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Vitamine & Mineralstoffe

KLEINE MENGE, GROSSE WIRKUNG

Wer gesund ist und sich ausgewogen ernährt, kann seinen Bedarf an Vitaminen und Mineralstoffen in der Regel gut decken. Doch längst nicht jeder ist bei uns optimal mit allen Vitalstoffen versorgt.

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Frisches Obst und knackiges Gemüse sind bei uns rund um das Jahr erhältlich, Vollkornprodukte und hochwertige Pflanzenöle werden in unglaublicher Vielfalt angeboten, fangfrischer Fisch und magere Fleischsorten sind längst zu erschwinglichen Preisen erhältlich – noch nie war es so leicht wie heute, sind gesund und vollwertig zu ernähren und dabei jeden Tag viel Abwechslung auf den Speiseplan zu bringen. Gut so, denn schließlich ist eine ausgewogene Mischkost die beste Voraussetzung, um den Körper optimal mit allen wichtigen Mikronährstoffen zu versorgen.

Diese, oft auch als Vitalstoffe bezeichnet, sind lebenswichtige Substanzen, die dem menschlichen Organismus nur in geringen Mengen zugeführt werden müssen. Bekannteste Vertreter ihrer Art sind die Vitamine und die Mineralstoffe.

Feine Unterschiede Bei den Vitaminen differenziert man zwischen den wasser- und den fettlöslichen. Zu Ersteren gehören neben Vitamin C alle Vitamine des B-Komplexes, nämlich B1 , B2 (Riboflavin), Folsäure, Niacin, Pantothensäure, Biotin, B6 (Pyridoxin) und B12 (Cobalamin). Fettlöslich sind die Vitamine A, D, E und K. Sie können im Körper über einen längeren Zeitraum gespeichert werden, während dies bei den wasserlöslichen kaum möglich ist. Überschüsse werden mit dem Urin ausgeschieden. Lediglich das wasserlösliche Vitamin B12 kann in der Leber eingelagert werden.

Bei den Mineralstoffen wird, abhängig von ihrer Konzentration im Körper, zwischen den Mengen- und den Spurenelementen unterschieden. Erstere, die in Massenanteilen von mehr als 50 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht vorkommen, sind Kalzium, Chlor, Kalium, Magnesium, Natrium, Phosphor und Schwefel. Zu den Spurenelementen, die nur in winzigen Mengen im Körper zu finden sind, gehören unter anderem Eisen, Jod, Kupfer, Selen und Zink.

Neben den Vitaminen und Mineralstoffen werden auch Substanzen wie sekundäre Pflanzenstoffe sowie bestimmte Amino- und Fettsäuren (z. B. Omega-3-Fettsäuren) unter dem Oberbegriff „Mikronährstoffe“ zusammengefasst. Abgesehen von wenigen Ausnahmen kann der Körper Vitamine und Mineralstoffe nicht selbst bilden, sodass sie mit der täglichen Nahrung zugeführt werden müssen – in kleinen, aber ausreichenden Mengen. Das ist unerlässlich, denn schließlich sind Vitalstoffe essenziell und an fast allen Stoffwechselvorgängen maßgeblich beteiligt. Unter anderem regulieren sie die Verwertung von Kohlenhydraten und Proteinen sowie den Wasser- und Elektrolythaushalt.

Vitalstoffe sind unverzichtbar für den Aufbau von Zellen, Blutkörperchen, Knochen und Zähnen, spielen wichtige Rollen im Nervensystem und bei der Muskelkontraktion. Sie sind von enormer Bedeutung für ein leistungsstarkes Immunsystem und fürs Sehvermögen. Nur einige Beispiele, die eindrucksvoll belegen, dass Vitamine und Mineralstoffe an allen „Ecken und Enden“ des Körpers zwingend benötigt werden. Dabei erfüllt jede Substanz im Organismus ihre ganz speziellen Aufgaben und ein kleines Defizit kann bereits weitreichenden Schaden anrichten.

Falsche Kost birgt Risiken Zum Glück sind echte Vitaminmangelkrankheiten – wie Skorbut und Beriberi – in Mitteleuropa weitestgehend verschwunden. Und falsch wäre es zu behaupten, Deutschland sei ein Vitaminmangelland. Experten sind davon überzeugt, dass es allein durch eine ausgewogene Ernährung möglich ist, den täglichen Bedarf an wichtigen Vitalstoffen zu decken. Das ist zwar grundsätzlich richtig, heißt aber nicht, dass bei uns jeder vorbildlich mit allen erforderlichen Mikronährstoffen versorgt ist.

