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Sehen Im Alter

GETRÜBTER BLICK

Wer gut sieht, kann sich sicher bewegen und schneller reagieren. Gerade für alte Menschen ist gutes Sehvermögen eine wichtige Voraussetzung für ein aktives und selbstbestimmtes Leben.

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Mit den Jahren lassen die Funktionen der Augen zunehmend nach und immer mehr Menschen müssen sich mit schweren Sehstörungen auseinandersetzen. Plötzlich bangt man um sein Augenlicht und tut alles, um wieder klar sehen zu können. Wenn Augenleiden aus medizinischer Sicht auch nicht lebensbedrohlich sind, so gehört der Verlust der Sehkraft doch zu den größten Gesundheitsängsten älterer Menschen. Die Einzelheiten des Sehvorgangs geben den Forschern auch heute noch große Rätsel auf.

Dass wir sehen können, verdanken wir nämlich einem äußerst komplizierten Zusammenspiel einer Vielzahl von Komponenten, das die Wissenschaft in seiner Gesamtheit als „Visuelles System“ bezeichnet. Das Auge mit seinem „Optischen Apparat“ ist die erste Station in diesem Gefüge. Es sorgt dafür, dass Lichtreize aufgefangen, in Nervenimpulse umgewandelt und anschließend ans Gehirn weitergeleitet werden. Dort beginnt nun die zweite wichtige Etappe: die Datenflut wird verarbeitet und interpretiert und lässt uns erkennen, wie die Umwelt in Wirklichkeit aussieht.

Wenn die Augen altern Solange die Augen gesund sind, sind sie in der Lage, sich den Veränderungen der Umgebungshelligkeit prompt anzupassen und sowohl entfernte als auch nahe Objekte scharf zu sehen. Wie gut das gelingt, hängt stark vom Alter ab. Die ersten Sehschwächen machen sich häufig schon auf dem Höhepunkt unserer Schaffenskraft bemerkbar, zum Beispiel dann, wenn Kleingedrucktes nur noch mit weit ausgestreckten Armen entziffert werden kann und das Zeitunglesen immer anstrengender wird. Zurückzuführen ist die nachlassende Sehschärfe auf die physiologische Alterung der Augenlinse. Diese wölbt sich im Alter nicht mehr so flexibel wie in jungen Jahren und verliert deshalb ihre Nahanpassungsfähigkeit.

Die Alterssichtigkeit, von Augenärzten auch Presbyopie genannt, ist der häufigste Grund für die Anschaffung einer Lesebrille zwischen dem 40. und 50. Lebensjahr. Als Alternative zur Brille bietet sich heutzutage auch eine operative Korrektur an. Trotz brauchbarer Sehschärfe klagen viele ältere Menschen auch über Sehprobleme bei ungünstigen Beleuchtungsverhältnissen. Da sich der Pupillendurchmesser mit den Jahren verkleinert und die Linse immer mehr eintrübt, gelangt auch weniger Licht zur Netzhaut vor, und das ist besonders für die Sicht in der Dämmerung problematisch. Um die gleiche Sehleistung wie in jungen Jahren zu erzielen, braucht das Auge im Alter viel mehr Licht.

Augenerkrankungen im Alter Ernsthafte Augenerkrankungen sind tückischer als wir glauben, denn sie stellen sich oft schmerzlos und schleichend ein. Wenn man die Welt nur noch wie durch einen Schleier wahrnimmt, gerade Linien plötzlich krumm erscheinen oder dunkle Flecken das Sehzentrum verdecken, dann sollte umgehend ein Augenarzt aufgesucht werden. Denn nur er kann feststellen, ob die Ursache des veränderten Sehvermögens auf eine krankhafte Veränderung des Auges zurückzuführen ist. Der graue Star, das Glaukom sowie die altersbedingte Makuladegeneration sind drei typische Augenerkrankungen, die vor dem 65. Lebensjahr selten, danach allerdings umso häufiger auftreten, je älter man wird. Der graue Star ist die weltweit häufigste Ursache für hochgradige Sehminderung im Alter.

