PMS Und Menstruationsbeschwerden
REINE FRAUENSACHE
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Das Prämenstruelle Syndrom (PMS) ist ein häufiges gynäkologisches Beschwerdebild, von dem viele Frauen in der zweiten Hälfte ihres Hormonzyklus betroffen sind. Stimmungsschwankungen, Unterleibsschmerzen, Wassereinlagerungen und Müdigkeit sind nur einige der Symptome, über die Frauen klagen. Abhängig von der Schwere der Ausprägung sind die Betroffenen in ihrem Alltag und ihrer Lebensqualität stark beeinträchtigt. Besonders komplexe Beschwerden werden auch als prämenstruelle dysphorische Störung bezeichnet. Spätestens wenn die sozialen, privaten und beruflichen Beziehungen dadurch zu sehr belastet sind, ist eine Behandlung angezeigt. Zunächst ist eine ausführliche Anamnese erforderlich, um zu entscheiden, ob nichtmedikamentöse oder medikamentöse Maßnahmen ergriffen werden sollten. Insbesondere in der Apotheke können PTA und Apotheker das Gespräch mit den Frauen suchen, um die verschiedenen Therapieoptionen kompetent anzubieten.
Hormoneller Regelkreis Sexualhormone bestimmen den Zyklus der Frau. Der gesamte Prozess der Follikelreifung, der Ovulation, Nidation oder Abstoßung wird hormonell gesteuert. Fein abgestimmt arbeiten Hypothalamus, Hypophyse, Ovarien und Uterus mit ihren Hormonen zusammen. Über die pulsatile Abgabe des Gonadotropin-Releasinghormons (GRH) aus dem Hypothalamus wird die Freisetzung des Follikelstimulierenden Hormons (FSH) und des Luteinisierenden Hormons (LH) stimuliert. In den Eierstöcken befinden sich von Geburt an etwa 500 000 Eizellen, von denen zur Zeit der Pubertät noch etwa 200 000 vorhanden sind. Pro Eierstock reifen 250 von diesen über die Lebensdauer der Frau bis zur Menopause hin heran. FSH bewirkt die Heranreifung von monatlich etwa 5 bis 15 Follikeln in den Eierstöcken, von denen jedoch meistens nur ein Follikel tatsächlich zur Ovulation kommt. Während der Follikelreifung steigt die Estradiol-Konzentration im Blut. Estradiol fördert die Bildung von FSH-Rezeptoren auf der Follikeloberfläche, deren Stimulation wiederum das Heranreifen der Follikel fördert. Der Follikel, der die meisten FSH-Rezeptoren hat, wird zur späteren Ovulation selektiert. Die erhöhte Estradiol-Konzentration und das vom dominierenden Follikel ausgeschüttete Inhibin stoppen durch eine Art negativer Rückkopplung die Reifung der Begleitfollikel. Positiv stimuliert wird von Estradiol auf der anderen Seite der Anstieg des Luteinisierenden Hormons. Ist die höchste Konzentration des LH erreicht, wird die Ovulation – der Eisprung –ausgelöst. Hierbei platzt die Follikelhülle und die Eizelle wird ausgestoßen. Dies passiert idealerweise in der Mitte des Zyklus um den 14. Tag nach Eintritt der Menstruation. Während nun die Estradiol- wie auch LH- und FSH-Konzentrationen sinken, bildet sich aus der Follikelhülle der Gelbkörper, der Progesteron – das Gelbkörperhormon – ausschüttet. Dieses bereitet die Gebärmutterschleimhaut auf eine mögliche Schwangerschaft vor. Die Proliferation der Schleimhaut sorgt für perfekte Bedingungen für das befruchtete Ei, das sich dann einnistet und optimal mit Nährstoffen versorgt wird. Kommt es zu keiner Befruchtung nach der Ovulation, stirbt die Eizelle ab und die Gebärmutterschleimhaut wird abgestoßen. Dabei ziehen sich unter dem Einfluss von Prostaglandinen die Arterien der Gebärmutter in unregelmäßigen Kontraktionen zusammen und bewirken zunächst eine Minderdurchblutung. Es kommt zur Gewebeschädigung und später zu Blutungen in den Uterus. Dieses Ziehen im Unterleib wird von vielen Frauen als unangenehm bis schmerzhaft empfunden. Als Resultat löst sich das Gewebe von der Gebärmutterwand und fließt zusammen mit der Blutung aus der Scheide ab. Dies ist die sogenannte Periode, Regelblutung oder Menstruation. Im Rahmen eines ganz normalen Zyklus ist das der Zeitpunkt, an dem der eine Zyklus beendet ist und der nächste beginnt. Bei den meisten Frauen dauert die Blutung drei bis fünf Tage. Die drei Phasen des weiblichen Zyklus werden gemäß der periodischen Veränderungen im Endometrium in die Desquamations-Reparationsphase (1. bis 4. Tag), die Proliferationsphase (5. bis 14. Tag) und die Sekretionsphase (15. bis 28. Tag) unterteilt.
