Magnesium-Forschung | Aktuelle Aspekte

MAGNESIUM IN DIAGNOSTIK UND THERAPIE

Der Mineralstoff Magnesium hat eine zentrale Bedeutung für den menschlichen Körper und seine Funktionen. Magnesium ist für alle energieabhängigen Stoffwechselvorgänge essentiell und als Co-Faktor an vielen Enzymreaktionen beteiligt. Dementsprechend zahlreich gestalten sich die therapeutischen Einsatzmöglichkeiten von Magnesium: Bei immer mehr Erkrankungen wird ein (begleitender) Magnesiummangel entdeckt, der sich negativ auf Prognose und Behandlung der jeweiligen Grunderkrankung auswirkt und daher unbedingt ausgeglichen werden sollte. Die neuesten wissenschaftlichen Erkenntnisse im Zusammenhang mit dem Mineralstoff wurden im September 2018 in Warschau von Experten aus Forschung und klinischer Praxis vorgestellt.

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Magnesium bei Alzheimer-Demenz
Angesichts des demographischen Wandels gewinnt die Alzheimer-Demenz zunehmend an Bedeutung. Dr. Marta Goschorska vom Institut für Biochemie und medizinische Chemie der Medizinischen Universität Stettin präsentierte den aktuellen Stand wissenschaftlicher Erkenntnisse zur Rolle von Magnesium bei dieser Erkrankung. Eine genetische Disposition stellt einen wesentlichen Faktor bei der Entstehung der Alzheimer-Demenz dar, aber auch Umweltfaktoren wie die Ernährung und insbesondere die Magnesiumversorgung können Einfluss nehmen. Da Magnesium als Co-Faktor zahlreicher Enzyme an der Synthese von Proteinen und Nukleinsäuren sowie am Energie- und Kohlenhydratstoffwechsel beteiligt ist, nimmt es eine Schlüsselrolle in der Regulierung des zentralen und peripheren Nervensystems ein. So spielt es z. B. eine wichtige Rolle bei der Funktion bzw. Stabilisierung mitochondrialer Membranen, der Übertragung von Nervenimpulsen sowie der neuromuskulären Erregbarkeit. Epidemiologische Untersuchungen zeigen, dass Patienten mit Alzheimer-Demenz niedrigere Serum-Magnesiumspiegel aufweisen als gesunde Kontrollpersonen. Zudem korrelieren die Magnesiumwerte der Betroffenen sowohl mit ihrer kognitiven Funktion als auch mit dem Stadium der Demenz. In mehreren Tierstudien konnte eine Verbesserung der Lern- und Gedächtnisfunktion durch die Gabe von Magnesium nachgewiesen werden, was unter anderem auf eine Erhöhung der Synapsendichte und -plastizität im Gehirn zurückgeführt wurde. Auch wenn entsprechende Nachweise in klinischen Studien noch ausstehen, empfahl Dr. Goschorska angesichts der Sicherheit und guten Verträglichkeit die präventive und (adjuvante) therapeutische Anwendung von Magnesium sowohl in Vorstufen als auch bei manifester Alzheimer-Demenz.

Stressbewältigung mit Magnesium
Prof. Hans-Georg Classen, ehemals tätig am Institut für Pharmakologie und Toxikologie der Ernährung der Universität Hohenheim, präsentierte einen Überblick, welche Bedeutung Magnesium für eine effektive Stressbewältigung hat. Anhaltende Stresssituationen induzieren einen Magnesiummangel: Erhöhte Blutspiegel an Stresshormonen wie Adrenalin, Noradrenalin und Cortisol führen zu einem erhöhten Energiebedarf im Organismus. Für die Bereitstellung energiereicher Verbindungen wird vermehrt Magnesium aus körpereigenen Speichern mobilisiert. Dadurch steigt der Magnesium-Blutspiegel zunächst an; dies führt jedoch zu einer vermehrten Magnesiumausscheidung mit dem Urin. Als Folge des resultierenden Magnesiummangels erhöht sich wiederum die Ausschüttung von Stresshormonen, da Magnesium zur Dämpfung von Stressreaktionen zunehmend fehlt. Ein Magnesiummangel verstärkt deshalb die Stressempfindlichkeit. Umgekehrt wirkt eine ausreichende Magnesiumversorgung Stressreaktionen und ihren Folgen entgegen. Dies konnte z. B. in Studien mit Brauereiarbeitern unter Lärmstress sowie bei Patienten mit stressinduzierten Magenulcera gezeigt werden. Darüber hinaus konnten durch Magnesiumsupplementierung die Cortisolspiegel gesenkt und sowohl Schlafzeit als auch Schlafqualität der untersuchten Patienten verbessert werden. Diese Effekte können durch die Wirkung des Magnesiums als physiologischer NMDA-Rezeptor-Antagonist sowie als GABA-Rezeptor-Agonist erklärt werden.

