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Omega-3-Fettsäuren

HEILENDE FETTE?

Omega-3-Fettsäuren wirken sich positiv auf die Gesundheit aus und werden insbesondere zur Aufrechterhaltung eines ausgewogenen Triglycerid- und Cholesterinhaushaltes beworben. Doch Ist die Einnahme wirklich sinnvoll?

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Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) ist sich der positiven Einflüsse von Omega-3-Fettsäuren bewusst und empfiehlt daher, den Bedarf über ein bis zwei Fischmahlzeiten wöchentlich abzudecken. Zu den Omega-3-​Fettsäuren gehören die aus Pflanzen stammende alpha-Linolensäure (ALA) sowie die in maritimen Lebewesen vorkommenden Eicosapentaensäure (EPA) und Docosahexaensäure (DHA). 250 Milligramm EPA und DHA täglich sollen ausreichen, um durch koronare Herzkrankheit bedingte Todesfälle zu verhindern.

Einzelne Studien wie die GISSI Prevenzione oder JELLIS legen eine präventive Wirksamkeit der Einnahme von Omega-3-Supplementen nahe, insgesamt scheint die Studienlage aber alles andere als eindeutig zu sein. 2014 empfahl das Verbrauchermagazin „Ökotest“, Arzneimittel aus der Apotheke zu verwenden, wenn man Omega-3-Fettsäuren ergänzen wolle. Die Indikation lautet „Zur Senkung stark erhöhter Blut-Fett-​(Triglycerid-) Spiegel“, Kunden sollen die Medikamente zusätzlich zu einer Diät einsetzen, wenn Ernährungsumstellung und Bewegung nicht ausreichen.

Prävention Die EMA (European Medicines Agency) bewertete kürzlich Omega-3-Fettsäure-haltige Präparate mit einer Kombination aus EPA und DHA in einer Dosis von einem Gramm täglich als unwirksam, um weitere Probleme mit Herz und Gefäßen bei Betroffenen zu verhindern, die bereits einen Herzinfarkt erlitten hatten. Bei dieser Indikation dürfen sie folglich nicht mehr zur Anwendung kommen, zur Reduzierung der Triglyceride gelten sie nach wie vor als effektiv.

Eine Metaanalyse der Universität Oxford zeigte, dass Nahrungsergänzungsmittel mit bis zu zwei Gramm Omega-3-Fettsäuren täglich weder Herzinfarkten noch Schlaganfällen vorbeugen. An der Universität wurde eine weitere Studie durchgeführt, die untersuchte, ob die Einnahme von Fischölkapseln (380 Milligramm DHA und 460 Milligramm EPA) Diabetiker vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen bewahrt. Hinsichtlich der Häufigkeit von Herz-Kreislauf- sowie Krebserkrankungen gab es zwischen der Wirkstoff- und der Placebo-Gruppe keine signifikanten Unterschiede.

Weitere Einsatzmöglichkeiten Gelegentlich empfehlen Augenärzte bei trockenen Augen die Supplementierung von EPA und DHA. Allerdings hat die US-amerikanische DREAM-Studiengruppe um Professor Dr. Maureen Maguire festgestellt, dass der Einsatz von Nahrungsergänzungsmitteln mit hoch dosierten Omega-3-Fettsäuren Probanden mit trockenen Augen im Vergleich zur Placebo-Gruppe keinen Vorteil verschaffte.

Nicht überdosieren!

Präparate mit einer vom Hersteller empfohlenen Aufnahmemenge von bis zu fünf Gramm EPA und DHA (in Kombination) beziehungsweise 1,8 Gramm EPA (einzeln) gelten laut der europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde als gesundheitlich unbedenklich. Doch Vorsicht: Höhere Dosierungen verändern die Fließeigenschaften des Blutes, steigern das Blutungsrisiko oder verlängern die Blutungszeit.

PTA und Apotheker sollten Kunden im Beratungsgespräch auch darüber aufklären, dass Überdosierungen zu Übelkeit und Erbrechen führen. Bei Diabetikern ist unter Umständen die Blutzuckereinstellung erschwert, während die Einnahme bei einer vorliegenden Infektionskrankheit prinzipiell nach Rücksprache mit dem Arzt erfolgen sollte, da die Infektanfälligkeit (vor allem bei älteren Menschen) zunehmen kann. Bislang wurden keine Höchstmengen für Omega-3-Fettsäure-Produkte festgelegt, was vom Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) aufgrund der Einnahmerisiken bemängelt wird.

