Extremsport
KLETTERN MIT SPASSFAKTOR
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Man sieht sie öfter, kleine und auch größere Gruppen, die gemeinsam mit einem Guide, mit Helmen und Neoprenanzug ausgestattet eine Straße oder einen steilen Berg entlanglaufen. Oft sehen die Beteiligten schon etwas ermattet aus und Menschen, die vorbeifahren, fragen sich vielleicht: Wo kommen die denn her? Was haben die denn für ein Abenteuer hinter sich? Eines kann ich schon vorab verraten: So ein Neoprenanzug kann schon ganz schön schwer werden mit der Zeit und nach mehreren Stunden Action in den Beinen sieht man auf jeden Fall etwas zerzaust aus, aber es lohnt sich!
Abenteuer umschreibt es eigentlich ganz gut, denn man muss beim Canyoning nicht nur klettern und schwimmen, sondern sich da, wo keine normalen Wege vorhanden sind, mit Abseilen, Springen, Rutschen oder auch Tauchen behelfen. Neben guter körperlicher Fitness sollte man auf jeden Fall gut schwimmen können, schwindelfrei sein und Trittsicherheit mitbringen. Wenn man noch einen gewissen Orientierungssinn besitzt, kann eigentlich nichts mehr schief gehen. Zusammen mit Freunden oder Bekannten ist es wirklich ein Riesenspaß, wie ich bereits selbst feststellen konnte.
Keine Tour ohne Ausrüstung Unsere geplante Canyoning-Tour führte uns nach Bayern, denn dort hat man neben Österreich und der Schweiz sehr gute Möglichkeiten, diesen Adrenalinkick einmal auszuprobieren. Hoch motiviert fuhren wir zum Veranstalter zur Einweisung. Auf den ersten Blick scheint die Ausrüstung überschaubar zu sein. Doch bei näherem Hinsehen ist es mehr, als man dankt. Die Auswahl des Equipments beginnt bei einem gut sitzenden Bergsteigerhelm, der vor Steinschlag von oben und Verletzungen durch Stürze schützen soll. Ganz wichtig ist als nächstes der Klettergurt. Hier werden Knoten und Karabiner eingehängt und er schützt den Allerwertesten beim Rutschen. Dann folgt der beliebte Neoprenanzug. Bei einer Tour wird leider nicht die komplette Ausrüstung gestellt, so dass weitere wichtige Ausrüstungsgegenstände, wie Socken und Schuhe selbst mitgebracht werden müssen. Als Kleidung unter dem Neoprenanzug empfiehlt sich Badekleidung. Nun noch mal kurz alles prüfen und dann kann es losgehen.
WAS IST CANYONING?
Canyoning oder auch Schluchteln genannt, bedeutet das Durchqueren einer Schlucht von oben nach unten. Der Wasserdurchlauf ist dabei sehr gering. Durch Klettern, Springen, Abseilen, Schwimmen, Rutschen und Tauchen bewältigt man das Abenteuer. Als Erlebnissportart etablierte sich Canyoning Ende der 1990er Jahre in Spanien und Südfrankreich.
Tief Luft holen Die Tour beginnt mit dem Einstieg an einem Felsvorsprung, wo wir uns langsam nacheinander nach unten vortasten. Nachdem alle heil unten angekommen sind, wagen wir uns an einem weiteren Vorsprung nach vorne, wo uns unser Guide erklärt, dass wir dort mit offenem Neoprenanzug hinunterspringen sollen. Sechs Grad kaltes Wasser, sechs Meter in die Tiefe springen, für mich keine vielversprechenden Aussichten. Laut unserem Guide wird es einem nach dem Sprung mollig warm – und er sollte Recht behalten. Aber wer traut sich nun als erster von dem Felsen in den Gumpen – das ist ein wassergefülltes, in den Fels gewaschenes Becken im Bachbett – zu springen? Der Guide macht es vor, gibt uns aber vorher noch ein paar wichtige Infos, wie man ins Wasser springen soll. Gleich heißt es auch für mich ab in die Tiefe – wenn da nur das mulmige Gefühl nicht wäre. Kurzer Anlauf, Augen zu, geschafft. So schlimm war es gar nicht und der Neoprenanzug hält überraschenderweise wirklich warm.
ANGESAGTE REGIONEN
In Deutschland gibt es etwa 300 Canyons und Schluchten. Die meisten findet man im Karwendel, im Allgäu und in den Ammergauer Alpen. Aber auch in Österreich, beispielsweise in Tirol oder im Salzburger Land, der Schweiz, Italien oder Slowenien kann man diese Form von Action und Abenteuer gut miteinander verbinden.
Einbahnstraße und kein Rundweg Wenn man glaubt, beim Canyoning geht es nur um Klettern und Springen, der täuscht sich. Das Besondere ist die Abwechslung. Man schwimmt durch teils sehr schmale Stellen des Canyons in voller Montur oder seilt sich an einer steilen Felswand hinunter ab. Um diese nicht ungefährlichen Stellen zu überwinden, braucht man Mut, vielleicht ein bisschen Erfahrung und eine gute Einweisung. Mut ist für mich jetzt das Stichwort, denn nun heißt es eine steile Felswand, getragen von einem Wasserfall hinunter zu rutschen ohne sehen zu können, wo es hingeht. Der Guide gibt mir liegend auf dem Felsen einen kleinen Schubser und es geht ungebremst hinunter, Landepunkt ist ein weiterer Gumpen.
Nicht schlecht für den Anfang. Insgesamt absolvieren wir fünf Sprünge bei einer maximalen Tiefe von neun Metern. Nach etwa vier Stunden ist unser Abenteuer-Trip fast zu Ende. Jetzt heißt es nochmal berghoch klettern. Müde, abgeschlagen, aber begeistert kommen wir an der Straße an und machen uns auf den Weg zurück, raus aus der Schlucht und ab in gemütliche Klamotten.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 12/16 ab Seite 90.
Nadine Scheurer, Redaktion