Menschen laufen vor Zigarettenkugel weg
© wildpixel / iStock / Thinkstock

Raucherentwöhnung

JETZT BEGINNEN!

Die schädlichen Wirkungen des Rauchens sind allgemein bekannt. Wer einmal abhängig war und den Rauchstopp auf Dauer geschafft hat, weiß, wie schwierig das ist. Unterstützung gibt die richtige Beratung in der Apotheke.

Seite 1/2 18 Minuten

Seite 1/2 18 Minuten

Zum Jahresbeginn nehmen sich viele Menschen vor, mehr Wert auf ihre Gesundheit zu legen und zum Beispiel mit dem Rauchen aufzuhören. Dieser Vorsatz sollte unbedingt unterstützt werden, schließlich ist das Zigarettenrauchen mit zahlreichen Folgeerkrankungen und gesundheitlichen Konsequenzen für den Einzelnen, aber auch mit massiven Kosten für das Gesundheitssystem verbunden. Laut Mikrozensus 2013 des statistischen Bundesamtes rauchen 24,5 Prozent der deutschen Bevölkerung, der höchste Anteil betrifft die jüngeren Menschen. Unter den Frauen ist der Prozentsatz etwas geringer, allerdings mit steigender Tendenz. Die Hälfte der rauchenden Männer und etwa ein Drittel der rauchenden Frauen sind starke Raucher und rauchen mehr als 20 Zigaretten pro Tag. Das Durchschnittsalter, in dem das erste Mal geraucht wird, beträgt 13 bis 14 Jahre. Raucher haben eine um etwa elf Jahre

Wirkung des NikotinsDie große Mehrheit der Raucher (80-90 Prozent) will mit dem Rauchen aufhören – aber lediglich 30 Prozent unternehmen innerhalb eines Jahres mindestens einen ernsthaften Versuch. Warum ist es trotz des festen Entschlusses zum Rauchstopp für die meisten Raucher so schwierig, langfristig mit ihrem Laster aufzuhören? Das liegt an der psychischen und physischen Abhängigkeit, die sich oft über Jahre entwickelt haben. Etwa jeder zweite regelmäßige Raucher erfüllt die Diagnosekriterien für eine Abhängigkeitsstörung, er ist also süchtig. Um diese Mechanismen zu verstehen, sollten die pharmakologischen Effekte des Nikotins, des Hauptinhaltsstoffes der Zigaretten betrachtet werden: Sowohl im vegetativen Nervensystem als auch im ZNS findet man Nikotinrezeptoren.

Man nennt die des vegetativen Nervensystems zur Unterscheidung der muskarinischen auch nikotinische Acetylcholinrezeptoren. Sie befinden sich an den postganglionären Fasern des Sympathikus und des Parasympathikus sowie an der motorischen Endplatte der quergestreiften Muskulatur. Normalerweise bindet Acetylcholin an diese Rezeptoren, aber auch Nikotin und andere nikotinerge Substanzen haben eine Affinität zu ihnen – und zwar eine hohe. Sowohl Acetylcholin als auch Nikotin haben eine aktivierende Wirkung auf die Rezeptoren, die einen Ionenkanal darstellen und sich öffnen. Das Besondere an dem aus der Tabakpflanze gewonnenen Alkaloid ist die chemische Struktur, die das rasche Anfluten des Stoffes im Gehirn ermöglicht.

Innerhalb weniger Sekunden nach der Inhalation erreicht das Nikotin die Acetylcholinrezeptoren. Die Prozesse des Sympathikus und Parasympathikus werden nun in Gang gesetzt. Die Aktivierung des Sympathikus führt zur Freisetzung von Adrenalin und damit zur Erhöhung der Herzfrequenz und dem gesteigerten Abbau von Fetten und Glykogen. Der Blutzucker sinkt. Der beschleunigte Stoffwechsel hat einen erhöhten Energieumsatz zur Folge. Nikotin bewirkt über den Sympathikus auch eine Erhöhung der Atemfrequenz. Außerdem wirkt Nikotin auf das Brechzentrum, hier vermindert es den Appetit und ruft dosisabhängig Übelkeit hervor.

