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PTA-Fortbildung 12/14

HALSSCHMERZEN: ALARMSTUFE ROT

Schmerzen beim Schlucken und Sprechen empfinden Betroffene oft als so belastend, dass sie die Apotheke als erste Anlaufstelle aufsuchen, um die Beschwerden schnell zu lindern. Was können Sie ihnen empfehlen?

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Kratzen, Pieksen und Schmerzen im Hals sind Zeichen einer Entzündung im Rachenraum. Sie geht mit einer Rötung und Schwellung der Schleimhäute einher, die das Schlucken häufig zur Qual machen. Oft kommen noch Heiserkeit und Schmerzen beim Sprechen hinzu. Glücklicherweise haben Rachenentzündungen eine hohe Selbstheilungstendenz und Komplikationen sind selten. Bei einem Drittel der Betroffenen sind die Halsschmerzen ohne weitere Behandlung bereits nach drei Tagen abgeklungen.

Nach einer Woche sind 80 bis 90 Prozent der Halsschmerzgeplagten beschwerdefrei. Aufgrund des hohen Leidensdruckes wünschen aber viele der Betroffenen gleich zu Beginn der Beschwerden Linderung durch Rachentherapeutika. Schnelle Hilfe gewährleisten Lokalanästhetika durch ihren lokal betäubenden Effekt. Zur Verfügung stehen aber noch weitere Wirkstoffgruppen, deren Eigenschaften im Einzelnen noch vorgestellt werden.

Ein wenig Anatomie Der Rachen bildet den gemeinsamen Anfangsbereich von Atem- und Speisewegen und besitzt somit eine Doppelfunktion. Er leitet die Atemluft aus der Nasen- und Mundhöhle in die Luftröhre (Trachea) und Nahrung sowie Flüssigkeit aus dem Mund in die Luftröhre. Der Rachen ist ein 12 bis 15 Zentimeter langer Muskelschlauch, der an der Schädelbasis angeheftet ist und in die Speiseröhre (Ösophagus) übergeht. Während seine Hinter- und Seitenwand geschlossen ist, weist die Vorderwand drei große Öffnungen auf: Zur Nasen- und Mundhöhle sowie zum Kehlkopf.

Entsprechend wird der Rachen in drei Stockwerke gegliedert. Als oberer Abschnitt steht der Nasenrachen (Pars nasalis pharyngis oder Nasopharynx) mit der Nasenhöhle in Verbindung. Hier befinden sich zudem die Öffnungen der Ohrtrompete (Eustachische Röhre), welche die Verbindung vom Mittelohr (Otis media) zum Rachen bildet. Außerdem ist im Nasenrachen die Rachenmandel (Tonsilla pharyngealis) lokalisiert.

Dann folgt in der Mitte der Mundrachen (Pars oralis pharyngis oder Oropharynx), der in die Mundhöhle übergeht und wo sich Luft- und Speiseweg kreuzen. Hier liegen auch beiderseits die Gaumenmandeln (Tonsilla palatina) und die Zungenmandel (Tonsilla lingualis). Der Kehlkopfrachen (Pars laryngea pharyngis oder Laryngopharynx) bildet schließlich als unterer Abschnitt den Übergang in Kehlkopf (Larynx) und Speiseröhre, wo der Nahrungsbrei in die Speiseröhre und die Atemluft über den Kehlkopf in die Luftröhre gelangt.

Der Kehlkopf verschließt die unteren Atemwege gegen den Rachen. Er besteht aus einem beweglichen Knorpelgerüst, wozu verschiedene -platten und der Kehldeckel (Epiglottis) zählen. Der Rachen ist aber nicht nur die muskuläre Kreuzungsstelle der Atem- und Speisewege. Er enthält unter der Schleimhaut eine große Menge an lymphatischem Gewebe, das der immunologischen Abwehr dient. Er steht in Verbindung mit den benachbarten Gaumenmandeln, die gemeinsamen mit der Rachen- und Zungenmandel den Walder’schen Rachenring, ein lymphatisches Organ zur Immunabwehr, bilden.