AM BESTEN AUS IHRER APOTHEKE!
Als Nahrungsergänzungsmittel (NEM) sind Vitamin- und Mineralstoffpräparate nicht nur in Apotheken, sondern beispielsweise auch in Drogerie- und Supermärkten sowie im Internet erhältlich. Vorteil beim Kauf in der Apotheke ist grundsätzlich die kompetente, seriöse Beratung. Sie kann unter anderem verhindern, dass Vitalstoffe in zu großer Menge, wahllos oder vorbei am persönlichen Bedarf eingenommen werden. Auf jeden Fall die Finger lassen sollten Ihre Kunden von dubiosen Präparaten aus dem Internet mit unrealistischen Wirkversprechen.

Kommen die oft als „Wundermittel“ angepriesenen Pillen aus fernen Regionen der Erde, können ihre Inhaltsstoffe behördlich nur schwer kontrolliert werden. Nicht auszuschließen, dass die Präparate gesundheitsschädliche Substanzen enthalten. Erklären Sie Ihren Kunden, dass seriöse Produkte aus Ihrem Apothekensortiment ausgewogen formuliert sind und sich bei der Dosierung an den täglichen Einnahmeempfehlungen der Fachgesellschaften orientieren. Die Inhaltsstoffe sind klar ersichtlich und eindeutig gekennzeichnet.

Dafür gibt es ganz unterschiedliche Gründe: Einerseits leben auch im „Schlaraffenland Deutschland“ viele Menschen, die sich – trotz der enormen Lebensmittelvielfalt – einseitig oder minderwertig ernähren oder schlichtweg zu wenig essen. Dazu gehören etwa Personen, die eine strenge Diät einhalten möchten oder müssen, Senioren, die unter Kauproblemen oder Appetitmangel leiden, und jene, die sich für eine spezielle Ernährungsform wie eine streng vegane Kost entscheiden.

Aber auch alle, die keinen großen Wert auf gesundes Essen legen – zu Fertigprodukten statt zu frischen Lebensmitteln greifen, zwischendurch süße Snacks statt Quark mit Obst genießen und um Vollkornprodukte einen großen Bogen machen – haben mitunter Schwierigkeiten, ihre Vitamin- und Mineralstoffdepots zu füllen.

Neben den eigenen Ernährungsgewohnheiten sind es aber auch bestimmte Lebenssituationen oder -umstände sowie gesundheitliche Faktoren, die Auswirkungen auf die individuelle Versorgung mit Vitalstoffen haben können. Unumstritten ist beispielsweise, dass der Bedarf an bestimmten Vitaminen und Mineralstoffen in Schwangerschaft und Stillzeit erhöht ist, dass Rauchen sowie Stress echte Vitaminräuber sind und dass bestimmte Krankheiten sowie die Einnahme von Medikamenten mitunter mit Mikronährstoffdefiziten einhergehen.

Defizite im Alter „Das Risiko einer unzureichenden Bedarfsdeckung mit Vitaminen, Spurenelementen und Mineralstoffen ist bei der älteren Bevölkerung besonders hoch“, heißt es im „Vitamin-Bericht 2014“ der Gesellschaft zur Information über Vitalstoffe und Ernährung (GIVE). So seien viele ältere Menschen beispielsweise nur mangelhaft mit Vitamin D, Kalzium und Folat (Folsäure) versorgt. Defizite gäbe es unter anderem auch beim für die Zellteilung, die Blutbildung und das Nervensystem wichtigen Vitamin B12, so der Bericht.

DIABETIKER
Zu den „Risikokandidaten“ gehören auch Diabetiker. Ein Grund: Bei Zuckerpatienten mit gestörter Nierenfunktion werden wasserlösliche Vitamine und Mineralstoffe verstärkt über den Urin ausgeschieden, was eine schlechte Versorgung mit Vitamin C, Vitaminen des B-Komplexes, mit Magnesium und Zink zur Folge haben kann. Bekannt ist auch, dass Diabetiker, die mit Metformin behandelt werden, mitunter unzureichend mit Vitamin B12 und Folsäure versorgt sind. Für Menschen mit Diabetes sind Vitalstoffdefizite oft besonders dramatisch, können sie doch die Entstehung diabetischer Folgeerkrankungen begünstigen und sich negativ auf die Blutzuckereinstellung auswirken.