Über die Stimulation des Parasympathikus kommt es zu einer Steigerung der Magensaftproduktion sowie einer verstärkten Darmtätigkeit und damit zur Anregung der Verdauung. Auf die Blutgefäße hat Nikotin eine über Vasopressin vermittelte gefäßverengende Wirkung, die eine Blutdrucksteigerung als Folge mit sich bringt. Die Blutgerinnungsneigung wird verstärkt und damit auch das Risiko für thromboembolische Ereignisse. Für die Entwicklung der Abhängigkeit ist die stimulierende Wirkung auf das Belohnungssystem des Körpers entscheidend. Über die Steigerung der Dopamin- Produktion und -Ausschüttung wird ein Wohlgefühl erreicht. Normalerweise reagiert das Belohnungszentrum positiv auf Vorgänge, die für das Überleben des Menschen wichtig sind. Nikotin imitiert dieses so, als wäre das Rauchen ebenfalls so ein bedeutsamer Prozess.

Nach einer Zeit der Gewöhnung benötigt der Körper das Nikotin, um sich genauso wie ein Nichtraucher zu konzentrieren und zu entspannen. Der Raucher ist körperlich abhängig. Nikotin wird über die Zwischenstufe des Metaboliten Cotinin in der Leber metabolisiert. Die Ausscheidung geschieht renal. Aufgrund der relativ kurzen Halbwertzeit von zwei Stunden, verspürt der Raucher sehr schnell das Absinken der Nikotinspiegel. Es entwickelt sich ein erneutes Rauchverlangen, um die Rezeptoren im Gehirn mit Nachschub zu versorgen und in der Folge das gewünschte Wohlgefühl wieder zu erreichen. Bleibt das Nikotin aus, merkt der Raucher die unangenehmen Entzugssymptome wie Schlafstörungen, Unruhe, Konzentrationsstörungen, Appetitsteigerung und Nervosität. Diese Symptome machen das Aufhören so schwer. Positiv ist aber, dass diese Entzugserscheinungen meist nur relativ kurze Zeit, wenige Wochen, anhalten und häufig schon nach einigen Tagen spürbar nachlassen.

NIKOTIN, DAS TÖDLICHE GIFT
Nikotin ist in etwa gleichen Dosen ähnlich toxisch wie Blausäure. Für den nicht an Nikotin gewöhnten Menschen soll die einmalige orale Gabe von 60 mg tödlich wirken. Höhere Dosen Nikotin lösen Krämpfe aus, in toxischen Dosen eingenommen ruft der Stoff zentrale Erregung, Atemlähmung sowie Kreislaufzusammenbrüche hervor. Er verursacht auch einen Depolarisationsblock mit Hemmung der neuromuskulären Übertragung, sodass bei ausreichend hohen Dosen der Tod innerhalb von wenigen Minuten durch Atemlähmung eintreten kann. Bei einem Konsum von 20 Zigaretten pro Tag werden zwischen 20 und 40 mg Nikotin über den Tag verteilt aufgenommen.

 

Gesundheitliche Folgen Durch das Rauchen wird nicht nur Nikotin aufgenommen, sondern auch zahlreiche Schadstoffe. In einer Zigarette sind mehr als 3800 chemische Substanzen. Die Mehrzahl sind lungengängige Feinstaubteilchen. Mindestens 40 Substanzen sind krebserregend, weitere giftig. Zu den krebserregenden Stoffen zählen zum Beispiel Teer, Schwermetalle und Nitrosamine. Da das Flimmerepithel, das für die Bronchialreinigung notwendig ist, bei Rauchern stark geschädigt wird, dringen die giftigen Stoffe bis in die tiefen Bronchien ein und verbleiben zum großen Teil dort. So ist die Lunge eines starken Rauchers leicht an der grauen Färbung von einer Lunge eines Nichtrauchers zu unterscheiden.

Insbesondere der Lungenkrebs ist in den meisten Fällen auf das Rauchen zurückzuführen. Die Raucherkrankheit schlechthin ist die chronisch obstruktive Lungenerkrankung (COPD, Chronic Obstructive Pulmonary Disease). Rauchen ist außerdem ein erheblicher Risikofaktor für akute Infektionen der Atemwege wie Grippe und Erkältungen. Doch nicht nur die Lunge leidet, das Rauchen schädigt nahezu jedes Organ des Körpers und ist der wichtigste vermeidbare Risikofaktor für chronische Leiden, wie Herz-Kreislauf- Erkrankungen, Atemwegserkrankungen und Krebs. Im Vergleich zu Nichtrauchern haben Raucher ein mehr als doppelt so hohes Risiko für eine Herz-Kreislauf- Erkrankung und ein doppelt so hohes Risiko für Schlaganfälle.