Verschiedene Entzündungen Je nachdem welche Region im Rachen entzündet ist, unterscheidet man eine Pharyngitis (Rachenschleimhautentzündung), Tonsillitis oder Angina (Entzündung der Gaumenmandeln, auch Mandelentzündung genannt), Laryngitis (Entzündung des Kehlkopfes), Epiglottitis (Kehldeckelentzündung), Tracheitis (Luftröhrenentzündung) sowie die Seitenstrangangina, bei der die Lymphbahnen der seitlichen Rachenwand betroffen sind.

BESONDERES PATIENTENGUT
Der Einsatz von Rachentherapeutika bei Kindern ist nicht unproblematisch. Zum einen können Lutschtabletten erst eingesetzt werden, wenn die Kinder kontrolliert lutschen können. Viele Präparate sind zum anderen erst ab sechs oder zwölf Jahren, einige sogar erst ab 18 Jahren zugelassen. Gurgellösungen sind teilweise schon für Zweijährige zugelassen. Allerdings eignen sie sich meist noch nicht für Kleinkinder. Viele können noch nicht richtig gurgeln und verschlucken sich. Weiterhin ist zu bedenken, dass bei Kindern mit Halsschmerzen häufig Erkrankungen zugrunde liegen, die eine Verordnung von Antibiotika erforderlich machen können (z. B. Streptokokkeninfektion) oder die zu schwerwiegenden Folgeerkrankungen neigen (z. B. Pfeifferisches Drüsenfieber).

Bei den verschiedenen Entzündungen schmerzt nicht nur der Hals. Sowohl bei der Pharyngitis als auch bei der Seitenstrangangina kann der Schmerz auch in die Ohren ziehen und dort starke Schmerzen verursachen. Halsschmerzen gepaart mit Heiserkeit und Husten sind hingegen ein typisches Zeichen für eine Laryngitis, bei der die Erreger bis in den Kehlkopf und zu den Stimmbändern vorgedrungen sind.

Eine Tonsillitis macht sich vor allem durch Probleme beim Schlucken bemerkbar, da die geschwollenen Gaumenmandeln selbst das Schlucken von Speichel behindern. Daher auch die Bezeichnung Angina (Angina = lat. Enge, Beklemmung). Bei einer Epiglottitis ist durch die geschwollenen Schleimhäute des Kehldeckels sogar die Atmung derart erschwert, dass es zur Luftnot kommen kann und die Erkrankung somit eine lebensbedrohliche Komplikation darstellt, die sofort ärztlich behandelt werden muss.

Meist viral Vorwiegend sind die verschiedenen Entzündungen im Rachen erregerbedingt. Vor allem Viren – seltener Bakterien – gelangen über die Atemluft in den Rachenraum und besiedeln die Schleimhäute. Sind diese durch Heizungsluft ausgetrocknet, haben es die Erreger besonders leicht, in die angegriffenen Schleimhäute einzudringen.

Am häufigsten sind Erkältungsviren wie Rhino-, Corona-, Parainfluenza- oder Adenoviren die Übeltäter. Sie rufen vor allem in der kalten Jahreszeit im Rahmen eines grippalen Infektes eine schmerzhafte Rachenentzündung hervor. Seltener ist der Influenzavirus ursächlich verantwortlich. Bei einem plötzlichen Krankheitsbeginn mit hohem Fieber (> 39 °C), der von einem ausgeprägten Krankheitsgefühl begleitet wird und sich mit Kopf-, Gliederschmerzen und starken Halsschmerzen zeigt, sollte jedoch an die echte Grippe (Influenza) gedacht werden.

In den Sommermonaten lassen sich vor allem bei Kindern unter sieben Jahren Coxsackieviren nachweisen. Sie lösen eine Herpangina aus, die sich mit Schluckbeschwerden, Kopfschmerzen und Bläschen am Gaumen zeigt. Bei kleinen Kindern treten schmerzhafte Bläschen verbunden mit Halsschmerzen auch bei einer Erstinfektion mit dem Herpes-simplex-Virus Typ 1 auf, der sich dann später immer wieder als Herpes labialis unangenehm bemerkbar macht.