Typisch PMS Stimmungsschwankungen und somatische Beschwerden können viele Ursachen haben und sind vielen Erkrankungen zuzuordnen. Um das Prämenstruelle Syndrom klar zu identifizieren, ist ein ausführliches Anamnesegespräch mit der betroffenen Frau notwendig. Ein klarer Indikator für ein PMS ist das wiederkehrende Auftreten der Beschwerden in der zweiten Hälfte des weiblichen Zyklus. Typischerweise beginnen die Symptome nach der Ovulation etwa 10 bis 14 Tage vor der Periodenblutung und verstärken sich, bis sie am ersten bis zweiten Tag der Menstruation wieder abklingen. Wenn die psychischen Probleme spürbar die Beschwerden begleiten, handelt es um die Prämenstruelle Dysphorische Störung (PMDS). Etwa 15 Prozent der Frauen im gebärfähigen Alter leiden darunter, etwa sieben Prozent sind in ihrem Alltag deutlich eingeschränkt. Die Symptome umfassen die körperlichen, die seelischen und die verhaltenspsychologischen Bereiche. Hormonell bedingt, kommt es häufig zu Wassereinlagerung und Ödembildung insbesondere an den Händen, den Beinen, aber auch im Gesicht. Frauen, die anfällig für Kopfschmerzen und Migräne sind, haben in dieser Zyklusphase besonders häufig damit zu tun. Ein Spannungsgefühl in den Brüsten und Unterleibsschmerzen treten ebenfalls als häufige Symptome auf. Dass Frauen von ihrem Umfeld als zickig oder schwierig bezeichnet werden, ist auf die psychischen Symptome zurückzuführen. Viele Frauen leiden unter erhöhter Reizbarkeit, Müdigkeit, Erschöpfung, Stimmungsschwankungen und leichten Depressionen. Klassisch ist außerdem eine Steigerung des Appetits in Form von Heißhungerattacken sowie die besondere Lust auf Süßes oder Kohlenhydrate im Allgemeinen. Frauen berichten immer wieder, dass sie in der Zeit des PMS wenig Lust auf soziale Kontakte haben, dass sie schlechter schlafen und sich schwieriger konzentrieren können. All das sind Aspekte, die im sozialen Alltag mit anderen Menschen im Beruf oder Privatleben zu Spannungen führen können. Allerdings gibt es von Frau zu Frau kein einheitliches Symptommuster, manche Frauen leiden unter einigen wenigen Symptomen – andere unter einem ganzen Strauß von Beschwerden.