Magnesium und Hypertonie
Eine direkte Folge der Ausschüttung von Stresshormonen ist die Verengung von Blutgefäßen und damit eine Erhöhung des Blutdrucks. Bei Patienten mit dauerhaft erhöhtem Bluthochdruck (Hypertonikern) kommt beim therapeutischen Einsatz von Magnesium vor allem dessen Wirkung als physiologischer Calciumantagonist zum Tragen, wie Prof. Klaus Kisters, Chefarzt der Medizinischen Klinik I des St. Anna Hospitals Herne, erläuterte. Etwa die Hälfte aller über 50jährigen in Deutschland ist von einer Hypertonie betroffen, verbunden mit einem 8fach erhöhten Risiko für Herzinfarkt und Schlaganfall. Eine wichtige pathogenetische Rolle bei der Entstehung von Hypertonie wird einem intrazellulären Magnesiummangel zugeschrieben. Dieser Mangel führt zu einem gestörten Energie- und Fettstoffwechsel sowie zu einer Verdickung der Intima Media der Blutgefäße und einer Verschlechterung der Endothelfunktion. Diese Faktoren begünstigen die Entstehung der Arteriosklerose, die wiederum einen eigenständigen Risikofaktor für das Auftreten von Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellt. Zusätzlich wird bei Magnesiummangel auch ein erhöhter Pulsdruck gefunden, der als starker kardiovaskulärer Risikofaktor gilt. In Studien konnten zahlreiche protektive Effekte einer Magnesiumsupplementierung gezeigt werden. Sowohl bei Patienten mit Grenzwert- als auch mit essentieller Hypertonie konnte der Blutdruck durch Magnesiumgabe signifikant gesenkt werden. Auch bei Diabetikern verbesserte sich die Gefäßfunktion, und die Mortalität von Patienten mit Herzinsuffizienz konnte reduziert werden. Prof. Kisters betonte, eine beginnende bzw. Grenzwert-Hypertonie könne zunächst mit Magnesium alleine behandelt werden. Bei essentiellem Bluthochdruck wären tägliche Magnesiumdosen von 300-500 mg zu empfehlen.

Magnesiummangel in der Schwangerschaft
In der Schwangerschaft kann ein Magnesiummangel zu teilweise schwerwiegenden Komplikationen wie vorzeitigen Wehen oder Frühgeburten führen, daher ist eine frühzeitige Diagnose und Behandlung unerlässlich. Dr. Wolf Kirschner von der FBE Forschung Beratung Evaluation GmbH an der Charité Berlin zeigte anhand einer Machbarkeitsstudie, wie man durch die Erhebung anamnestischer Faktoren die Diagnose eines Magnesiummangels bei Schwangeren erleichtern bzw. optimieren könnte. Im Rahmen der Studie füllten die Schwangeren einen Fragebogen aus, der zahlreiche unspezifische Symptome prüfte, die mit einem Magnesiummangel verbunden sein können. Die Ergebnisse wurden mit den Serum-Magnesiumspiegeln der Teilnehmerinnen abgeglichen und ein Bewertungsmodell erstellt. Hohe Ergebniswerte zeigten einen Magnesiummangel sicher an; bei Teilnehmerinnen mit niedrigen Testwerten erwies sich der Test jedoch als nicht ausreichend präzise. 72 % der Teilnehmerinnen wiesen (bei einem aktuell vorgeschlagenen Grenzwert von 0,76 mmol Mg/l) eine Hypomagnesiämie auf. Diese erstaunlich hohe Prävalenz deckt sich mit den Ergebnissen anderer Studien. Gründe für diese Häufung eines Magnesiummangels in der Schwangerschaft sind unter anderem eine möglicherweise zu niedrige Magnesiumzufuhr mit der Nahrung, die den erhöhten Bedarf nicht abdecken kann, sowie schwangerschaftsbedingte Stoffwechselveränderungen, die zu einer bis zu 20 % erhöhten Magnesiumausscheidung mit dem Urin führen.