Ein Grund dafür: Bei Senioren kann das wasserlösliche Vitamin B12 häufig nur schlecht vom Körper aufgenommen werden. Ein kleines Defizit kann jedoch bereits gesundheitliche Folgen haben, beispielsweise Müdigkeit und Schwäche nach sich ziehen. Ein fortgeschrittener Vitamin-B12-Mangel drückt sich in einer speziellen Form der Blutarmut aus. Dass es für Ältere mitunter schwierig ist, ihren Vitalstoffbedarf optimal zu decken, liegt manchmal an ihren Ernährungsgewohnheiten, häufig aber auch an bestehenden Erkrankungen und der sich daraus ergebenden Notwendigkeit, regelmäßig Medikamente einzunehmen.

Sind betagte Menschen in ihrer Mobilität eingeschränkt und fallen Einkaufen sowie Kochen schwer, hat das häufig eine einseitige, vitalstoffarme Nahrungszufuhr zur Folge. Auch Kauprobleme, die es fast unmöglich machen, Rohkost, Fleisch und Vollkornprodukte kleinzukriegen, können Vitalstoffdefiziten Vorschub leisten.

Vorsicht, Wechselwirkungen Nicht nur das Antidiabetikum Metformin, sondern auch zahlreiche andere Medikamente, sowohl verschreibungspflichtige als auch rezeptfreie, können den Mikronährstoffhaushalt negativ beeinflussen. So können beispielsweise Cholesterinsenker wie Cholestyramin die Absorption der fettlöslichen Vitamine A, D, E und K behindern und Diuretika die Ausschwemmung von Mikronährstoffen wie Magnesium, Kalium, Zink und Vitaminen der B-Gruppe fördern.

Die Einnahme von Acetylsalicylsäure kann ein Mehr an Vitamin C und Eisen erfordern, die Einnahme bestimmter Laxanzien einen erhöhten Bedarf an Kalium und Kalzium zur Folge haben. Antazida, die Aluminiumoder Magnesiumhydroxid enthalten, können mit Spurenelementen wie Eisen, Kupfer oder Zink schwerlösliche Komplexe bilden. Diese Vitalstoffe sind dann nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr für den Organismus verfügbar.

Viel hilft nicht viel Die Beispiele zeigen, warum es für bestimmte Personengruppen, etwa Senioren, chronisch kranke Menschen und alle, die auf bestimmte Medikamente angewiesen sind, oft sinnvoll und manchmal sogar zwingend erforderlich sein kann, ausgesuchte Vitalstoffe zu supplementieren. Wichtig ist im Beratungsgespräch natürlich immer der Hinweis, dass es sinnlos ist und mitunter auch gesundheitsschädlich sein kann, Mikronährstoffe nach dem Gießkannenprinzip oder nach der Devise „viel hilft viel“ einzunehmen.

TIPPS FÜR IHRE KUNDEN
+ Fünf Mal täglich Obst und Gemüse sowie reichlich Vollkornprodukte verzehren. Ebenfalls wertvolle Vitalstoffquellen sind: magere Milchprodukte, hochwertige Pflanzenöle, Fisch und Fleisch.
+ Frisches Obst und Gemüse der Saison kaufen, und Produkte aus der Region bevorzugen. Durch lange Transportwege und Lagerung gehen viele Vitalstoffe verloren.
+ Eine gute Alternative zu frischen Lebensmitteln ist Tiefkühlkost. Beim Einfrieren bleiben wertvolle Vitamine und Mineralstoffe erhalten.
+ Nährstoffschonend ist es, Lebensmittel zu dünsten, zu dämpfen oder kurz zu braten. Langes Kochen, Warmhalten und mehrfaches Aufwärmen führen zu Vitaminverlusten.
+ Supplemente können eine ausgewogene Ernährung nicht ersetzen, aber im Bedarfsfall sinnvoll ergänzen.