Einflussgrößen Klar ist, dass das PMS nicht durch eine Ursache ausgelöst wird, sondern ein multifaktorielles Geschehen ist. Bekannt ist, dass prämenstruelle dysphorische Störungen eine genetische Häufung haben. Genetiker schätzen die Vererbbarkeit auf 56 Prozent. Neuere Studien postulieren, dass ein Genkomplex, der „Extra Sex Combs/Enhancer of Zeste“ bei Frauen mit PMDS stärker exprimiert wird, als bei den Frauen, die nicht unter PMDS leiden. Solche Defekte in der Genexpression können die Empfindlichkeit der Frauen gegenüber den Sexualhormonen Progesteron und Estrogen erhöhen, was zu Veränderungen in emotionalen Verhaltensweisen beitragen könnte. Die Forscher wollen ein besseres Verständnis davon gewinnen, wie das ESC/E(Z)-Gen-Netzwerk das Gehirn beeinflusst. Sie planen, Nervenzellen zu analysieren, die aus Stammzellen entstanden sind, die aus dem Blut von Frauen mit PMDS stammen. Es bleibt abzuwarten, welche therapeutischen Konsequenzen sich daraus ergeben. Ein weiterer Erklärungsansatz für die Beschwerden liegt in den zyklusbedingten Schwankungen der verschiedenen Hormone. So scheinen sie Einfluss zu nehmen auf die Neurotransmittersysteme von Serotonin, Noradrenalin und Gamma-Aminobuttersäure. Außerdem konnten Wissenschaftler bereits in den 1990er Jahren zeigen, dass die Frauen mit einer erhöhten Vulnerabilität auf Estrogene und Progesteron reagieren. Eine medikamentöse Unterbrechung des Hormoneinflusses konnte die Beschwerden lindern, die künstliche Zufuhr initiierte die Beschwerden auch in anderen Phasen des Zyklus. Möglicherweise ist auch eine Hyperprolactinämie, die bei vielen Frauen mit PMS vorliegt, für die Beschwerden verantwortlich. Prolactin hemmt Progesteron, hohe Konzentrationen verhindern die Ovulation und stören so den normalen Zyklus. Desweiteren scheint der Lebensstil ebenfalls die Beschwerden zu beeinflussen. So begünstigen Stress, eine ungesunde zuckerreiche Ernährung, wenig Bewegung, Genussgifte wie Alkohol und Nikotin und zu wenig Schlaf das Auftreten des PMS.
Wirklich PMS? Einige der Symptome sind auch bei anderen Erkrankungen zu finden, zum Beispiel Schilddrüsenerkrankungen, depressiven Episoden, Vitaminmangel oder hormonellen Erkrankungen. Das zyklusabhängige Auftreten lässt sich sehr gut mit Hilfe eines PMS-Tagebuchs herausfinden. So ein Tagebuch sollte mindestens zwei Monate konsequent geführt werden. Dazu kann sich jede Frau ein eigenes Kalenderblatt erstellen oder fertige Formulare zum Beispiel auf der Seite www.gesundheitsinformation.de unter PMS, Tagebuch: PMS runterladen.
Dysmenorrhö Nicht gleichzusetzen mit dem PMS sind die Regelschmerzen im Unterbauch kurz vor und während der Regelblutung. Sie können unabhängig aber auch zusammen mit dem PMS auftreten. Es werden die primäre Dysmenorrhö ohne organische Ursache und die sekundäre – als Folge anderer Erkrankungen wie zum Beispiel Veränderungen der Gebärmutterschleimhaut, beispielsweise eine Endometriose – unterschieden. Die Dysmenorrhö äußert sich in Form starker krampfartiger Dauerschmerzen vor und bei Beginn der Blutung. Der Schmerz strahlt oft bis in den Rücken und die Lenden aus. Besonders betroffen sind sehr junge Frauen, aber auch starke Raucherinnen. Manche Frauen leiden bis zu den Wechseljahren daran. Auch eine Spirale kann Unterleibsschmerzen hervorrufen beziehungsweise verstärken. Ursache der Schmerzen ist die Kontraktion der Gebärmuttermuskulatur, ausgelöst durch eine vermehrte Ausschüttung von Prostaglandinen.
Was hilft? Die maßgeschneiderte Therapie bei PMS und Dysmenorrhö gibt es nicht. Genauso wie die Symptome individuell sind, so sind auch die therapeutischen Maßnahmen von Frau zu Frau unterschiedlich erfolgreich. Wenn über das Tagebuch festgestellt wird, dass äußere Faktoren Auslöser der Beschwerden sein könnten, sollte zunächst mit Änderungen des Lebensstils begonnen werden. So ist Stressabbau auf jeden Fall einen Versuch wert. Yoga und Entspannungsmaßnahmen wie autogenes Training helfen insbesondere denjenigen Frauen, die unter Überforderung und Leistungsdruck leiden. Entspannung ist auch durch regelmäßigen Ausdauersport zu erreichen. Bereits drei- bis viermal pro Woche eine halbe Stunde Laufen, Schwimmen oder Radfahren ist hilfreich. Krampfartige Beschwerden lassen sich auch mit Wärme – zum Beispiel einem Entspannungsbad oder einer warmen Wärmflasche sowie Wärmepflaster lindern. Damit sich der Körper ausreichend regenerieren kann, sollten PTA und Apotheker auf genügend Schlaf hinweisen. Auch hilft ein regelmäßiger Schlaf-Wach-Rhythmus mit festen Zubettgehzeiten. Eine gesunde ausgewogene Ernährung mit einem hohen Anteil an Gemüse, Obst und essenziellen Fettsäuren ist zu empfehlen. Außerdem sollten die betroffenen Frauen ihre Salz- und Proteinzufuhr in Maßen halten. Kaffee, Zucker und Alkohol können die Beschwerden verschlimmern und sollten besonders in der Phase des PMS möglichst gemieden und nur in geringen Mengen konsumiert werden. Auch auf Nikotin sollten Frauen mit PMS möglichst verzichten. Die Supplementierung von Nahrungsergänzungsmitteln zum Beispiel mit Vitamin E und essenziellen Fettsäuren wie Gamma-Linolensäure oder Linolsäure kann die Situation der Frauen verbessern.
Phytopharmaka Führen diese Veränderungen der Lebensweise nicht zur Besserung, ist es möglich, mit geeigneten Phytopharmaka einen Therapieversuch zu starten. Mönchspfeffer, Johanniskraut und die Traubensilberkerze sind hier die wichtigsten Heilpflanzen, die zum Einsatz kommen. Mönchspfeffer, Vitex agnus castus, zählt zu den Eisenkrautgewächsen und ist ein im Mittelmeerraum bis Indien beheimateter Strauch. Lange schon galt das Heilkraut unter Nonnen und Mönchen als Mittel bei Frauenkrankheiten. Angeblich wurden die Früchte – kleine dunkle Beeren, ähnlich Pfefferkörnern – damals gegen die sexuelle Lust gegessen, daher der Name Mönchspfeffer, der noch heute in unserem Sprachgebrauch ist. Die wirksamen Inhaltstoffe werden aus den Früchten gewonnen. Mönchspfefferextrakte bestehen aus ätherischen Ölen, Iridoidglykosiden, Flavonoiden und Fettsäuren. Heute ist das Haupteinsatzgebiet die Gynäkologie, vor allem bei den typischen Beschwerden des PMS mit unregelmäßigen Zyklen und Mastodynie, also schmerzenden Brüsten vor der Blutung. Der Extrakt des Mönchspfeffers wurde in einigen Studien untersucht. So scheint er im Wesentlichen senkend auf den Prolaktinspiegel zu wirken – außerdem konnte eine dopaminerge Wirkung nachgewiesen werden. Dies sollte bei Patientinnen, die Neuroleptika einnehmen, wegen möglicher Wechselwirkungen beachtet werden. Über die Senkung der Prolaktinkonzentration wird auch die Produktion von Progesteron in der zweiten Zyklushälfte angeregt. Einige Untersuchungen legen nahe, dass der Extrakt des Mönchspfeffers auch auf FSH und LH regulierend wirkt und so den Zyklus stabilisiert und die Symptome des PMS lindert. Die empfohlene Standarddosierung liegt zwischen 30 und 40 Milligramm (mg) als Einmalgabe pro Tag. Mit der Einnahme sollte am ersten Tag des Zyklus – also mit Beginn der Menstruation – begonnen werden. Bei stärkeren Beschwerden kann die Dosis bis auf maximal 240 Milligramm pro Tag erhöht werden. Wie bei vielen pflanzlichen Arzneimitteln sollte die PTA auch hier auf die ausreichend lange und regelmäßige Einnahme hinweisen. Innerhalb von zwei bis drei Monaten sollten sich die Symptome dann jedoch bessern. Dann kann der Arzt entscheiden, ob die Therapie noch weiter fortgesetzt wird oder eine Einnahmepause eingelegt wird, um die Stabilität des Zustands zu kontrollieren. Eine andere Möglichkeit ist, nach Besserung der Beschwerden, die Behandlung zunächst auf die zweite Zyklushälfte zu reduzieren und dann langsam die Dosis zu senken und auszuschleichen. Es gibt zahlreiche Präparate von Tees über Kapseln, Tabletten und Tropfen auf dem Markt. Wer eine zuverlässige Wirkung wünscht, sollte mit pflanzlichen Arzneimitteln aus standardisierten Extrakten in ausreichender Dosierung behandeln.
