen.
Dereguliert wurden die Vorschriften zu den wissenschaftlichen Hilfsmitteln, die lange Listen vorzuhaltender Laborgeräte und Reagenzien wurde gänzlich gestrichen. Entrümpelt und fortgeschrieben wurden zudem die Regelungen zur Vorratshaltung und zu den Notfallarzneimitteln.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 01/13 ab Seite 82.
Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium