Gesundheitsberufe
HÖRAKUSTIKER
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Hörgeräteakustiker – so hießen die Experten für gutes Hören bis Mitte letzten Jahres. Doch am 1. August 2016 trat die neue Ausbildungsordnung in Kraft und mit ihr die aktualisierte Berufsbezeichnung: Hörakustiker beziehungsweise Hörakustikerin. Aus gutem Grund ist der Begriff „Geräte“ aus dem Namen verschwunden, denn mit „Geräten“ haben modernste Hörsysteme nur noch wenig zu tun. Vielmehr handelt es sich dabei um hochkomplexe Minicomputer, in denen eine ausgeklügelte Technik für besseres Hören sorgt, Betroffenen so die gesellschaftliche Teilhabe ermöglicht und ein Plus an Lebensqualität mit sich bringt.
Gesundheitshandwerk mit Zukunft Hinter dem Begriff Hörakustiker verbirgt sich ein Gesundheitshandwerk mit vielfältigen Anforderungen. In Deutschland dauert die Ausbildung im dualen System drei Jahre und findet abwechselnd im örtlichen Ausbildungsbetrieb und an der Akademie für Hörakustik in Lübeck statt. Obwohl das Abitur keine Zugangsvoraussetzung ist, hat mittlerweile jeder zweite Azubi eine Hochschulreife. Viele Betriebe stellen allerdings auch Ausbildungsanfänger mit mittlerem Bildungsabschluss ein.
Neben einem entsprechenden Abschluss sollten Bewerber insbesondere ausgeprägte soziale Kompetenzen mitbringen, ebenso Interesse an medizinischen und physikalischen Themen, so die Bundesinnung der Hörakustiker (biha). Gefragt sei außerdem eine Portion handwerkliches Geschick. Die Ausbildung endet mit der Gesellenprüfung. Ist sie bestanden, haben frisch gebackene Hörakustiker gute Berufsperspektiven und oft schon zum Zeitpunkt der Prüfung einen festen Arbeitsvertrag in der Tasche.
Darüber hinaus bietet das Gesundheitshandwerk zahlreiche Möglichkeiten, sich weiterzubilden – zum Beispiel zum Tinnitus-Experten oder zum Pädakustiker, der auf die Hörsystem- Versorgung von Kindern spezialisiert ist. Ebenso möglich: Nach der Ausbildung einen Bachelor-Studiengang in Hörakustik zu belegen oder mit ein paar Jahren Berufserfahrung die Meisterprüfung zu absolvieren und später einen eigenen Betrieb zu eröffnen.
Experten für besseres Hören Hörakustiker sind gefragte Experten, bedenkt man, dass bei uns schätzungsweise 5,4 Millionen Menschen schwerhörig sind. „Mit 6000 Hörakustiker- Betrieben und circa 14 500 Hörakustikern versorgt das Handwerk circa 3,5 Millionen Menschen in Deutschland mit hochwertigen, volldigitalen Hörsystemen“, so die biha. Die Anpassung digitaler Hörsysteme auf Grundlage einer ärztlichen Diagnose ist ein komplexer, beratungsintensiver und stets individueller Prozess. Zunächst bestimmt der Hörakustiker mit speziellen Hörtests (Audiometrie) das individuelle Hörprofil des Kunden.
Dabei prüft er unter anderem, wie gut hohe und tiefe Töne wahrgenommen werden. Mit Hilfe eines Sprachhörtests kann er feststellen, inwiefern der Kunde Gesprochenes unter Einfluss von Störgeräuschen (z. B. Straßenlärm) verstehen kann. Die Auswertung der Testergebnisse liefert die Basis für die weitere Beratung und die Auswahl geeigneter Hörsysteme. Mit einem Abdruck vom Ohr fertigt der Hörakustiker Maßohrstücke (Otoplastiken) an. Bei dieser Tätigkeit ist äußerste Präzision gefragt. Schließlich folgt die Anpassung des Hörsystems an die individuelle Hörminderung in mehreren Schritten, vor allem mit digitaler Hilfe.
Fingerspitzengefühl gefragt Wichtig, dass sich der Hörakustiker mit der erforderlichen Portion an Einfühlungsvermögen auf die Wünsche des jeweiligen Kunden einstellt und ihm eine Auswahl geeigneter Hörsysteme vorstellt. Neben traditionellen Hinter- dem-Ohr-Geräten, von denen ein transparenter Schallschlauch ins Ohr führt, spielen die kleinen, fast unsichtbaren Im-Ohr-Geräte heute wichtige Rollen. Die individuelle Beratung ist ein sehr wichtiger Bestandteil der täglichen Arbeit. Im persönlichen Gespräch informiert der Hörakustiker auch darüber, dass es eine Zeitlang dauern kann, bis sich der Träger an das neue Hörsystem gewöhnt hat und der bestmögliche Hörerfolg erreicht ist.
Und auch nach der Anpassungs- und Eingewöhnungsphase ist seine Arbeit noch nicht beendet. Schließlich können Nachjustierungen erforderlich sein, müssen die Hörsysteme gereinigt, gewartet und instandgehalten werden: ein Grund, warum Hörakustiker ihre Kunden oft jahrelang betreuen und beraten. Auch mit anderen Hilfsmitteln sorgen die Experten für besseres Hören und mehr Lebensfreude – zum Beispiel mit Hörverstärkern für den Fernsehempfang oder mit speziellen Tinnitus- Geräten, sogenannten Maskern beziehungsweise Noisern, die das störende Tinnitus- Geräusch mit einem Grundrauschen oder Naturklängen überlagern.
Der Hörakustiker muss nicht nur ein präzise arbeitender Handwerker und taktvoller Dienstleister sein, sondern braucht zudem kaufmännische Fähigkeiten, zum Beispiel für die Erstellung von Angeboten und Kostenvoranschlägen, für den Schriftverkehr mit Herstellern und Krankenkassen. Und wer als Meister einen eigenen Betrieb führt, muss sich auch mit Themen wie Verkaufsförderung und Mitarbeiterführung auskennen. „Hörakustiker ist ein Beruf mit vielen Facetten“, so das Fazit der biha.
Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 03/17 ab Seite 128.
Andrea Neuen-Biesold, Freie Journalistin