Johanniskraut gegen Verstimmung Liegt der Fokus der Beschwerden im psychischen Bereich, so ist der Einsatz von Extrakten aus Hypericum perforatum eine wirksame Hilfe. Neben zahlreichen anderen Inhaltstoffen wird insbesondere dem Hyperforin die antidepressive Wirkung durch seinen Einfluss auf die Neurotransmittersysteme des Noradrenalins, Dopamins und Serotonins zugesprochen. Ähnlich wie die chemischen Antidepressiva, zum Beispiel Trizyklika oder selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer, wirkt es hemmend auf die Wiederaufnahme von Noradrenalin und Serotonin aus dem synaptischen Spalt. In vergleichenden Studien konnte sogar eine vergleichbare antidepressive Wirkung bei leichter bis mittelschwerer Depression nachgewiesen werden. Zu wissen ist, dass die Wirkung erst nach etwa zwei- bis dreiwöchiger regelmäßiger Einnahme zu erwarten ist. Diesen Hinweis sollten PTA und Apotheker den betroffenen Frauen unbedingt mitgeben, da es gerade beim Einsatzgebiet des PMS naheliegend ist, die Tabletten nur einige Tage rund um die Periode einzunehmen, wenn die Beschwerden am stärksten sind. Johanniskrautextrakt ist in Tabletten am höchsten konzentriert. Hier sollten standardisierte Extrakte in ausreichend hoher Dosierung empfohlen werden. Laut Kommission E werden Tagesdosen von zwei bis vier Gramm (g) der Droge oder 600 bis 900mg eines standardisierten Extraktes vorgegeben. Zu beachten ist, dass Johanniskraut ein CYP3A4-Induktor ist und so mit vielen anderen Arzneistoffen interagiert. Dazu gehören Wechselwirkungen mit Immunsuppressiva, Indinavir, oralen Antikoagulanzien und oralen Kontrazeptiva. Wenn Frauen die Pille zur Verhütung einnehmen, sollten diese auf eine möglicherweise verminderte Wirksamkeit hingewiesen werden. Aus diesen Gründen ist bei Abgabe eines Johanniskraut-Präparates die Frage nach anderen Medikamenten in der Dauertherapie sowie bestehenden Vorerkrankungen unbedingt notwendig.
Weitere Phytopharmaka Fertigarzneimittel mit standardisierten Extrakten aus dem Wurzelstock der Traubensilberkerze (Cimicifuga racemosa) werden überwiegend bei neurovegetativen Beschwerden in den Wechseljahren angewendet. Im Rahmen des Prämenstruellen Syndroms ist ein Therapieversuch möglich, wissenschaftliche Daten für diese Indikation fehlen jedoch bisher. Hier liegt die Tagesdosis bei 40 g der Droge oder der entsprechenden Menge des Trockenextraktes aus ethanolischen Auszügen (40 bis 60% V/V). Ohne ärztliche Rücksprache sollte die Anwendung nicht länger als sechs Monate durchgeführt werden. Steht die Dysmenorrhö im Vordergrund, dann können Präparate mit Extrakt aus Gänsefingerkraut (Potentilla anserina) versucht werden. Auch wenn aufgrund der adstringierenden Wirkung der Einsatz plausibel erscheint, gibt es bisher keine wissenschaftlichen Studien, die die Evidenz belegen.
