MRT-Untersuchung © gorodenkoff / iStock / Getty Images
Zur Darstellung von Gehirn und Rückenmark eignen sich verschiedene bildgebende Verfahren. © gorodenkoff / iStock / Getty Images

Medizinische Fachgebiete

NERVENHEILKUNDE

Die Fachrichtung Neurologie beschäftigt sich mit dem Aufbau, der Funktion und den Erkrankungen des Nervensystems. Bedeutsam sind in diesem Zusammenhang das Zentralnervensystem, das periphere Nervensystem sowie die Muskulatur.

Seite 1/1 4 Minuten

Seite 1/1 4 Minuten

Schlaganfälle, Hirnblutungen, Parkinson, Multiple Sklerose, Epilepsie oder Hirnhautentzündungen sind nur einige Beispiele für Erkrankungen, die zum Aufgabenbereich eines Neurologen zählen. Typische neurologische Beschwerden sind unter anderem Taubheitsgefühle, Konzentrations-, Gedächtnis-, Koordinations- und Gleichgewichtsstörungen, epileptische Anfälle, Kopf- und Gesichtsschmerzen, Veränderungen der Sprache, der Wahrnehmung, der Orientierung sowie der Verhaltenskontrolle. Klagen Kunden über derartige Symptome, sollten PTA und Apotheker sie an einen Facharzt verweisen.

Zwischen der Neurologie und der Psychiatrie besteht ein enges Verhältnis, da verschiedene neurologische Erkrankungen psychische Beschwerden hervorrufen und psychiatrischen Erkrankungen oft neurobiologische Ursachen zugrunde liegen. Der Neurologe erhebt zunächst die Anamnese, allerdings kann die Befragung aufgrund der Natur der neurologischen Erkrankungen schwierig sein, etwa wenn Betroffene keine genauen Erinnerungen haben. In vielen Fällen, zum Beispiel in Notfallsituationen, hilft eine Fremdanamnese, der Diagnostik näher zu kommen. Im Anschluss untersucht der Arzt die Hirnnervenfunktion, einen Funktionsausfall der Pyramidenbahnen, überprüft Reflexe, Sensibilität, Koordination, eine potenzielle Nackensteifigkeit (Meningismus), den Muskeltonus und die Motorik.

Wichtige Diagnoseinstrumente In der Neurologie werden häufig elektrische Phänomene wie die Hirnströme (per EEG), die Muskeltätigkeit (per EMG) oder die Nervenleitgeschwindigkeit (per ENG) gemessen. Bei der Elektroenzephalografie (EEG) wird die bioelektrische Aktivität der Hirnareale an der Schädeloberfläche ermittelt, diese wird als Kurve auf einem Monitor dargestellt. Man unterscheidet Alpha-Wellen (Hirnaktivität in Ruhe), Beta-Wellen (geöffnete Augen, geistige Aktivität), Gamma-Wellen (erhöhte Aufmerksamkeit, Lernprozesse), Theta-Wellen (bei Müdigkeit oder beim Einschlafen) sowie Delta-Wellen (Tiefschlaf). Abweichungen von typischen Wellenmustern können auf Erkrankungen hindeuten.

Die elektromyografische Untersuchung (EMG) dient der Bestimmung der elektrischen Aktivität in den Muskeln. Diese wird durch Muskelaktionspotenziale abgebildet, die bei Ruhe, leichter und maximaler Muskelanspannung betrachtet werden. Das Aktivitätsmuster dient der Diagnostik von nervlich und muskulär bedingten Krankheiten. Mit der Methode der Elektroneurografie (ENG) lässt sich der Funktionszustand der peripheren Nerven einordnen. Der Neurologe exploriert dabei die Geschwindigkeit, mit der die Nerven die Informationen weiterleiten. Häufige Erkrankungen, bei denen eine ENG angezeigt ist, sind unter anderem Myasthenien, Karpaltunnelsyndrome, Polyneuropathien oder Verletzungen der Nerven (zum Beispiel bei Schnittwunden). Mittels Ultraschall und invasiver Verfahren ist es möglich, die hirnversorgenden Gefäße zu untersuchen.

CT, MRT und Co. Zur Darstellung von Gehirn und Rückenmark eignen sich folgende bildgebende Verfahren: Unter der Computertomografie (CT) versteht man die Auswertung von aus verschiedenen Richtungen aufgenommenen Röntgenaufnahmen, mit dem Ziel, ein zwei- oder dreidimensionales Bild zu erzeugen. Mit der Magnetresonanztomografie (MRT), die auf den Prinzipien der Kernspinresonanz basiert, fertigt der Arzt Schnittbilder des Körpers an. Auch die Positronen-Emissionstomografie (PET) kommt in der Neurologie zum Einsatz: Dabei werden unter Verwendung radioaktiv markierter Tracer und einer speziellen PET-Kamera Stoffwechselvorgänge sichtbar gemacht.