Er wird beim Blick auf die Pupille als graue Trübung sichtbar, der Patient selbst sieht seine Umwelt wie durch einen Nebel verschleiert und fühlt sich außerdem schneller geblendet. Mit Medikamenten lässt sich dieses Leiden nicht behandeln, hilfreich ist aber eine Operation, bei der die trübe Linse entfernt und durch eine Kunstlinse ersetzt wird. Der Zeitpunkt für diesen Eingriff ist spätestens dann gekommen, wenn die Linsentrübung den Alltag stark beeinträchtigt. Star-Operationen werden alleine in Deutschland etwa 700 000 Mal im Jahr durchgeführt und zählen zu den größten Erfolgsgeschichten der modernen Augenheilkunde. Bereits wenige Tage nach dem Eingriff sieht der Patient wieder deutlich besser und kann seinen Alltagstätigkeiten wie gewohnt nachgehen. Schwere Netzhautschäden sind dagegen nicht mehr zu beheben. Eine Augenerkrankung, die durch toxische Ablagerungen oder das Einwachsen entarteter Gefäße in die Netzhaut verursacht wird, ist die altersbedingte Makuladegeneration, kurz AMD genannt. Sie gilt als die mit Abstand häufigste Ursache, wenn Menschen im fortgeschrittenen Alter erblinden.

Da der Ort des schärfsten Sehens betroffen ist, lässt das Sehvermögen zunächst im zentralen Bereich des Gesichtsfeldes nach. Tritt die Erkrankung an beiden Augen auf, belastet sie den Patienten erheblich: beim Lesen wirken die Buchstaben unscharf, beim Betrachten von Fotos fehlt plötzlich die Mitte des Bildes und auch die Farben verlieren an Leuchtkraft und Stärke. Generell werden zwei Verlaufsformen unterschieden: die trockene und die feuchte Form der AMD, in beiden Fällen ist eine Therapie nur begrenzt möglich. Studienergebnisse deuten darauf hin, dass eine Kombination aus den Vitaminen C und E, Beta-Carotin, Zink und Kupfer das Fortschreiten einer trockenen AMD verlangsamen kann. Einen entscheidenden Durchbruch bei der Behandlung der feuchten Form haben neue biotechnologisch hergestellte Arzneistoffe gebracht, die die Entwicklung der krankhaften Blutgefäße stoppen. Diese Medikamente werden direkt in den Glaskörper injiziert.

Der grüne Star, wie das Glaukom im Volksmund bezeichnet wird, fasst eine ganze Reihe von Erkrankungen zusammen, deren gemeinsames Kennzeichen in einer langsam fortschreitenden Schädigung des Sehnervs liegt. Erst im fortgeschrittenen Stadium, wenn bereits ein großer Teil der Sehnervenzellen unwiederbringlich zerstört ist, entwickeln sich charakteristische Gesichtsfeldausfälle am Rande des Gesichtsfeldes. Der Augenarzt muss nun zügig therapieren, damit der Patient nicht erblindet. Die gängigen Glaukommittel senken den Augeninnendruck, indem sie die Produktion des Kammerwassers reduzieren oder dessen Abfluss über den Kammerwinkel verbessern; manche Präparate kombinieren auch beide Mechanismen miteinander. Erst wenn Medikamente unzureichend wirksam sind, kommen Lasertechnik und chirurgische Verfahren zum Einsatz. Bereits verlorenes Sehvermögen lässt sich durch diese Maßnahmen jedoch nicht mehr zurückgewinnen.