Mineralstoffe und Vitamine Die Zufuhr von Calcium und Magnesium soll sich günstig auf die Symptomatik des PMS auswirken. Calciummangel soll PMS-Beschwerden begünstigen. Für Calcium wird eine Tagesdosis von 1200 Milligramm und für das spasmolytisch wirkende Magnesium von 200 bis 400 Milligramm empfohlen. Auch von Vitamin B6 (Pyridoxin) können Frauen mit PMS profitieren, da dieses Vitamin ein Cofaktor bei der Serotoninsynthese ist. Einigen Studien zufolge scheint Vitamin B6 die physischen und psychischen Symptome des PMS signifikant zu lindern. Allerdings sind die wissenschaftlichen Untersuchungen relativ inhomogen, sodass eine eindeutige evidenzbasierte Empfehlung nicht ausgesprochen werden kann. Eine Tagesdosis von 50 bis 100 mg wird zur Behandlung von milderen Formen des PMS empfohlen. Allerdings sollten die hohen Dosen nicht auf Dauer angewendet werden, da sonst das Risiko für Nervenschädigungen besteht. Wie bei der Anwendung von Phytopharmaka ist die regelmäßige Einnahme Voraussetzung für den Therapieerfolg.
NSAR gegen den Schmerz Leidet eine Frau besonders unter Regelschmerzen, einer Dysmenorrhö vielleicht auch verbunden mit Kopfschmerzen, sind nichtsteroidale Antirheumatika wie Ibuprofen und Naproxen die Mittel der Wahl. Ibuprofen wird in Dosierungen von 200 bis 400 Milligramm bei einer maximalen Tagesdosis von 1200 Milligramm in der Selbstmedikation bei Regelbeschwerden eingesetzt. Bei jüngeren Mädchen muss die Dosierung dem Alter und Gewicht angepasst werden. Bei 10- bis 12-Jährigen liegt die maximale Tagesdosis bei 800 mg. Für Naproxen besteht eine Zulassung für Menstruationsbeschwerden bei Mädchen ab zwölf Jahren. Als Einzeldosis wird zunächst die Einnahme von 500 mg empfohlen, mit der Möglichkeit über den Tag noch einmal 250 mg nachzunehmen, bis die Höchstdosis von 750 mg pro Tag erreicht ist. Für beide Wirkstoffe gilt, dass der Wirkungseintritt bei der Nüchterneinnahme beschleunigt ist, allerdings auch das Risiko für gastrointestinale Beschwerden besteht. In der Beratung sollte danach gefragt werden und entweder die Einnahme zur Mahlzeit oder die Kombination mit einem Protonenpumpenhemmer als Magenschutz erwogen werden. Der Einsatz von Acetylsalicylsäure ist zwar möglich, aber wegen der thrombozytenaggregationshemmenden Wirkung und dadurch gegebenenfalls stärkeren Blutung eher nur eine Alternative zu Ibuprofen und Naproxen. Bei schmerzhaften Krämpfen ist auch die Anwendung von Butylscopolamin, entweder alleine oder in Kombination mit einem Analgetikum, möglich. Reichen die genannten Substanzen zur Schmerzbekämpfung nicht aus, so kann der Gynäkologe auch verschreibungspflichtige Analgetika, idealerweise mit zusätzlicher spasmolytischer Komponente wie Metamizol verordnen.
