© DIE PTA IN DER APOTHEKE
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Interview

„ICH FREUE MICH ÜBER JEDES FRAUENSPEZIFISCHE FERTIGPRÄPARAT“

Die Ärztin Heide Fischer hat sich in ihrer Praxis auf Frauen-Naturheilkunde spezialisiert. Weil es, wie sie sagt, einen Unterschied macht, ob man in unserer Gesellschaft als Mann oder als Frau lebt und weil sich universitäre Medizin und Naturheilverfahren wunderbar ergänzen.

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Haben Frauen andere gesundheitliche Herausforderungen zu bewältigen als Männer?
Frauen haben nach wie vor wirklich viele Aufgaben gleichzeitig zu bewältigen. So ruhen die Haushaltspflichten und auch die Familienarbeit meist mehr auf den Schultern der Frauen. Sind die Kinder einigermaßen versorgt, steigen viele Frauen wieder in den Beruf ein – und sind damit noch zusätzlich gefordert. Die Mehrfachbelastung ist eine gesundheitliche Herausforderung. Aber Frauen leiden auch schneller unter psychosozialen Belastungen. Frauen reagieren zudem körperlich anders als Männer und zeigen zum Teil auch andere Beschwerden. Wenn Frauen zum Beispiel einen Herzinfarkt erleiden, fühlt sich das anders an als bei einem Mann. Es ist eine Herausforderung für die Ärzteschaft, hier verstärkt geschlechtsspezifisch zu denken.

Einer aktuellen Erhebung zufolge* bevorzugt die Mehrheit der Frauen natürliche, pflanzliche Gesundheitsprodukte – ist dieser Trend auch in Ihrem Praxisalltag spürbar?
Mich überrascht dieses Umfrageergebnis überhaupt nicht. Das spiegelt sich in meinem Praxisalltag täglich wider. Die Mehrheit der Frauen kommt zu mir, weil sie alternative oder ergänzende Behandlungsweisen suchen. Und die Frauen-Naturheilkunde ist mein Aushängeschild. Patientinnen, deren einzige Priorität die schnelle Symptomfreiheit ist, muss man gelegentlich verdeutlichen, dass Krankheit im Zusammenspiel von Körper und Seele entsteht. Eine Krankheit ist immer multikausal, es kommen bei der Entstehung verschiedene Faktoren zusammen. Wir können auf den Heilungsprozess mehr Einfluss nehmen, wenn wir bei Krankheitsursachen wie bei der Behandlung diese Ebenen berücksichtigen.

Benötigen Frauen auch besondere Gesundheitslösungen im Sinne von Female Health?
Unbedingt. Viele Themen – angefangen von den spezifisch weiblichen Belastungen bis hin zur ganzheitlichen Betrachtung von Problemen – dürfen geschlechtsspezifisch betrachtet werden. Ein Vorteil ist, dass Frauen eher bereit sind, prophylaktische Angebote wahrzunehmen. Frauen sind durchaus ansprechbar im Sinne von „Kümmere dich jetzt mal ein bisschen mehr um dich“.

»Ich würde mir wünschen, dass Mädchen und Frauen sich frei entfalten können – unabhängig von Bildern, die von außen auf sie projiziert werden.«

Welche Rolle spielt die ganzheitliche Betrachtung für eine Behandlung im Sinne von wirklich weiblichem Wohlbefinden?
Für das weibliche Wohlbefinden ist eine ganzheitliche Betrachtung und Behandlung wichtig. Beschwerden und Erkrankungen entstehen im Geflecht von Körper, Geist und Seele. Eine Behandlung sollte daher alle diese Bereiche mit einbeziehen. Manche Frauen kommen ganz explizit mit dem Wunsch nach einer ganzheitlichen Therapie zu mir in die Praxis. Sie wünschen sich, dass ihre körperlichen Beschwerden nicht isoliert betrachtet werden, sondern eingebettet in die Befindlichkeit der gesamten Person.

Welche Erfolge konnten Sie mit natürlichen Behandlungsansätzen bei Ihren Patientinnen verzeichnen?
Bei vielen typisch weiblichen Beschwerdebildern kommen wir mit einem naturheilkundlichen Ansatz sehr weit. Wichtige Einsatzgebiete für die Frauen-Naturheilkunde sind zum Beispiel die Zyklus-Regulation, das prämenstruelle Syndrom oder Wechseljahrsbeschwerden. Es gibt eigentlich kein gynäkologisches Thema, bei dem wir mit der Naturheilkunde nicht mindestens unterstützend wirken können. Wenn möglich, setze ich bei allen weiblichen Gesundheitsfragen pflanzliche, homöopathische oder anthroposophische Arzneimittel ein. Das ist mein Beruf. Es ist mir aber ein großes Anliegen, dass Schulmedizin und Naturheilkunde sich in gegenseitiger Wertschätzung ergänzen.

Fast drei Viertel der Befragten aus einer aktuellen Erhebung* finden es wichtig, dass Arzneimittelhersteller sich mit speziell weiblichen Gesundheitsbedürfnissen beschäftigen. Inwiefern ist dieser Wunsch heute schon Wirklichkeit?
Wenn wir von Arzneimittel-Herstellern sprechen, dann sprechen wir über Fertigpräparate. Ich freue mich über jedes frauenspezifische Fertigpräparat, das wir einsetzen können. In meiner Praxis arbeite ich als Phytotherapeutin aber auch mit individuellen Tee- oder Tinktur-Mischungen, mit speziell hergestellten Vaginalzäpfchen und Intimpflegeprodukten. Wie bewerten Sie die Idee des neuen Dr. Böhm® Female Health Portfolios von Apomedica, das auf Frauen zugeschnitten ist? Dass sich ein Hersteller grundsätzlich auf Gesundheitsprodukte für Frauen, möglichst mit Bestandteilen aus biologischem Anbau konzentriert, finde ich eine gute Idee.

Wird Ihrer Meinung nach insgesamt genug getan, um den besonderen Anforderungen von Frauen im Sinne von wirklich weiblichem Wohlbefinden gerecht zu werden?
Das ist im Grunde eine politische Frage – und da würde ich mir noch mehr Gleichstellung wünschen. Die Belange von Frauen sollten gesellschaftlich eine größere Rolle spielen. Als Naturheilkundlerin wünsche ich mir ein breites Spektrum von frauenspezifischen Präparaten und Naturheilmitteln, um in den verschiedenen weiblichen Lebensphasen unterstützend wirken zu können. Denn weibliche Gesundheit hat viel mit Rhythmizität zu tun. Außerdem würde ich mir wünschen, dass Mädchen und Frauen sich frei entfalten können – unabhängig von Bildern, die von außen auf sie projiziert werden. Das beginnt in der Pubertät, wo die Entwicklung weiblicher Sexualität zunehmend von Internet-Pornografie geprägt wird. Geht weiter mit jungen Müttern, denen suggeriert wird, sie müssten spielend Haushalt, Kinder und Beruf auf einmal bewältigen – tagsüber bestens gelaunt und abends begehrlich. Und mit einem Blick auf die Werbung für die Frau in den Wechseljahren, stellt sich die Frage, ob Frauen in unserer Gesellschaft wirklich in Würde älter werden dürfen. Es gibt noch viel zu tun.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Frauengesundheit der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 62.

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