Bayer | NSAR
INTERVIEW MIR EXPERTIN DR. ASTRID GENDOLLA
Seite 1/1 2 Minuten
NSAR wie Ibuprofen und Diclofenac stehen in letzter Zeit verstärkt in der Kritik, kardiovaskuläre Risiken zu bergen bzw. zu erhöhen – wie beurteilen Sie dieses Risiko?
Wir wissen aus mittlerweile recht zahlreich publizierten Daten, dass NSAR das Herz-Kreislauf-Risiko bei Personen, die bereits bekannte Risikofaktoren aufweisen, erhöhen können.1,2,3 Bei diesen Patienten sollten daher andere Wirkstoffe zur Schmerzbehandlung oder Fiebersenkung eingesetzt werden.
Trifft das auch auf Acetylsalicylsäure zu?
Nein. ASS nimmt hier aufgrund seines Wirkmechanismus eine Sonderrolle ein. Mehrere Studien zeigen klar einen kardioprotektiven Effekt – auch in Dosierungen von 500 oder 1.000 mg, wie sie heute zur Schmerzlinderung und Fiebersenkung eingesetzt werden.4
Personen mit kardiovaskulären Risikofaktoren nehmen häufig niedrig dosierte ASS ein – darf in diesen Fällen zusätzlich ASS zur Schmerzlinderung oder Fiebersenkung eingesetzt werden?
Ja. Die Plättchenaggregationshemmung durch niedrig dosierte ASS liegt bei fast 100 %. Und diese fast 100%-ige Hemmung ist auch nötig, um einen ausreichenden kardioprotektiven Effekt zu erzielen. Eine zusätzliche Gabe von ASS in analgetischer Dosierung kann diesen Effekt weder erhöhen noch abschwächen. Eine gleichzeitige Einnahme von ASS, etwa zur Schmerzlinderung oder Fiebersenkung, birgt daher nicht die Gefahr einer zu starken Gerinnungshemmung oder Blutungsneigung.
Dürfen auch andere NSAR gemeinsam mit niedrig dosierter ASS eingenommen werden?
Nicht grundsätzlich. Bei Ibuprofen ist zu beachten, dass es die thrombozytenaggregationshemmende Wirkung von niedrig-dosierter ASS z.B. zur Reinfarktprophylayxe aufheben kann.5,6 Diese Wechselwirkung lässt sich verhindern, wenn die beiden Medikamente zeitlich getrennt voneinander eingenommen werden. Es wird empfohlen, Ibuprofen mindestens 30 Minuten nach oder mehr als 8 Stunden vor der nächsten ASS-Gabe einzunehmen.
Expertentipp Dr. Astrid Gendolla
Bei gelegentlichen Kopfschmerzen ist es unproblematisch, Patienten ein rezeptfreies Schmerzmittel zu empfehlen, mit dem sie ihre Schmerzen lindern können. Doch es gilt, die individuellen Merkmale und Risikofaktoren wie Vorerkrankungen und Medikation zu berücksichtigen. Denn nicht jeder Wirkstoff ist für jeden der richtige. Dementsprechend empfiehlt es sich unbedingt, auch Arzneimittel zur Selbstmedikation im Rahmen eines leitliniengerechten Beratungsgesprächs individuell auszuwählen.
1 Sondergaard KB et al. Eur Heart J Cardiovasc Pharmacother 2017; 3: 100-107
2 Trelle S et al. BMJ 2011; 342: c7086
3 Bally M et al. BMJ 2017; 357: j1909
4 Antithrombotic Trialists' Collaboration. BMJ 2002; 324: 71-86