Bedeutung von Magnesium für die Muskelfunktion
Prof. Federica Wolf vom Institut für Allgemeine Pathologie der Katholischen Universität Sacro Cuore in Rom präsentierte einen Überblick über die Rolle von Magnesium in der Muskelphysiologie. Als physiologischer Gegenspieler des Calciums wird Magnesium direkt für die Muskelentspannung benötigt. Besondere Bedeutung hat es zudem für die Energieversorgung der Muskulatur: Sowohl Kontraktion als auch Relaxation der Muskeln sind energie- und damit ATP-abhängig. Zudem sind Proteinsynthese und damit der Aufbau von Muskelmasse von einer ausreichenden Magnesiumversorgung abhängig. Natürliche Alterungsprozesse führen jedoch häufig zu einem Überwiegen des Proteinabbaus mit der Folge einer Sarkopenie, definiert als Abnahme von Muskelmasse und -funktion. Die Sarkopenie ist u. a. mit einer gesteigerten Häufigkeit von Stürzen und damit einhergehenden Verletzungen verbunden. Neben einem Magnesiummangel haben bei der altersbedingten Sarkopenie zahlreiche weitere Faktoren einen Einfluss, beispielsweise zunehmende körperliche Inaktivität, eine Verlangsamung des Stoffwechsels, insbesondere in Verbindung mit eiweißarmer Ernährung, Veränderungen des Hormonhaushaltes sowie DNA-Alterung. Hinzu kommen zelluläre Veränderungen, die mit oxidativem Stress und der Zunahme entzündlicher Prozesse verbunden sind („Inflammaging“). Epidemiologische Studien zeigen, dass die Magnesiumaufnahme mit der Nahrung bei Älteren mit der Muskelmasse korreliert bzw. bei Älteren mit Sarkopenie signifikant niedriger ist. Untersuchungen zeigen einen positiven Einfluss der Magnesiumaufnahme mit der Nahrung auf den oxidativen Status, den Entzündungsstatus und die Spiegel des Wachstumsfaktors IGF1. Die Optimierung der Magnesiumversorgung wird deshalb als vielversprechende Maßnahme gesehen, der Sarkopenie entgegen zu wirken.

Problemfall Magnesiumdiagnostik
Prof. Andrej Mazur vom Fachbereich für menschliche Ernährung der Universität Clermont Auvergne betonte, dass nicht nur kranke Personen, sondern auch die Allgemeinbevölkerung ein erhöhtes Risiko für einen latenten Magnesiummangel aufweist. Gründe dafür sind unter anderem eine zu niedrige Magnesiumzufuhr im Rahmen der typischen westlichen Ernährung, die zunehmende Prävalenz des Metabolischen Syndroms, von Diabetes und Adipositas sowie der lebensstil-bedingt zunehmende Stress. Insbesondere bei einem latenten Magnesiummangel treten meist nur unspezifische Symptome auf, während die Serum-Magnesiumwerte häufig noch im Normalbereich liegen; diese sinken erst bei einem manifesten Mangel relevant ab. Die Messung der Serumwerte ist zudem nicht repräsentativ für den gesamten Magnesiumstatus: Lediglich 0,3 % des Gesamtkörperbestands des Mineralstoffs befinden sich im Serum. Darüber hinaus weisen die Serum-Magnesiumspiegel eine hohe interindividuelle Variabilität auf. Neue Untersuchungen prüfen die Bestimmung des Magnesiumstatus über die Genexpression für Magnesiumtransporter (TRPM7, MagT1). Aktuell existieren jedoch noch keine validierten Methoden zur Bestimmung des Magnesiumstatus, die in der täglichen Routine in Klinik und Praxis Anwendung finden könnten. Vor diesem Hintergrund sollte die Erfassung möglicher Magnesium-Mangelsymptome sowie die Anamnese des jeweiligen Patienten neben der Bestimmung der Serum-Magnesiumwerte nicht vernachlässigt werden.

Fazit der Konferenz
Die wissenschaftliche Tagung zeigte eindrucksvoll, welch weitreichende Bedeutung Magnesium für die menschliche Gesundheit hat und wie viele Patienten mit unterschiedlichsten Erkrankungen von einer (ergänzenden) Magnesiumtherapie profitieren könnten. Nach wie vor wird der Mineralstoff jedoch viel zu selten in das diagnostisch-therapeutische Prozedere einbezogen, nicht zuletzt, da die routinemäßig eingesetzten Methoden zur Bestimmung des Magnesiumstatus keine verlässlichen Ergebnisse liefern. Vor dem Hintergrund, dass die Anwendung von Magnesium sicher, gut verträglich und kostengünstig ist, sollte der Einsatz dieses Mineralstoffs viel häufiger erwogen und umgesetzt werden. Dabei stehen für die Therapie des Magnesiummangels hochwertige Produkte mit organischen Magnesiumverbindungen aus der Apotheke zur Verfügung (z. B. Magnesium Verla®).

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