Zudem schädigt das Rauchen viele andere Organe, begünstigt Osteoporose und führt wegen der verminderten Durchblutung zu Erektionsstörungen. In der Schwangerschaft ist Rauchen zum Schutze des Embryos verboten, denn es führt zu Geburtskomplikationen und beeinträchtigt die Entwicklung des Kindes noch bis ins Erwachsenenalter.

GRAD DER ABHÄNGIGKEIT
Damit die PTA und Apotheker das richtige Präparat auswählen können, sollten zunächst Informationen über die Rauchhistorie und das aktuelle Rauchverhalten ermittelt werden. Um die Intensität der Abhängigkeit abzuschätzen, hat sich der Fagerström-Test bewährt.

Wann nach dem Aufstehen rauchen Sie Ihre erste Zigarette?
nach 5 Minuten (3 Punkte)
nach 6 – 30 Minuten (2 Punkte)
nach 31 – 60 Minuten (1 Punkt)
nach mehr als 60 Minuten (0 Punkte)

Finden Sie es schwierig, an Orten, wo das Rauchen verboten ist, das Rauchen zu unterlassen?
ja (1 Punkt)
nein (0 Punkte)

Auf welche Zigarette würden Sie nicht verzichten wollen?
die erste am Morgen (1 Punkt)
andere (0 Punkte)

Wie viele Zigaretten rauchen Sie pro Tag?
31 und mehr (3 Punkte)
21 – 30 (2 Punkte)
11 – 20 (1 Punkt)
bis 10 (0 Punkte)

Rauchen Sie am Morgen mehr als am Rest des Tages?
ja (1 Punkt)
nein (0 Punkte)

Kommt es vor, dass Sie rauchen, wenn Sie krank sind und tagsüber im Bett bleiben müssen?
ja (1 Punkt)
nein (0 Punkte)

Auswertung des Fagerström-Tests:
Eine Gesamtpunktzahl aus Fragen 1-6 wird ermittelt.
0 – 3 bedeutet eine geringe,
4 – 7 eine mittlere,
8 – 10 eine sehr starke Abhängigkeit.

 

Rauchertypen Da das Rauchen auch mit einer psychischen Abhängigkeit verbunden ist, sollte eine Therapie nicht nur die Folgen des Entzugs in den Fokus nehmen, sondern auch Verhaltensmuster des Rauchers ändern. Dazu ist es wichtig, die verschiedenen Rauchertypen zu kennen, um den Patienten gezielt Unterstützung anbieten zu können. Unter den Rauchern werden verschiedene Typen unterschieden: der Gelegenheitsraucher, der Genussraucher, der Stressraucher und der Gewohnheitsraucher. Gelegenheitsraucher rauchen in Gesellschaft auf einer Feier oder aus Langeweile. Sie unterliegen einem geringen Abhängigkeitsdruck.

Der Genussraucher braucht seine Zigarette nach dem Essen, zu einem Glas Wein oder Bier. Hier ist das Belohnungssystem im Gehirn besonders aktiviert. Stressraucher benötigen die Zigarette in schwierigen Situationen zum Spannungs- und Stressabbau. Für sie ist es oft schwierig, aus dem normalen Alltag heraus den Rauchstopp zu bewältigen. Beim Gewohnheitsraucher haben sich bereits feste Verhaltensstrukturen im Zusammenhang mit dem Rauchen eingestellt. Bei diesen Rauchern ist eine begleitende Verhaltenstherapie sehr wichtig, um nicht langfristig wieder in die alten Muster des Rauchens zurückzufallen.

Aufhören oder Reduzieren Um es wirklich zu schaffen, muss der feste Wille bestehen, auf die Zigarette zu verzichten. Viele Experten schwören auf die Schlusspunktmethode. Dabei setzt der Raucher einen letzten Tag fest und hört dann komplett auf zu rauchen. Dagegen geht die Reduktionsmethode davon aus, dass es schon ein Erfolg ist, die Zahl der täglich gerauchten Zigaretten deutlich zu senken. Dies könnte dann der weiche Übergang zum kompletten Rauchstopp sein. Eine ganz aktuelle Studie bei behandlungssuchenden Rauchern in Frankreich zeigte, dass von über 28 000 erfassten Rauchern lediglich 4,4 Prozent mit der Reduktionsmethode aufhören konnten, während jeder zweite durch das abrupte Absetzen Erfolg hatte.

