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Politik

MEHR TRANSPARENZ

Vorübergehende Lieferengpässe von Arzneimitteln gehören inzwischen zum Apothekenalltag. Das BfArM hat deshalb auf seiner Website ein Register nach US-amerikanischem Vorbild für etwaige Lieferausfälle eingerichtet.

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Pharmazeutische Unternehmer sind in Deutschland grundsätzlich verpflichtet, den Bedarf der Bevölkerung an hier zu Lande zugelassenen Arzneimitteln kontinuierlich sicherzustellen . Ohnehin sollten sie im eigenen Interesse bestrebt sein, lieferfähig zu sein, um Umsätze erzielen zu können. Und in der Regel ist die Versorgung der Bevölkerung mit Arzneimitteln in Deutschland auch auf hohem Niveau gewährleistet.

Trotzdem kommt es immer wieder vor, dass zum Teil dringend benötigte Arzneimittel vorübergehend nicht verfügbar sind. Betroffen sind vor allem Zytostatika, Antibiotika, Impfstoffe und einige Notfallmedikamente. Die Ursachen dieser Lieferprobleme sind vielfältig: Produktions- und Qualitätsprobleme, Engpässe bei Rohstoffzulieferern auf dem Weltmarkt, nicht ausreichende Produktionskapazitäten und Bündelung von Produktionsstandorten, Reduzierung der Lagerbestände, Marktrücknahmen als unternehmerische Entscheidung und andere.

Was tun? Schnelle und einfache Lösungen sind deshalb nicht in Sicht. Unter Fachleuten diskutiert wurde deshalb ein Maßnahmenbündel, das den Aufbau eines zentralen Melderegisters für Arzneimittellieferengpässe, die Erweiterung des gesetzlichen Bereitstellungsauftrags für Arzneimittelhersteller und der Aufbau eines zentralen Risikomanagements zur Prävention von Arzneimittelengpässen umfasst.

MelderegisterDas Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) hat mit der aktuellen Einrichtung eines Registers über Lieferengpässe bei Arzneimitteln diese Überlegungen aufgegriffen und einen ersten wichtigen Schritt getan. Denn Lieferengpässe traten in der Vergangenheit meist plötzlich und ohne Vorwarnung durch die Hersteller auf. Nun sind diese aufgefordert, vorhersehbare Lieferengpässe von Arzneimitteln zur Behandlung lebensbedrohlicher oder schwerwiegender Erkrankungen, die mehr als zwei Wochen andauern, mitzuteilen.

Das Register soll auf diese Weise Transparenz schaffen, den Informationsfluss verbessern sowie Ärzte und Apotheken frühzeitig in die Lage versetzen, Therapie- und Versorgungsalternativen zu ermitteln. Neben dem Wirkstoffnamen, der Fertigarzneimittelbezeichnung inklusive Pharmazentralnummer und dem Zulassungsinhaber beziehungsweise dem Vertreiber finden sich im Register unter anderem Informationen zur voraussichtlichen Dauer des Lieferengpasses, den Gründen dazu sowie Kontaktdaten für etwaige Rückfragen.

Das Register findet sich unter www.bfarm.de/lieferengpaesse, umfasst auch Arzneimittel in der Zuständigkeit des Paul-Ehrlich-Instituts (u. a. Impfstoffe, Antikörper enthaltende Arzneimittel, Allergene und Blutprodukte) und ist für jedermann einsehbar. Die erste Eintragung betraf das Zytostatikum Vinblastinsulfat 1mg/ml Injektionslösung der Firma Teva GmbH, dessen Verfügbarkeit aufgrund eines Mangels beim Primärpackmittel vorübergehend nur im Rahmen eines Notfallplans verfügbar ist.

Es folgte eine Mitteilung zum Antikoagulans Certoparin-Natrium (Mono-Embolex® multi 3000 I.E./0,5 ml Injektionslösung) der Firma Novartis Pharma GmbH, das wegen eines Ausfalls der Produktionslinie erst ab der 36. Kalenderwoche wieder zur Verfügung steht und zum Wachstumsfaktor Mecasermin (Increlex® 10 mg/ml Injektionslösung) von Ipsen Pharma, der wegen Herstellungsproblemen voraussichtlich ab August für unbestimmte Zeit nicht lieferbar ist.

Ausblick Lieferengpässe müssen jedoch nicht zwingend zu Versorgungsengpässen führen. Sie lassen sich häufig durch Einzelimport vermeiden, wenn weltweit mehr als ein Wirkstoffhersteller beziehungsweise pharmazeutischer Unternehmer existiert. Den Apotheken ist gemäß den Bestimmungen des § 73 des Arzneimittelgesetzes (AMG) gestattet, Versorgungslücken durch Einzelimport zu schließen.

Es bleibt abzuwarten, ob Register und Einzelimport auf Dauer ausreichen oder doch weitere Maßnahmen zur Abwendung von Versorgungsengpässen notwendig werden. Auf den ersten Blick naheliegend wären konkrete Vorgaben für Hersteller zur gesicherten Vorhaltung von Arzneimitteln, die zur Behandlung schwerster Erkrankungen zwingend benötigt werden. Solche gesetzlichen Regelungen wollen jedoch gut überlegt sein.

Denn „der Schuss könnte auch nach hinten losgehen“. Konkrete Vorgaben würden unter Umständen den Kostendruck auf Pharmaunternehmen weiter erhöhen; sie könnten unter Umständen zur Marktrücknahme und im Einzelfall zu einer Verschlechterung der Marktversorgung führen. Eine verpflichtende Festschreibung von Lagerkapazitäten würde zudem zu geringe (weltweite) Produktionskapazitäten ebenso wenig lösen wie Lieferengpässe, die durch Probleme eines einzigen verfügbaren Zulieferers eines Wirkstoffs bedingt sind.

Zumindest durch Rabattverträge bedingte Lieferschwierigkeiten von Impfstoffen lassen sich jedoch voraussichtlich durch gesetzliche Bestimmungen weitestgehend vermeiden. So soll im Zuge des Dritten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften geregelt werden, dass die rechtzeitige und ausreichende Versorgung der Versicherten mit Impfstoffen sowie die Möglichkeit einer alternativen Versorgung durch andere Hersteller im Falle eines Lieferengpasses vertraglich zu vereinbaren ist.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 06/13 ab Seite 56.

Dr. Michael Binger, Hessisches Sozialministerium

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