Bei Jugendlichen spielt beim Auftreten von starken Halsschmerzen der Epstein-Barr- Virus eine Rolle. Er löst das Pfeifferische Drüsenfieber (infektiöse Mononukleose) aus, ein erkältungsähnliches Krankheitsbild, das mit starken Lymphknotenschwellungen, entzündeten Mandeln und Fieber einhergeht und auch unter dem Namen Kusskrankheit bekannt ist.

Manchmal bakteriell In seltenen Fällen lösen Bakterien eine Halsentzündung aus. Meist werden sie erst im fortschreitenden Krankheitsverlauf zum Problem, wenn sie sich auf einer viral vorgeschädigten Schleimhaut festsetzen. Am häufigsten lassen sich beta-hämolysierende Streptokokken der Gruppe A diagnostizieren, die für eine Streptokokkenangina oder Scharlach verantwortlich sind. Insbesondere Klein- und Grundschulkinder sind betroffen. Entzündete Gaumenmandeln rufen länger anhaltende und starke Halsschmerzen hervor. Typisch sind dabei ein plötzlicher Beginn mit hohem Fieber, geschwollene Halslymphknoten und ein starkes Krankheitsgefühl. Viele klagen zudem über Bauchschmerzen und Erbrechen.

Bei den Kleinen ist Haemophilus influenzae Typ b Auslöser einer Epiglottitis, die neben Halsschmerzen durch Fieber, Problemen beim Schlucken und eine kloßige Sprache gekennzeichnet ist. Da eine Abgrenzung zwischen einer viral oder bakteriell ausgelösten Infektion prinzipiell sehr schwierig ist, bringt letztendlich nur ein Rachenabstrich Gewissheit.

Abwehrsystem in Aktion Das Immunsystem des Körpers reagiert auf den Erregerangriff mit einer Entzündungsreaktion, bei der Abwehrzellen wie Lymphozyten und Makrophagen in den geschädigten Gewebezellen Entzündungsmediatoren wie Bradykinin, Histamin, Leukotriene und Prostaglandine freisetzen. Diese Botenstoffe bewirken eine Gewebserweiterung und damit eine stärkere Durchblutung, um die Erreger schneller abzutransportieren. Dies geht mit einer Rötung und Schwellung der Schleimhäute einher, wodurch Druck auf freie Nervenenden (Nozizeptoren) ausgeübt wird. Folge ist ihre Erregung und Sensibilisierung, welche den Halsschmerz vermitteln.

Eine Schwellung am Unterkiefer und Hals ist Ausdruck für eine aktive Immunabwehr. Erwachsene leiden unter Halsschmerzen üblicherweise zwei bis drei Mal im Jahr. Bei Kleinkindern sind sechs bis acht Infekte nichts Ungewöhnliches, da ihr Immunsystem noch lernt, sich mit der Vielzahl von Erregern auseinanderzusetzen. Bei Schulkindern nimmt die Infekthäufigkeit wieder ab. Sie sind nur noch drei bis vier Mal jährlich vom Kratzen im Hals und Schluckbeschwerden betroffen.

Weitere Ursachen Die verschiedenen Entzündungen im Rachenraum und die damit verbundenen Halsschmerzen müssen aber nicht immer viral oder bakteriell verursacht sein. Sie können auch durch eine Überanspruchung der Stimme, aufgrund einer Reizung der Atemwege (z. B. durch Rauchen, Passivrauchen, Einatmen von Chemikalien, Staub oder Allergenen) ausgelöst werden. Oft macht allein eine trockene Raumluft dem Hals zu schaffen.

Ein häufiger Grund für Halsschmerzen ist zudem Sodbrennen und saures Aufstoßen im Rahmen einer Refluxkrankheit. Durch Rückfluss von Mageninhalt mitsamt der Magensäure kann die Schleimhaut der Speiseröhre und der Stimmbänder so gereizt werden, dass sich Halsschmerzen und Heiserkeit einstellen. In seltenen Fällen lösen bösartige Veränderungen der Schleimhäute im Rachen oder Kehlkopf oder schwerwiegende Erkrankungen wie eine Agranulozytose (medikamentös bedingte Schädigung der Blutbildung, zum Beispiel durch Metamizol) Halsbeschwerden aus.

Halsschmerzen können auch in Verbindung mit einer Chemo- oder Strahlentherapie auftreten. Manchmal sind es auch nicht die Wirkstoffe selber, welche die Beschwerden verursachen, sondern die Folge falsch angewendeter Darreichungsformen. Werden alkoholische Tropfen nicht ausreichend verdünnt, Brausetabletten geschluckt oder Tabletten ohne Wasser eingenommen, sind Irritationen der Rachenschleimhaut und damit Halsschmerzen möglich.

Breite Palette Bei den Rachentherapeutika kommen unterschiedliche Arzneistoffgruppen mit verschiedenen Wirkprinzipien zur Anwendung. Überwiegend werden sie lokal eingesetzt, wobei unter Lokalantiseptika, Lokalanästhetika, lokal wirksamen Antibiotika, nicht-steroidalen Antirheumatika (NSAR) und Phytotherapeutika als Monooder Kombinationspräparat sowie homöopathischen Einzel- und Kombinationsmitteln gewählt werden kann.

Für den systemischen Gebrauch stehen in der Selbstmedikation Analgetika zur Verfügung. Zur lokalen Anwendung gibt es Lutschtabletten, Rachensprays und Gurgellösungen. Bei der Wahl der Darreichungsform sollte man sich nicht nur von den Vorlieben der Anwender leiten lassen. Die adäquate Arzneiform kann zum Erfolg der Behandlung beitragen.

Sollten die Beschwerden beispielsweise durch Entzündungen in tieferen Rachenabschnitten wie beispielsweise bei einer Laryngitis oder einer Seitenstrangangina ausgelöst sein, sind Lutschtabletten oder Rachensprays zu bevorzugen. Mit ihnen können im Gegensatz zu Gurgellösungen auch hintere Bereiche im Rachen benetzt werden. Gurgellösungen gelangen hingegen nicht zur Rachenhinterwand, da sie beim Gurgeln durch Kontakt mit dem vorderen Gaumenbogen einen Würgereflex auslösen, der eine Benetzung tieferer Rachenbezirke unterbindet.

Sollte eine Gurgellösung verwendet werden, muss mit ihr ausreichend lange gespült oder gegurgelt werden (am besten 30 bis 60 Sekunden). Anschließend wird die Lösung ausgespuckt. Da die meisten Gurgellösungen von anionischen Substanzen (z. B. in Zahnpasten enthalten) inaktiviert werden, sollte der Mund vor dem Gurgeln gut mit Wasser ausgespült werden, um Reste der Zahnpasta zu beseitigen.

Grundsätzlich sollten alle Rachentherapeutika gleichmäßig über den Tag verteilt nach den Mahlzeiten zum Einsatz kommen. Alternativ sollte mindestens 30 Minuten nach ihrer Anwendung nichts gegessen werden, um den Wirkstoff möglichst lange im Mund- und Rachenraum wirken zu lassen.

Lutschen hilft Beliebt und hilfreich ist der Verzehr von Bonbons oder Halspastillen. Allein das Lutschen tut gut. Es befeuchtet die Schleimhäute über eine Stimulation der Speichelbildung, was zudem eine vermehrte Produktion von Abwehrstoffen wie Lysozym und Immunglobulinen und somit eine körpereigene Bekämpfung der Krankheitserreger nach sich zieht. Kräuterzusätze wie Salbei, Eukalyptus oder Latschenkiefer desinfizieren zudem leicht. Menthol-haltige Bonbons werden aufgrund ihrer kühlenden Wirkung geschätzt.

KINDERKRANKHEITEN
Halsschmerzen gehören auch zu den typischen Symptomen von Kinderkrankheiten. Beispielsweise beginnen Masern zunächst wie ein grippaler Infekt: Erste Symptome sind Fieber, Schnupfen, trockener Husten und Halsschmerzen. Es folgen lichtempfindliche Augen und kleine weiße Flecken auf der Mundschleimhaut. Erst danach zeigt sich der typische Hautausschlag, der hinter den Ohren beginnt und sich dann über den ganzen Körper ausbreitet. Auch bei Mumps stehen hohes Fieber, Kopfschmerzen und Schmerzen auf einer Halsseite an erster Stelle. Dort schwillt kurz darauf die Speicheldrüse unter dem Ohr und Kinn an, was Kauen und Schlucken zur Qual macht, gefolgt von Ohrenschmerzen und einem trockenen, kratzendem Hals. Ebenso fängt eine Rötelninfektion mit katarrhalischen Symptomen wie Schnupfen, Husten und Halsschmerzen an. Erst zwei Tage später erscheinen erste Effloreszenzen des Rötelnexanthems, typischerweise hinter den Ohren und im Gesicht.

Die lindernden Effekte salzhaltiger Lutschtabletten beruhen auf der Befeuchtung und Abschwellung der Rachenschleimhaut. Pastillen mit Isländisch Moos, einer Flechtenart, wirken aufgrund ihrer schleimhautauskleidenden Effekte lindernd. Ein mucilaginöses Wirkprinzip besitzen auch hyaluronsäurehaltige Lutschtabletten, die einen Hydrogelkomplex bilden, der sich beim Lutschen der Halstablette entfaltet und sich wie ein schützender Film über die Schleimhäute legt. Er spendet ihnen nachhaltig Feuchtigkeit und unterstützt die Regeneration gereizter Schleimhäute.

Auch das Lutschen von Dexpanthenol baut die entzündete Schleimhaut wieder auf. Das als Hustenlöser bekannte Ambroxol besitzt zusätzlich eine lokalanästhetische Wirkung und wird in Form von Lutschtabletten bei Halsschmerzen eingesetzt. Die Frage, ob zu zuckerfreien oder zuckerhaltigen Präparaten gegriffen werden sollte, ist nicht für jeden gleich zu beantworten. Erstere sind zwar für Diabetiker eine gute Empfehlung, und sie verhindern zudem, dass die Zähne leiden. Andererseits hat der Zucker selber schon eine mucilaginöse Wirkung, die nicht zu unterschätzen ist.

Leitlinien Es ist schwierig, bei den Mitteln gegen Halsschmerzen im Sinne einer evidenzbasierten Therapie eine gute Empfehlung auszusprechen. Einige Experten weisen immer wieder darauf hin, dass für Halsschmerzmittel zur lokalen Anwendung keine ausreichenden Wirksamkeitsnachweise vorliegen beziehungsweise bei den vorwiegend viral ausgelösten Infektionen unzureichend wirksam sind.

So wirken beispielsweise die gängigen antimikrobiell wirksamen Mittel wie Lokalantiseptika und lokal wirksame Antibiotika vor allem gegen Bakterien. Ihr breiter Einsatz bei Halsschmerzen wird von den Befürwortern der Arzneistoffgruppen aber damit begründet, dass sie das Ausbreiten pathogener Keime auf einer viral geschädigten Rachenschleimhaut verhindern und damit einer bakteriellen Sekundärinfektion vorbeugen sollen. Sie betonen zudem ihre positive Wirkung zu Beginn einer antibiotischen Therapie, bei der sie die Beschwerden bis zu dem Zeitpunkt lindern sollen, bis das orale Antibiotikum seine volle Wirkung entfaltet hat.

In der aktuellen DEGAM-Leitline „Halsschmerzen“ werden nur wenige Rachentherapeutika wie beispielsweise Hausmittel und Phytotherapeutika mit Einschränkung und die Anwendung von Lutschtabletten, Gurgellösungen und Rachensprays mit Lokalantiseptika und/oder Lokalanästhetika oder Antibiotika sogar überhaupt nicht empfohlen. In der Leitlinie wird vor allem die Anwendung von Lokalantiseptika kritisiert. Sie mache nachweislich keinen Sinn, da sie nur an der Oberfläche wirken können, während sich die wesentliche Infektion in der Tiefe des Gewebes abspielt, so die Experten.

Zudem scheint den Autoren die teilweise in vitro und vivo nachgewiesene bakterizide/bakteriostatische Wirkung dieser Substanzen angesichts der mehrheitlich viral bedingten Racheninfektionen ohne klinische Relevanz. Hingegen sind lokale und systemische allergische, zum Teil lebensgefährliche Reaktionen beschrieben.

