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HISTIOZYTOSE X
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Die HistiozytoseX wird auch als Langerhanszell-Histiozytose bezeichnet. Histiozyten sind Zellen der unspezifischen Immunabwehr, die bei Bedarf in Makrophagen umgewandelt werden. In der Epidermis werden sie als Langerhanszellen bezeichnet und ihre Aufgabe besteht darin, Eindringlinge wie Bakterien oder Viren zu eliminieren.
Bei der Langerhanszell-Histiozytose kommt es zu einer Vermehrung und Akkumulation der Histiozyten. Diese veränderten Zellen können sich über die Blutbahn ausbreiten und andere Organe infiltrieren, bei Kindern am häufigsten das Skelett (80 Prozent der Fälle), die Haut (ein Drittel der Fälle) sowie die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse; ein Viertel der Fälle). Der Verlauf ist bei jedem Patienten unterschiedlich: Ist nur ein Organ betroffen, so besteht die Chance, dass die Krankheit von allein ausheilt. Liegt jedoch ein Multiorganbefall vor, können Patienten dauerhaft schwer erkranken oder sogar sterben.
Überwiegend Kinder betroffen In Deutschland erkranken nach Angaben der Selbsthilfegruppe HistiozytoseHilfe e.V. jährlich etwa 40 bis 50 Kinder neu an Langerhanszell-Histiozytose, das entspricht einer Inzidenz von drei bis fünf Fällen pro eine Million Kinder. Je nachdem, welches und wieviele Organe betroffen sind, kann sich die Langerhanszell-Histiozytose unterschiedlich äußern: Allgemeinsymptome können Schmerzen in der betroffenen Region, Fieber, Abgeschlagenheit und Gedeihstörungen sein.
Bei einem Knochenbefall kann die Infiltration zu Knochenbrüchen, aber auch Schwellungen oder Schmerzen führen. Ein Befall der Haut kann sich in einzelnen Knötchen oder einer generalisierten Dermatose äußern. Ist die Hypophyse betroffen, so kann dies ihre Funktion beeinträchtigen. So kommt es bei einem Befall des Hinterlappens zu einer unzureichenden Freisetzung des Hormons Vasopressin (Anti-Diuretisches Hormon, ADH).
Selbsthilfe
Auf www.histiozytose.org finden Patienten Informationen und unbürokratische Hilfe. Die Histiozytosehilfe ist ein Zusammenschluss von Betroffenen (Erwachsenen und Eltern von Kindern, die an Histiozytose erkrankt sind) zur Selbsthilfe und dem Kampf gegen diese Krankheit. Eines ihrer Ziele ist es, die Krankheit in der Öffentlichkeit bekannter zu machen, da fast niemand je etwas von Histiozytose gehört oder gesehen hat und auch viele Ärzte viel zu wenig Erfahrung damit haben, um eine schnelle und sichere Diagnose stellen zu können.
Dies wiederum kann zu einem Diabetes insipidus führen, welcher durch eine extrem hohe Harnausscheidung sowie ein großes Durstgefühl gekennzeichnet ist. Zudem können auch die Leber, die Milz, das blutbildende System, die Lunge und seltener auch die Lymphknoten oder das zentrale Nervensystem betroffen sein.
Diagnose Dafür ist die Entnahme einer Gewebeprobe erforderlich, in der die veränderten Langerhanszell-Histiozyten histopathologisch und immunhistochemisch nachgewiesen werden. Um die Schwere der Erkrankung und den Befall der einzelnen Organe einschätzen zu können, kommen zudem laborchemische Untersuchungen sowie bildgebende Verfahren zum Einsatz.
Von Milz, Leber und blutbildendem System ist bekannt, dass ein Befall mit einer schlechteren Prognose einhergeht. Läsionen, die bei einer Operation nur schwer oder gar nicht zugänglich oder lebensbedrohlich sind, werden zudem als „specialsites“ bezeichnet. Diese Klassifizierungen sind wichtig für die Wahl der Behandlungsstrategie.
Individueller Verlauf Eine lokale Behandlung oder eine „Watch-and-Wait“-Strategie kommen infrage, wenn nur ein Organ befallen ist und es sich dabei nicht um ein Risikoorgan handelt. So heilen einzelne Knochenläsionen häufig von selbst. Ist ausschließlich die Haut betroffen, kann ebenfalls abgewartet oder gegebenenfalls lokal mit einem Zytostatikum behandelt werden. Wichtig ist eine engmaschige Überwachung, um ein Fortschreiten der Erkrankung frühzeitig zu erkennen.
Bei einem alleinigen Befall der Lunge hängt die Therapie von der Intensität der Beschwerden ab. Liegt ein multipler Organbefall vor und/oder sind Risikoorgane befallen, so wird mit den systemischen Arzneistoffen Prednison und Vinblastin (Zytostatikum) behandelt. Eine systemische Behandlung sollte auch bei mehreren Knochenläsionen sowie bei „specialsite“-Läsionen in Erwägung gezogen werden.
Spätfolgen möglich Vielfach heilt die Langerhanszell-Histiozytose ohne weitere Komplikationen aus, es kann aber auch zu Spätfolgen kommen: Am häufigsten treten Diabetes insipidus, Hormonausfälle des Hypophysenvorderlappens (meist Wachstumshormonmangel), orthopädische Probleme und Hörschäden auf. Eine sorgfältige Nachsorge und Überwachung der Patienten ist daher essenziell.
Langerhanszell-Histiozytose bei Erwachsenen Auch wenn die Krankheit überwiegend bei Kindern diagnostiziert wird, kann sie doch auch bei Erwachsenen auftreten. In dieser Altersgruppe ist ein isolierter Befall der Lunge am häufigsten, der nur bei Rauchern auftritt, gefolgt von einer Beteiligung der Knochen und der Haut. Für die Behandlung stehen chirurgische, strahlentherapeutische und systemische Optionen zu Verfügung.
Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 11/13 ab Seite 146.
Dr. Anne Benckendorff, Medizinjournalistin