Eine aktuelle Untersuchung des Helmholtz-Zentrums München im Rahmen der KORA-Age Studie hat gezeigt, dass ältere Menschen über Nährstoffpräparate häufig zu viel Magnesium und Vitamin E aufnehmen. Bei 20 Prozent der Frauen und 33 Prozent der Männer ab 65 Jahren, die regelmäßig Magnesium supplementierten, waren die Mengen zu hoch. Bei Vitamin E wurden von 8 Prozent der Frauen und 14 Prozent der Männer zu große Mengen geschluckt. Bedenklich, da eine zu hohe Vitamin-E-Dosierung zum Beispiel die Aufnahme der Vitamine A und K hemmt. Ein Beratungsgespräch in der Apotheke kann erheblich dazu beitragen, teilweise riskanten Überdosierungen entgegenzuwirken.

Sorgenkind: Vitamin D Kopfzerbrechen bereitet Experten die oft unzureichende Versorgung zahlreicher Menschen mit diesem Prohormon, das in jeder Hinsicht eine Sonderstellung einnimmt. Vor allem deshalb, weil es als einziges Vitamin vom Körper selbst gebildet werden kann. Unter dem Einfluss von UVLicht wird das „Sonnenvitamin“ in der Haut hergestellt. Nur einen geringen Teil der benötigten Menge nehmen wir über die Nahrung auf, wobei Seewasserfische, Milch und Eier zu den natürlichen Vitamin- D-Quellen gehören.

Das Problem: Vor allem im Winterhalbjahr, wenn sich die Sonne nur selten am Himmel zeigt, wird in der Haut zu wenig davon produziert. Folge kann ein Vitamin-D-Mangel sein, der sich oft zunächst durch unspezifische Symptome äußert: Erschöpfung, Muskelschmerzen, erhöhte Infektanfälligkeit – all das kann darauf hindeuten, dass die Vitamin-D-Speicher leer sind. Vor allem Senioren haben sehr oft zu wenig davon im Körper, was auch daran liegt, dass die Synthesefähigkeit der Haut für das „Sonnenvitamin“ mit zunehmendem Alter abnimmt.

»Vor allem im Winterhalbjahr, wenn sich die Sonne nur selten am Himmel zeigt, wird in der Haut zu wenig Vitamin D produziert.«

Mittlerweile läuft die Forschung auf Hochtouren und hat unter anderem ergeben, dass ein unzureichender Vitamin-D-Status bei weitem nicht nur eine Gefahr für unsere Knochen darstellt, sondern vielmehr die Entstehung und das Voranschreiten zahlreicher chronischer Erkrankungen begünstigen kann. So werden beispielsweise Atemwegsinfekte, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mit einem Vitamin-D-Mangel in Verbindung gebracht. Menschen, die wenig ans Tageslicht kommen, sind besonders mangelgefährdet. Supplemente können und sollten eine Versorgungslücke schließen.

Folsäure nicht vergessen Ein weiteres Vitamin, mit dem viele Deutsche erwiesenermaßen unterversorgt sind, ist Folat. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) empfiehlt für Jugendliche und Erwachsene eine Zufuhr von 300 Mikrogramm Folat täglich, die Untersuchungen zufolge jedoch von einem Großteil der Bevölkerung nicht erreicht wird. Folat steckt vor allem in frischen Blattgemüsen und ist hitze-, licht- und lagerungsempfindlich.

Wer zu selten Frischkost auf den Tisch bringt oder Lebensmittel falsch zubereitet, erreicht die empfohlene Menge oft nicht. Eine herausragende Bedeutung kommt dem Vitamin in der Schwangerschaft und Stillzeit zu, da der Bedarf werdender und stillender Mütter drastisch in den Höhe schnellt. Die DGE-Referenzwerte beziffern den Bedarf auf 550 beziehungsweise 450 Mikrogramm Folat pro Tag. Mangelt es in der Frühschwangerschaft daran, steigt das Risiko für Fehlbildungen, vor allem für Neuralrohrdefekte.

Um vorzubeugen, sollten Frauen mit Kinderwunsch und Schwangere die tägliche Ernährung durch Folsäurepräparate ergänzen. Die DGE rät, zusätzlich zu einer folatreichen Ernährung 400 Mikrogramm synthetische Folsäure pro Tag in Form eines Präparates einzunehmen – und zwar möglichst vier Wochen vor Beginn der Schwangerschaft und während des ersten Schwangerschaftsdrittels.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 10/14 ab Seite 14.

Andrea Neuen-Biesold, Freie Journalistin

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