Lediglich für Ambroxol wird eine Wirkung eingeräumt, da kontrollierte Studien eine Überlegenheit gegen Placebo ergaben. Zudem ist Ambroxol im Allgemeinen gut verträglich und allergische Reaktionen sind selten, es sollte jedoch nicht in der Schwangerschaft eingesetzt werden.

Selbstmedikation oder Arztbesuch? Trotz aller Vorbehalte ist es in der Praxis üblich, Halsschmerzgeplagten Rachentherapeutika der verschiedenen Wirkstoffgruppen zu empfehlen. Auch wenn die Dauer der Beschwerden nicht immer verkürzt werden kann, ist meistens eine symptomatische Linderung möglich. Viral bedingte akute Beschwerden können zumeist im Rahmen der Selbstmedikation symptomatisch gelindert werden. Sind Bakterien mit im Spiel, muss der Arzt entscheiden, ob eine systemische antibiotische Therapie eingeleitet werden sollte. Selbst bei Streptokokkeninfektionen wird heute eine routinemäßige Verabreichung von Antibiotika nach der aktuellen Leitlinienempfehlung nicht mehr angeraten.

Auf eine bakterielle Mitbeteiligung können länger als drei bis fünf Tage dauernde Halsschmerzen, besonders starke Beschwerden, Luftnot, Fieber > 39 °C, Ohrenschmerzen, eitrig belegte, angeschwollene Gaumenmandeln oder zusätzliche Krankheitszeichen wie beispielsweise ein Hautausschlag oder stark geschwollene Lymphknoten deuten. Aber auch Infektionen mit dem Epstein-Barr-Virus (infektiöse Mononukleose oder Pfeifferisches Drüsenfieber) sind mit einem schweren Krankheitsgefühl verbunden und gehören wegen möglicher Komplikationen in die Hand des Arztes.

Bei Schluckbeschwerden mit weißen Belegen auf Zunge und Mundschleimhaut sollte auch der Arzt aufgesucht werden. Es kann eine Pilzinfektion mit Candida (Mundsoor) vorliegen, die zwar mit rezeptfreien Nystatinpräparaten behandelbar ist. Dennoch ist es ratsam, die Diagnose ärztlich abzusichern und nach der Ursache für den Hefebefall zu forschen. Schließlich sollte Schwangere, Stillende, Kleinkinder und Menschen mit einem geschwächten Immunsystem zum Besuch beim Mediziner geraten werden.

Bakterien bekämpfen Inzwischen werden nur noch Tyrothricin und Fusafungin eingesetzt. Tyrothricin ist ein Polypeptidantibiotikum, das als kationisches Detergenz die mikrobielle Zellmembran schädigt und vor allem gegen grampositive Erreger wirkt. Es existieren Zubereitungen mit 0,5 und 4 Milligramm Tyrothricin. Durch Kombination von Tyrothricin mit anderen antiseptischen Wirkstoffen soll eine verstärkte Keimreduktion erzielt werden.

Das aus der Pilzart Fusarium lateritium gewonnene Lokalantibiotikum Fusafungin wird hingegen als Monopräparat in Form eines Sprays vertrieben, da es zwei Wirkprinzipien zugleich in sich vereint. Neben einer bakteriostatischen (bakterienhemmenden) Wirkung weist es antiphlogistische Effekte auf, die bei entzündlichen Infektionen der oberen Atemwege eine sinnvolle Ergänzung darstellen. Das lokale Antibiotikum wird vor allem bei einer Laryngitis empfohlen, da es beim Sprühen bis zum Kehlkopf gelangt.

Liegt eine diagnostizierte bakterielle Rachenentzündung vor, sind lokal wirksame Antibiotika aber in der Regel nicht ausreichend wirksam. In diesem Fall muss der Arzt im Einzelfall über die Notwendigkeit einer systemischen Gabe von Antibiotika entscheiden.

Keime reduzieren Lokalantiseptika enthalten am häufigsten quartäre Ammoniumverbindungen wie Benzalkoniumchlorid, Cetylpyridiniumchlorid, Cetrimoniumbromid oder Dequaliniumchlorid, wobei letzteres als die wirksamste Substanz gilt. Alle vier Wirkstoffe sind oberflächenaktive kationische Substanzen, deren genauer Wirkmechanismus nicht bekannt ist. Sie sind nur schwach antibakteriell (besonders gegen grampositive Erreger) und begrenzt gegen Viren wirksam.