Beide Methoden waren bei der Ein- Monats-Katamnese etwa gleichermaßen erfolgreich. Eine Reduktion wurde von älteren Rauchern mit höherem Konsum, ohne vorherige Ausstiegsversuche, geringerer Selbstwirksamkeit und stärkerer depressiver Symptomatik präferiert. Die Erfolgsaussichten waren dabei größer, wenn orale Nikotinersatzpräparate verwendet und intensive Nachbetreuung in Anspruch genommen wurde.

BZGA: WER HILFT BEIM RAUCHSTOPP?
Diese qualitätsgesicherten Angebote der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung unterstützen beim Rauchstopp:
Gruppenkurs „Rauchfrei Programm

“. Informationen zum Kursangebot, zu Anbietern vor Ort und den Möglichkeiten der Kostenerstattung gibt es unter: www.rauchfrei-programm.de


Online-Ausstiegsprogramm mit bewährten Informationen, Tipps und täglicher E-Mail (http://www.rauchfrei-info.de) mit Online-Rauchfrei-Lotsen. Erfolgreiche Ex-Rauchende begleiten bei der Tabakentwöhnung.
START-Paket zum Nichtrauchen mit Broschüre „Ja, ich werde rauchfrei“, einem „Kalender für die ersten 100 Tage“, einem Stressball und anderen hilfreichen Materialien. Kostenlose Bestellung über: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, 51101 Köln, Fax: 0221/8992257, E-Mail: order@bzga.de
Telefonische Beratung zur Rauchentwöhnung unter der Rufnummer 0800/ 831 31 31 kostenfreie Servicenummer.

 

Therapie Mit dem Rauchen aufzuhören, gelingt beim ersten Versuch nur wenigen Rauchern. Die Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF) empfiehlt in ihrer Leitlinie, Methoden zur psychologischen und physischen Entwöhnung zu kombinieren. Andere Konzepte wie Hypnose, Akupunktur, Akkupressur oder autogenes Training werden ebenfalls im Kontext der Raucherentwöhnung beworben. Zu diesen Maßnahmen existieren jedoch keine evidenzbasierten Studien. Dennoch werden sie häufig von Rauchern ausprobiert oder zusammen mit der Nikotinersatztherapie als Ergänzung kombiniert.

Verglichen mit Placebo bringt die medikamentöse Therapie etwa doppelt so viele Raucher langfristig von der Zigarette ab. Erfolgreiche psychologische Angebote basieren auf den Grundsätzen der kognitiven Verhaltenstherapie. Gute Chancen für einen langfristigen Erfolg haben Entwöhnungsprogramme, die eine Nikotinersatztherapie und verhaltenstherapeutische Strategien beinhalten. Unter Vareniclin schafften bis zu 30 Prozent der Raucher den Rauchstopp.

Medikamentöse Unterstützung Nikotinhaltige Pflaster, Kaugummis oder Lutschtabletten sind ein Weg, den Entzug zu erleichtern. Sie mildern die Entzugssymptome, indem sie den Körper weiterhin mit Nikotin versorgen, allerdings ohne die weiteren giftigen Stoffe aus der Zigarette zuzuführen. Somit ist die zeitlich begrenzte Nikotinersatztherapie gesundheitlich eine deutliche Verbesserung zum Rauchen. Die Anwendung von Nikotinersatzmitteln verschafft dem Ex-Raucher den Vorteil, sich zunächst auf die Bewältigung der psychischen Abhängigkeit zu konzentrieren und dabei kontinuierlich die Nikotindosis zu reduzieren. Dieser Prozess bis hin zum völligen Nikotinverzicht verläuft je nach dem Grad der Abhängigkeit über mehrere Wochen, manchmal sogar Monate.

Während der Anwendung von Nikotinersatzprodukten sollte generell auf jegliches Rauchen verzichtet werden, da es das Ziel ist, die Verhaltensmuster des Rauchens wieder abzulegen. Bei gleichzeitigem Rauchen besteht außerdem das Risiko von Überdosierungen des Nikotins. In der Apotheke gibt es verschiedene Darreichungsformen zur Nikotinersatztherapie. Welches Präparat für welchen Patienten richtig ist, sollte die PTA anhand des bisherigen Rauchverhaltens ermitteln. Wichtig ist, die Stärke der Nikotinersatzpräparate auf den bisherigen Zigarettenkonsum abzustimmen.

×