SSRI bei PMDS Sind die psychischen Symptome sehr ausgeprägt, sodass ein Prämenstruelles Dysphorisches Syndrom vorliegt, können auch selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer wie zum Beispiel Citalopram, Sertralin oder Fluoxetin eine Therapieoption sein. Ein Cochrane-Review kam zu dem Ergebnis, dass der intermittierende Einsatz die körperlichen und seelischen PMDS-/PMS-Symptome gleich effektiv lindert wie die kontinuierliche SSRI-Gabe. Auch die Tatsache, dass die Symptomatik über 4 bis 14 Tage besteht, verweist auf die Möglichkeit kürzerer Behandlungsintervalle. In einer Metaanalyse mit insgesamt fast 3000 Patientinnen wurde festgestellt, dass sich Sertralin, Fluoxetin, Citalopram und Paroxetin in ihrer Wirksamkeit bei PMS und PMDS nicht unterscheiden. Paroxetin und Citalopram werden von den Autoren der Übersichtsarbeit als zweite Wahl eingestuft. Nebenwirkungen unter SSRI-Therapie sind Übelkeit, Müdigkeit, verminderte Libido und vermehrtes Schwitzen. Da einige SSRI auch über Isoenzyme des Cytochrom-P-450-Systems verstoffwechselt werden, besteht wie bei Johanniskraut ein Wechselwirkungsrisiko mit anderen Medikamenten, welches berücksichtigt werden sollte.
Hormonell eingreifen Mit Kontrazeptiva wird zur Verbesserung der PMS-Symptome off-label behandelt, wenn nicht parallel auch die Indikation der Schwangerschaftsverhütung besteht. Durch die Veränderung der hormonellen Situation und die Unterdrückung der Ovulation werden die Beschwerden im zweiten Teil des Zyklus teilweise reduziert oder gehemmt. Die Studienlage dazu ist uneinheitlich, jedoch scheinen diejenigen Kontrazeptiva mit verkürztem pillenfreien Intervall oder Langzeitanwendung ohne Pillenpause einen günstigen Einfluss auf das Prämenstruelle Syndrom zu haben. Im Übrigen gilt, ob die Hormonzufuhr über die orale Gabe, transdermale Systeme oder den Vaginalring zugeführt werden, ist egal. Zu klären ist bei der Verordnung, ob die Frau ein erhöhtes thromboembolisches Risiko aufweist, dann sollten andere Therapien bevorzugt werden.
Migräneattacken Bei der entsprechenden Veranlagung können die Hormonschwankungen im Rahmen des Zyklus als Triggerfaktoren zur Auslösung eines Migräneanfalls fungieren. Das erklärt auch, warum sehr viele Frauen während des Eisprungs und während der Periode unter Migräne leiden. Die prämenstruelle Migräne setzt meist zwei bis sieben Tage vor der Menstruation ein und endet mit dem Beginn der Blutung, während die menstruelle Migräne mit dem ersten Tag der Blutung einsetzt. Bei einer ärztlich diagnostizierten zyklusabhängigen Migräne empfiehlt die Deutsche Migräne- und Kopfschmerzgesellschaft vier Tage vor bis drei Tage nach der Periode zweimal täglich 500 mg Naproxen zu nehmen. Manchen Frauen hilft auch ein Estrogenpflaster für die Phase des Hormonabfalls. Nach wie vor gibt es viele offene Fragen zu PMS und Dysmenorrhö. Ein erster Schritt zu mehr Forschung wäre, dass Menstruationsbeschwerden nicht als Wehleidigkeit abgetan, sondern als Krankheit ernst genommen werden. n
Dr. Katja Renner, Apothekerin
PMS historisch betrachtet
370 v. Chr.: Hippokrates beschreibt die Stimmungsschwankungen in Abhängigkeit von der Monatsblutung als Folge eines „verhinderten Abflusses des Menstruationsblutes“. 18. Jahrhundert: erste wissenschaftliche Forschungen von menstruationsabhängigen seelischen Erkrankungen. 19. Jahrhundert: Psychiater postulieren, dass etwa 10 Prozent aller seelischen Beschwerden aufgrund organischer Veränderungen bei Frauen mit der Periode in Verbindung stehen. 1931 prägt der amerikanische Mediziner Dr. Robert T. Frank erstmals den Begriff „premenstrual tension“ als die Kombination von physischen und psychischen Symptomen in Abhängigkeit von der Menstruation. 1953 wird der Begriff „Prämenstruelles Syndrom“ von den englischen Ärzten Dr. Katharina Dalton und Dr. Raymond Greene definiert. 1983 beschreibt das National Institute of Mental Health (USA) erstmalig Diagnosekriterien für das PMS. 1985 wird die Prämenstruelle Dysphorische Störung (PMDS) von der amerikanischen psychiatrischen Vereinigung in die Liste der seelischen Erkrankungen aufgenommen.