»Für eine optimale Wirkung sollten Halstabletten gelutscht werden, da Zerbeißen oder Kauen die Wirkung abschwächt.«

Ihre bakterizide (bakterienabtötende) Wirkung nimmt im alkalischen Bereich zu und bei pH-Werten unter drei sind die Substanzen unwirksam. Durch Eiweiß, Eiter oder Serum können die Wirkstoffe zudem inaktiviert und damit wirkungslos werden.

Stärker wirksam sollen Chlorhexidin und Hexetidin sein. Beide Wirkstoffe zeigen eine breite antibakterielle Wirkung gegen grampositive und gramnegative Bakterien. Hexetidin weist zudem ähnlich gute Effekte gegen Candida-Arten wie das Antimykotikum Nystatin auf. Ferner kann eine schwache lokalanästhetische Wirkung auf der Schleimhaut beobachtet werden. Chlorhexidin- haltige Lösungen sollten jedoch nur bis zu zehn Tagen wegen reversibler Zahn- und Zungenverfärbungen zur Anwendung kommen.

Als ausgeprägt bakterizid wird die Kombination aus den beiden Antiseptika Amylmetacresol und Dichlorbenzylalkohol beschrieben. Daneben führt die Kombination zu einer beschleunigten Schmerzstillung. Gleichermaßen gegen Viren und Bakterien wirksam sind Präparate mit Povidonjod, wobei Kontraindikationen wie eine Jodallergie und Hyperthyreose ihre Anwendung verbieten. Traditionell kommen auch Präparate mit Aluminiumchlorid zur Anwendung, die durch oberflächliches Ausfällen von Eiweiß einen Schutzfilm auf der Schleimhaut bilden und zusammenziehend (adstringierend) wirken.

Oftmals werden Lokalantiseptika mit anderen Wirkprinzipien verknüpft. Es wird ein Zusatz von Menthol geschätzt, da seine kühlende Wirkung bei einem brennenden Rachen als besonders wohltuend empfunden wird. Eine gängige Kombination stellt zudem ihre Verbindung mit Lokalanästhetika dar, die wegen des örtlich betäubenden Effektes eine gute Schmerzstillung erzielen.

Lokal betäuben Klassiker unter den Lokalanästhetika sind Benzocain und Lidocain. Ersteres ist ein Lokalanästhetikum vom Estertyp, Lidocain vom Säureamidtyp. Beide Wirkstoffe haben allerdings den Nachteil, dass sie relativ häufig allergische Reaktionen auslösen, vor allem Benzocain. Zudem besteht insbesondere bei Kindern die Gefahr der Methämoglobinbildung.

HOMÖOPATHIE NICHT VERGESSEN
Auch wenn im Sinne einer evidenzbasierten Medizin keine Wirksamkeitsnachweise für Homöopathika vorliegen, werden sie in der Praxis häufig erfolgreich zur Linderung von Halsschmerzen eingesetzt. In den Leitlinien wird weder eine Empfehlung dafür, noch eine dagegen ausgesprochen. Bewährte Einzelmittel sind Aconitum, Apis mellifica, Belladonna, Hepar sulfuris, Ferrum phosphoricum, Phytolacca oder Silicea. Daneben werden Komplexmittel schon beim ersten Kratzen oder auch bei stärkeren Schmerzen im Hals geschätzt.

Das als Schleimlöser bekannte Ambroxol hat auch eine betäubende Wirkung und wird als Halstablette zum Lutschen angeboten. Ambroxol ist strukturell mit den klassischen Lokalanästhetika verwandt und greift wie diese am spannungsabhängigen Natriumkanal in schmerzsensiblen peripheren Nervenzellen an. Seine Wirkpotenz ist dabei deutlich höher als die von Benzocain und Lidocain. Mehrere Studien bestätigen eine signifikante Schmerzreduktion von Ambroxol im Vergleich zu Placebo.