Bei der SPECT (Single Photon Emission Computed Tomography) handelt es sich ebenfalls um ein Verfahren, mit dem Stoffwechselvorgänge mithilfe von radioaktiven Tracern dargestellt und Erkrankungen des Gehirns festgestellt werden. Auch eine fMRT ist in der Neurologie zu diagnostischen Zwecken hilfreich, da sie die Aktivität im Gehirn visualisiert. Grundlage ist der sogenannte BOLD-Effekt (Blood-Oxygenation-Level-Dependent Effect), der die unterschiedlichen magnetischen Eigenschaften von sauerstoffar- men und sauerstoffreichen Blut nutzt. Die Magnetenzephalografie (MEG) misst Magnetfelder, die bei der Erregung der Nervenzellen im Gehirn entstehen. Im Gegensatz zur EEG gelingt es der MEG schwache magnetische Felder in tiefen Hirnregionen zu identifizieren, sodass sich beispielsweise epileptische Aktivitäten im Gehirn besser lokalisieren lassen.

Organische Grundlagen Man unterteilt das Nervensystem in das zentrale und das periphere Nervensystem. Zum zentralen Nervensystem (ZNS) zählen das Gehirn sowie das Rückenmark, während sich das periphere Nervensystem (PNS) aus Nerven und peripheren Nervenzellkörpern zusammensetzt. Eine weitere Systematik kategorisiert das Nervensystem nach seinen Funktionen: Das somatische Nervensystem dient der willkürlichen Steuerung der Skelettmuskulatur, das vegetative Nervensystem leitet hingegen unbewusst und unwillkürlich die Aktivität der inneren Organe. Sowohl im peripheren als auch im zentralen Nervensystem (ZNS) ist das vegetative (VNS) mit Anteilen vertreten.

Das vegetative Nervensystem verfügt über drei Subsysteme: den Sympathikus, den Parasympathikus und das Darmnervensystem. Das sympathische Nervensystem passt die inneren Organe an erhöhte Anforderungen wie Stress an, indem sich die Pupillen erweitern und der Blutzuckerspiegel, der Blutdruck, die Herzleistung sowie die Körpertemperatur ansteigen. Im Sympathikus sind die Transmitter Adrenalin und Noradrenalin bedeutsam. Der Parasympathikus ist in Ruhephasen, bei Entspannung und während der Regeneration aktiviert. Die Pulsfrequenz sinkt, unterdessen nimmt die Motorik im Magen-Darm-Trakt zu, hier wirkt der Botenstoff Acetylcholin.

Neurologische Erkrankungen Da die autonomen Funktionen mit verschiedenen Gebieten des Gehirns eng vernetzt sind, kommt es bei zahlreichen neurologischen Erkrankungen zu vegetativen Symptomen. Parkinson geht beispielsweise anfangs mit Mundtrockenheit, später mit vermehrtem Speichelfluss, mit einer verminderten Schweißsekretion sowie mit einer erhöhten Talgsekretion einher. Zudem ist die Funktion der Harnblase oft beeinträchtigt, sodass es schon bei geringen Füllmengen zu einem Harndrang oder -abgang kommt. Das Shy-Drager-Syndrom, eine äußerst seltene Erkrankung des vegetativen Nervensystems, fällt ebenfalls in die Kategorie der neurologischen Krankheitsbilder.

Betroffene leiden unter Störungen im Urogenitaltrakt sowie im kardiovaskulären System. Zu dem Aufgabenbereich eines Neurologen zählt auch die Behandlung von vegetativen Einschränkungen nach Schlaganfällen. Abhängig davon, welcher Gehirnbereich geschädigt wurde, zeigen sich unter anderem Beschwerden wie Herzrhythmus-Störungen, Inkontinenz oder Fieber. In der vaskulären Neurologie behandelt man Durchblutungsstörungen, die zu einem Apoplex führen können. Darüber hinaus befassen sich Neurologen mit einer Vielzahl von neurologischen Schmerzerkrankungen wie etwa Neuralgien, Kopf- oder Gesichtsschmerzen. Zudem gibt es Tumorerkrankungen des Nervensystems, die der Neuroonkologie zuzuordnen sind.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/19 ab Seite 122.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

×