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Geschlechtskrankheiten

MANCHE MÖGEN‘S HEISS

Das Ulcus molle, auch „weicher Schanker“ oder „Chancroid“ genannt, ist eine Geschlechtskrankheit, die in den Tropen sehr verbreitet ist und zehnmal häufiger Männer als Frauen betrifft.

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Das „weiche Geschwür“, so die Übersetzung von Ulcus molle, wird durch den Erreger Haemophilus ducreyi ausgelöst und ausschließlich durch Geschlechtsverkehr übertragen. Leitsymptom der Krankheit sind schmerzhafte Geschwüre im Intimbereich.

Tropische Bedingungen bevorzugt Das gramnegative Bakterium Haemophilus ducreyi reagiert empfindlich auf Kälte und Trockenheit, findet hingegen in feuchtwarmer Umgebung optimale Lebensbedingungen vor. Daher ist der Erreger vor allem in den Tropen weit verbreitet, besonders in Südostasien, Lateinamerika und in Afrika. Hier ist er sogar die häufigste Ursache für Geschwüre an männlichen Geschlechtsteilen. In Deutschland und kälteren europäischen Ländern ist das Ulcus molle hingegen eher selten. Wenn die Erkrankung hier auftritt, wurde sie meist von Reisen mitgebracht.

Weltweit werden jedes Jahr etwa sieben Millionen neue Fälle gezählt

Schmerzen nach ein bis zwei Wochen Nach einer Inkubationszeit von drei bis zehn Tagen treten an der Eintrittsstelle der Erreger kleine, noch schmerzlose Knötchen auf. Diese wachsen recht schnell zu flachen Erhebungen heran, die die Größe einer Münze erreichen können. Diese Hautveränderungen brechen schließlich zu Geschwüren auf, die dann sehr schmerzhaft sind. Sie sind weich, haben einen gefransten Rand und in der Mitte eine kleine, grau-weiße, eitrige Grube. Die Hautveränderungen finden sich bei Männern meist an der Innenseite der Vorhaut oder dem Rand der Eichel, bei Frauen an den Schamlippen oder direkt am Scheideneingang. Bei vielen Frauen verläuft die Infektion jedoch symptomlos. Sie erkranken nicht, tragen das Bakterium aber in sich und können somit ihre Sexualpartner anstecken.

In sehr seltenen Fällen können sich die Knötchen nach Anal- oder Oralsex auch am After oder im Mund bilden. Bei der Infektion im Intimbereich sind auch die Lymphknoten in den Leisten betroffen und schwellen leicht an. Breiten sich die Bakterien aus, können sich die Lymphknoten selbst geschwürartig verändern und eine eitrige Beule („Bubo“) bilden, die nach außen aufbrechen kann. In den meisten Fällen ist das Immunsystem in der Lage, die Infektion spätestens in diesem Stadium einzudämmen, sodass sie auf die Leistengegend begrenzt bleibt. Von selbst heilt sie jedoch nicht aus.

Kondome schützen
Den besten Schutz gegen die Erreger bieten Kondome. Aber auch die Hygiene spielt eine große Rolle. Beschnittene Männer erkranken seltener, weil sich die feuchtigkeitsliebenden Bakterien unter der Vorhaut natürlich besonders gut vermehren können. Gerade Hautfalten sollten Mann und Frau vor dem Geschlechtsverkehr mit einer milden Waschlotion reinigen. Zu viel Waschen oder das Reinigen mit aggressiven oder parfümierten Substanzen ist jedoch auch nicht zu empfehlen, da dadurch die natürlich vorkommenden Bakterien der Schleimhaut im Intimbereich aus der Balance geraten, was wiederum eine Übersiedlung mit krank machenden Erregern nach sich ziehen kann.

Diagnose Das Ulcus molle wird vom Gynäkologen oder Urologen sowohl anhand der charakteristischen Symptome als auch durch einen Erregernachweis diagnostiziert. Weist ein Patient die typischen Geschwüre im Genitalbereich und eventuell auch Lymphknoten- schwellungen in der Leistengegend auf, erkennt der Arzt dies häufig bereits im Rahmen einer körper- lichen Untersuchung. Zusätzlich entnimmt er einen Abstrich von einem Geschwür, um diesen im Labor auf den für das Ulcus molle verantwortlichen Erreger untersuchen zu lassen und seine Diagnose zu bestätigen. Schnelles Handeln gefordert. Um die Symptome möglichst zu begrenzen, sollte man ein Ulcus molle rasch behandeln. Zudem bilden die Hautgeschwüre und die später auftretenden Bubonen eine Eintrittspforte für weitere Krankheitserreger.

Es ist daher wichtig, bei ersten typischen Symptomen frühzeitig zum Arzt zu gehen. Dieser wird am Geschwürgrund einen Abstrich machen, und eine Erregerkultur an- legen. Differentialdiagnostisch müssen andere Geschlechtskrankheiten wie zum Beispiel Syphilis oder Ge- nitalherpes ausgeschlossen werden, da diese ebenfalls Geschwüre, Knötchen und Papeln im Intimbereich verursachen. Ist die Diagnose Ulcus molle gesichert, wird die Infektion mit Antibiotika behandelt. Mittel der Wahl sind das Cephalosporin Ceftriaxon, das intramuskulär gegeben wird und Azithromycin. Die Sexualpartner sollten vorbeugend mitbehandelt werden, damit ein Ping-Pong-Effekt vermieden wird. Während der Behandlung sollten die Patienten auf Geschlechtsverkehr verzichten und penibel auf Hygiene achten. Nach jedem Toilettengang sollte man den Intimbereich trockentupfen. Ebenso muss die Unterwäsche häufiger gewechselt werden, am besten sogar mehrmals am Tag, und sie muss aus Materialien bestehen, die man bei hohen Temperaturen waschen kann.

Wem das zu umständlich ist, der kann auf Einweg-Slips zurückgreifen. Wird die Krankheit in einem frühen Stadium behandelt, heilt der weiche Schanker meist schnell völlig aus. Beginnt man die Behandlung erst, nachdem die Leistenlymphknoten schon stark in Mitleidenschaft ge- zogen wurden, ist die Behandlung unter Umständen schwieriger und langwieriger, hat aber trotzdem noch eine gute Prognose. Eine Infektion durch das Bakterium Haemophilus ducreyi verleiht keine Immunität, Ulcus molle kann man immer wieder bekommen.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 05/17 ab Seite 118.

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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