Prävention und Früherkennung Dank moderner Diagnoseverfahren ist es möglich, krankhafte Veränderungen am Auge schon in ihren Anfangsstadien zu erkennen und zu kontrollieren. Medikamentöse und operative Maßnahmen sind besonders dann erfolgreich, wenn sie rechtzeitig zum Einsatz kommen. Ab dem 40. Lebensjahr sollte man deshalb regelmäßig zum Augenarzt gehen. Zu den gängigen Vorsorgeuntersuchungen zählen die Prüfung der Sehschärfe, die Messung des Augeninnendrucks sowie die Untersuchung von Augenhintergrund, Sehnerv und Gesichtsfeld. Nicht alle Vorsorgemaßnahmen werden von den Krankenkassen erstattet, sogenannte individuelle Gesundheitsleistungen (IGeL) zahlt der Patient üblicherweise selbst.

Für ein gesundes Auge benötigt der Körper spezielle Vitamine und Spurenelemente: Grünes Gemüse wie Spinat, Erbsen oder Grünkohl sind nicht nur Vitaminspender, sondern enthalten zudem noch Lutein und Zeaxanthin – Carotinoide, die die Augen vor gefährlichen Strahlen und freien Radikalen schützen. Beim Älterwerden nehmen ihre Konzentrationen in der Makula häufig ab, weil die meisten Menschen diese Schutzstoffe in zu geringer Menge mit der Nahrung aufnehmen. Zu den zentralen Bestandteilen einer augengesunden Ernährung gehören ebenso die Omega-3-Fettsäuren, sie unterstützen die Fähigkeit des Hell-Dunkel-Sehens und werden außerdem zur Produktion des Tränenfilms benötigt. Da unser Körper nicht in der Lage ist, diese Fettsäuren selber herzustellen, müssen sie mit der Nahrung aufgenommen werden; wichtige Lieferanten sind Lachs, Sardinen und Hering sowie verschiedene Pflanzenöle.

Die Deutsche ophthalmologische Gesellschaft empfiehlt eine Supplementierung von Augenvitaminen nur in ausgewählten Stadien bestimmter Augenerkrankungen. Wer Nahrungsergänzungsmittel einnehmen möchte, sollte zuvor mit seinem Augenarzt sprechen. Nikotin ist Gift für die Augen, denn es schädigt nicht nur die hochsensiblen Nervenzellen in Netzhaut und Sehnerv, sondern verschlechtert auch die Durchblutung des gesamten Auges – oft mit verheerenden Folgen für das Sehvermögen. Raucher tragen ein viel höheres Risiko, an der altersbedingten Makuladegeneration oder dem grauen Star zu erkranken.

Beratung in der Apotheke Die Anwendung von Augenarzneimitteln erfolgt vorwiegend in Form von Augentropfen und Augensalben. Diese müssen konsequent und regelmäßig angewendet werden, damit sie auch optimal wirken. Augentropfen korrekt ins Auge zu befördern, ist für viele Patienten schwierig und bereitet vor allem älteren Menschen Probleme. Daher sollte vor der Abgabe in der Apotheke die Handhabung genau erläutert werden: Zur Applikation neigt der Patient den Kopf am besten leicht zurück, richtet den Blick nach oben und bringt einen Tropfen der zimmerwarmen Arzneistofflösung in die Vertiefung des heruntergezogenen Augenlids, den Bindehautsack, ein. Durch kurzes Schließen der Augenlider und leichten Druck auf den Nasenknochen kann sich der Arzneistoff dann optimal verteilen und genügend lange im Auge verweilen. Der Patient sollte außerdem darauf achten, angebrochene Packungen kurzfristig aufzubrauchen, auch bei Mehrdosenbehältnissen liegt der Verbrauchszeitraum üblicherweise bei maximal sechs Wochen. Für Patienten mit eingeschränktem Sehvermögen sind Applikationshilfen beim Einbringen der Augentropfen sehr hilfreich. Viele Senioren sind dankbar, wenn sie in der Apotheke auf solch geeignete Hilfsmittel aufmerksam gemacht werden. 

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 06/17 ab Seite 70.

Dr. Andrea Hergenröther, Apothekerin

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