Frauen ernstnehmen!
Ein großes Problem der betroffenen Frauen ist, dass das Prämenstruelle Syndrom nur selten als eigenständige Erkrankung wahrgenommen und akzeptiert wird. Die Erwartungshaltung der Umgebung ist: „Stell Dich nicht so an! Zick nicht so rum!“. Bei denjenigen, die unter einem hohen Leidensdruck stehen, stellen sich dann rasch Selbstzweifel ein, nicht zu genügen, ärztliche Hilfe wird nur zögerlich in Anspruch genommen. Dabei sind Hausärzte meistens nicht die beste Adresse. Endokrinologen oder Psychiater sind da eher die Spezialisten. In großen Städten gibt es außerdem Hormonzentren, die für diese Patientinnen Angebote machen. In der Apotheke sollte den Frauen empathisch und mit fachlichem Rat begegnet werden. Um tatsächlich den Verdacht auf ein PMS zu verifizieren, ist ein intensives aber kommunikativ behutsames Anamnesegespräch notwendig.
Homöopathisch gegen die Symptome
Für Frauen, die gute Erfahrungen mit der Homöopathie gemacht haben, besteht die Möglichkeit, die individuellen Symptome mit homöpathischen Mitteln zu behandeln. Einige Beispiele dazu: Agnus castus (Mönchspfeffer) Depression, Müdigkeit, Kraftlosigkeit Calcium carbonicum Angst, Traurigkeit, gedrückte Stimmung Conium maculatum (Gefleckter Schierling) Depressionen, Schlafstörungen, Einsamkeitsgefühle Cyclamen (Alpenveilchen) Schwäche, Migräne, Gereiztheit Ignatia amara (Ignatiusbohne) Gereiztheit, Stimmungsschwankungen, Weinerlichkeit Lachesis (Sekret der Buschmeisterschlange) Empfindlichkeit gegen Berührungen, Angst, Hitzewallungen Lycopodium clavatum (Wolfsklaue) Hungerattacken, Blähbauch, Wut Magnesium carbonicum (Magnesiumcarbonat) Bauchkrämpfe, Blähbauch, Kopfschmerzen, Erregbarkeit Natrium chloratum Depressive Stimmung, Kummer Nux vomica (Brechnuss) Gereiztheit, Empfindlichkeit, Rückenschmerzen Pulsatilla pratensis (Küchenschelle) Weinerlichkeit, Stimmungsschwankungen, unregelmäßige Zyklusdauer Sepia officinalis (Tintenfisch) Depressionen, Schlafstörungen, Migräne
Das PMS-Tagebuch
Oben wird der aktuelle Kalendermonat eingetragen und das Datum, an dem die Regelblutung eingesetzt hat. Auf vorgefertigten Formularen kann dies einfach angekreuzt werden. Zusätzlich sollte die Dauer der Blutung markiert werden. Alle beobachteten Beschwerden werden im Laufe des Monats in einer Tabelle festgehalten und die Stärke der Beschwerden als unterschiedlich große Kreise notiert. Listen mit vorgegebenen Beschwerden können angepasst und ergänzt werden. Die Folgen der PMS-Beschwerden auf die Beziehung zur Familie, zu Freunden und Kollegen sollten ebenfalls notiert werden.
Ausreichend schlafen kann eine wirksame Maßnahme gegen zyklusbedingte Depressionen und Stimmungs- schwankungen sein.
Die Indikationen des Mönchspfeffers wurden von der ehemaligen Kommission E des Bundesgesundheitsamtes als Positivmonographie formuliert.
„Reine Frauensache”