Richterhammer wird aufgeschlagen.
Das Urteil des BGH wurde heute gefällt: keine Geschenke mehr an reine Rx-Kunden. © Pattanaphong Khuankaew / iStock / Getty Images Plus

Give-aways | BGH-Urteil

KEINE APOTHEKEN-GESCHENKE MEHR?

Wegen Gratis-Gutscheinen für den nahen Bäcker haben Wettbewerbshüter eine Apotheke verklagt. Größere Werbegeschenke sind an Kunden mit Arztrezept schon länger tabu.

Stehen jetzt sogar Taschentücher und Traubenzucker auf dem Spiel?

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Hintergrund ist, dass verschreibungspflichtige Arzneimittel in Deutschland überall gleich viel kosten müssen. Diese Preisbindung dürfen Apotheker auch nicht indirekt mit Geschenken oder Rabatten unterlaufen. Der BGH war bisher der Ansicht, dass Kleinigkeiten, die höchstens einen Euro kosten, trotzdem zulässig sind. In Reaktion auf diese Urteile hat der Gesetzgeber die Vorschrift aber vor einigen Jahren verschärft. "Der Verbraucher soll in keinem Fall durch die Aussicht auf Zugaben und Werbegaben unsachlich beeinflusst werden", hieß es zur Begründung. Was das im Einzelnen für die Apotheker und ihre Kunden bedeutet, wird jetzt erstmals höchstrichterlich entschieden.

Ausdrücklich nennt das Gesetz nur wenige Ausnahmen. So dürfen kostenlose Zeitschriften wie die „Apotheken Umschau“ weiter ausgelegt werden. Für Kunden, die kein Rezept vom Arzt einlösen, sondern auf eigene Kosten einkaufen, gelten die Beschränkungen ohnehin nicht.
Anlass für die Klärung sind Klagen der Wettbewerbszentrale gegen zwei Apotheken. In Darmstadt bekamen Kunden zu ihrem Medikament einen Brötchen-Gutschein für die nahe Bäckerei – Gegenwert ungefähr: 30 Cent. Im Berliner Bezirk Spandau gab es einen Ein-Euro-Gutschein für den nächsten Einkauf.

Wegen der verschärften Vorschrift hatten die Gerichte der Vorinstanzen den Brötchen-Gutschein untersagt. Und dabei bleibt es möglicherweise: Alles andere würde den Absichten des Gesetzgebers wohl zuwiderlaufen, hatte der Vorsitzende Richter Thomas Koch in der BGH-Verhandlung im März gesagt. Es stelle sich sogar die Frage, ob traditionelle Beigaben wie das Päckchen Taschentücher oder der Traubenzucker überhaupt noch erlaubt seien, sagte er damals.

Seit heute steht das Urteil fest: Apotheken-Kunden mit Rezept vom Arzt dürfen zum Medikament auch keine Kleinigkeiten im Centbereich mehr dazubekommen. Das 2013 verschärfte Verbot solcher Werbegeschenke sei eindeutig, entschied der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Auch "geringwertige Werbegaben" seien ein spürbarer Verstoß gegen Preisvorschriften und damit wettbewerbswidrig. Mit Mini-Geschenken ist also ab sofort Schluss.

Die deutsche Arzneimittel-Preisbindung sorgt unabhängig davon für Diskussionen, seit der Europäische Gerichtshof (EuGH) 2016 entschieden hat, dass sie gegen EU-Recht verstößt. Seither müssen ausländische Versandhandels-Apotheken darauf keine Rücksicht mehr nehmen. Für die Karlsruher Fälle spielt das nicht direkt eine Rolle, weil es um deutsche Filialapotheken geht. Die BGH-Richter haben auch schon in einem anderen Urteil Ende 2018 festgestellt, dass die Preisvorschriften im Moment „weder aus unionsrechtlichen noch aus verfassungsrechtlichen Gründen unanwendbar oder unwirksam“ sind.

Quelle: dpa

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