Schmerzen lindern Wird der lokalanästhetische Effekt als unangenehm empfunden oder von einem Taubheitsgefühl im Hals begleitet, stellen Lutschtabletten mit dem NSAR Flurbiprofen eine schmerzstillende Alternative dar. Es wirkt über eine Hemmung der Cyclooxygenasen (COX) analgetisch ohne zu betäuben und weist zudem noch antiphlogistische und damit abschwellende Effekte auf. Nachteil kann allerdings ein Brennen sein, das manche bei Lutschen verspüren.

Der früher verschreibungspflichtige, jetzt rezeptfrei erhältliche Wirkstoff Benzydamin wird auch zu den NSAR gezählt, obgleich er nicht über eine COX-Hemmung seine lindernde Wirkung entfaltet. Benzydamin weist vielmehr zugleich analgetische, antiphlogistische, lokalanästhetische und antimikrobielle Effekte auf. Außerdem wirkt es membranstabilisierend und dadurch antiödematös.

Sind die Schmerzen besonders stark, sodass eine lokale Behandlung keine hinreichende Linderung bietet, mildern systemische Analgetika wie Paracetamol, Ibuprofen oder ASS die Halsschmerzen für mehrere Stunden. Ihre Anwendung sollte nicht länger als drei Tage ohne ärztlichen Rat erfolgen.

Natur pur Pflanzenextrakte werden wegen ihres breiten Wirkspektrums bei guter gleichzeitig Verträglichkeit geschätzt, zumal sie oftmals mehrere Wirkprinzipien zugleich aufweisen. Phytopharmaka können laut Leitlinie bei ausgeprägtem Therapiewunsch oder unzureichender Wirksamkeit besser belegter symptomatischer Maßnahmen mit Einschränkung empfohlen werden.

Zur Linderung der Beschwerden eignen sich beispielsweise Pflanzen mit antiphlogistischer (z. B. Kamillenblüten, Salbeiblätter, Spitzwegerichblätter, Arnikablüten), antiseptischer (z. B. Salbeiblätter, Thymiankraut, Arnikablüten), schleimbildender (z. B. Spitzwegerichblätter, Isländisch Moos) oder adstringierender (z. B. Salbeiblätter, Lindenblüten) Wirkung. Die Leitlinie erwähnt zudem den Einsatz eines Pelargonienextraktes bei einer Tonsillopharyngits sowie Extrakte von Echinacea und Thuja als Immunstimulanz zur Prävention und Therapie akuter Erkältungen mit Halsschmerzen.

Die verschiedenen Arzneidrogen werden als Fertigpräparate zum Lutschen (z. B. mit Isländisch Moos), zum Sprühen (z. B. mit Kamille), zum Gurgeln (z. B. mit Salbei) oder zum Einnehmen (z. B. Echinacea) angeboten oder können in Form spezieller Teemischungen als Hals- und Rachentee getrunken oder als Gurgellösung verwendet werden. Auch empfehlenswert zur Befeuchtung und Unterstützung der Hals- und Rachenschleimhaut: Pastillen oder Sprays mit isotonischer Salzlösung.

Hausmittel als Tipps geben Nicht zu vergessen sind Hausmittel, die sogar von den Leitlinien mit Einschränkung zur Symptomlinderung empfohlen werden. Sie wirken einer Reizung und einem Austrocknen der Schleimhäute entgegen und unterstützen die körpereigene Abwehr. Generell sollte auf das Rauchen verzichtet und eine Rauchexposition vermieden werden. Eine Befeuchtung der Umgebungsluft sowie eine ausreichend hohe Flüssigkeitsaufnahme sind ebenso grundlegende Maßnahmen.

Vor allem das Trinken warmer Getränke (z. B. heiße Zitrone, spezielle Hals- und Rachentees) lindert den Halsschmerz, aber auch kalte Flüssigkeiten können als angenehm empfunden werden. Viel Trinken befeuchtet nicht nur, es beschleunigt zudem den Abtransport der Erreger. Werden warme Flüssigkeiten gewählt, fördern sie die Durchblutung der Schleimhäute und aktivieren so die lokale Abwehr. In diesem Sinne lindern auch Wärmeanwendungen wie Halswickel die Beschwerden.

Den Artikel finden Sie auch in Die PTA IN DER APOTHEKE 12/14 ab Seite 34.

Gode Meyer-Chlond, Apothekerin

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