Gegen das Vergessen? Eine Studie aus dem Jahr 2014 deutete darauf hin, dass es einen Zusammenhang zwischen der Versorgung mit Omega-3-Fettsäuren, insbesondere von DHA und EPA, und demenziellen Erkrankungen wie Alzheimer gibt. Danach korrelieren hohe DHA- und EPA-Konzentrationen mit einem größeren Gehirnvolumen – ein reduziertes Hirnvolumen gilt als wichtiger Faktor bei der Entstehung von Alzheimer. In erster Linie empfehlen Experten jedoch, zweimal pro Woche Fisch zu essen, denn der Nutzen von Fischöl-Kapseln ist nicht wissenschaftlich belegt. Omega-3-Fettsäuren werden auch positive Auswirkungen auf die Gehirnentwicklung und den Intelligenzquotienten nachgesagt.

Laut der Verbraucherzentrale sind folgende Aussagen über Omega-3-Fettsäuren für Kinder, Säuglinge oder Ungeborene belegt: Die Aufnahme von DHA (100 Milligramm täglich) fördert die normale Entwicklung der Sehkraft bei Säuglingen bis zum Alter von zwölf Monaten. Die Einnahme von DHA (200 Milligramm täglich zusätzlich) durch die Mutter trägt zur normalen Entwicklung des Gehirns und der Augen beim Fötus sowie beim gestillten Säugling bei. Sind in einem Präparat die Omega-3-Fettsäure alpha-Linolensäure sowie die Omega-6-Fettsäure Linolsäure enthalten, darf die Aussage: „alpha-Linolensäure und Linolsäure werden für ein gesundes Wachstum sowie für eine gesunde Entwicklung bei Kindern benötigt.“ aufgeführt werden. ​​

Hilfe für den Zappelphilipp? Bei Kindern mit ADHS wurde in einigen Studien ein niedriger Omega-3- und Omega-6-Fettsäure-Spiegel festgestellt, sodass die Vermutung naheliegt, dass die Supplementierung die Symptome möglicherweise mildern könne und Heranwachsenden mit ADHS-bedingten Lernschwierigkeiten helfen würde. Hinzu kommt, dass Eltern oft hoffen, dass es eine Alternative zu Substanzen wie Methylphenidat gibt. Aktuell wurde der Effekt der Fettsäuren jedoch in Frage gestellt: In der S3-Leitlinie „ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen“ gibt es keine Empfehlungen bezüglich der Supplementation von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren.

Es heißt: „Entgegen bisheriger Befunde, welche auf einen positiven, aber quantitativ geringen Effekt einer Gabe von Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren zur Behandlung der ADHS bei Kindern, Jugendlichen und Erwachsenen hindeuteten, kann nach heutigem Stand der Erkenntnis (Nice 2016) keine Empfehlung für eine Nahrungsergänzung mit diesen Substanzen abgegeben werden.“ Wissenschaftler des INSERM (Institut national de la santé et de la recherche médicale) in Bron (Frankreich) kamen ebenfalls zu dem Ergebnis, dass eine Ergänzung von Omega-3-Fettsäuren bei Kindern mit milden ADHS-Symptomen keinen nachweisbaren Nutzen zeigt. Aussagen auf Produkten, wonach Omega-3-Fettsäuren zur Beruhigung, Gelassenheit, Konzentration, Lernfähigkeit, Denkfähigkeit und geistigen Entwicklung von Kindern (auch im Zusammenhang mit ADHS) beitragen, sind laut Angaben der Verbraucherzentrale gesetzlich verboten.

Fazit Grundsätzlich gilt, dass gesunde Menschen, die sich ausgewogen ernähren, genügend Omega-3-Fettsäuren aufnehmen. Bei einem Verzicht auf Fisch (zum Beispiel bei Veganern) verzehren Betroffene so gut wie kein EPA oder DHA, sodass die Versorgung über Nahrungsergänzungsmittel in diesem Fall sinnvoll sein kann.

Den Artikel finden Sie auch in der Sonderausgabe Nahrungsergänzungsmittel, Vitamine und Mineralstoffe der PTA IN DER APOTHEKE ab Seite 80.

Martina Görz, PTA, M.Sc. Psychologie und Fachjournalistin

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