Frau macht Yoga© primipil / iStock / Getty Images

Ayurveda

FREI SEIN

Was bedeutet eigentlich Freiheit? Wie schaffen wir es, uns von unseren Gedanken hin und wieder mal zu befreien? Unabhängig sein und gleichzeitig mit allem verbunden. Geht das überhaupt? Meditation zeigt einen Weg.

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So frei sein wie ein Vogel. Das wünschen wir uns doch alle hin und wieder einmal. Einfach nur sein, genießen und die Seele baumeln lassen. Keine Sorgen, Ängste oder Grübeln über dies und das. Doch wie kommen wir immer wieder in diesen Zustand? Was können wir selbst dafür tun? Entspannen, aber wie? Es gibt da sicherlich fast genauso viele verschiedene Wege, wie es auch Menschen gibt. Ein Weg den Kopf frei zu bekommen ist die Meditation.

Wie ein Affe Geistige Freiheit ist wahrer Luxus. Wenn unser Geist, der sonst oft einem Affen gleich von Ast zu Ast springt, endlich zur Ruhe kommt, kann eine wunderschöne Stille entstehen. Die Gedankenwellen kommen zur Ruhe. Und wir können das wahrnehmen, was wirklich ist. Unseren Kern, im Yoga auch Atman, das wahre Selbst, genannt. Wir fühlen uns plötzlich verbunden mit allem um uns herum, aber vor allem mit uns selbst. Wir können dies auch mit einem See vergleichen. Ist die Wasseroberfläche ruhig, können wir bis auf den Grund sehen. Herrscht hingegen Sturm, Wind oder Regen, ist der See so aufgewühlt, dass es unmöglich ist, zu erkennen, was sich im Inneren abspielt. Dieser Zustand ist vergleichbar mit einem hektischen Alltag. Wir funktionieren, dringen aber nicht bis zum Kern hervor. Es fällt uns schwer, unsere wahren Bedürfnisse überhaupt wahrnehmen zu können.

Meditation Meditation ist die Konzentration auf etwas Bestimmtes. Wir lassen uns in diesem Sinne auf das ein, was gerade ist. Wir lernen uns selbst besser kennen, werden vertraut mit uns. Wir spüren nach, stärken unsere Körperwahrnehmung und sind im Hier und Jetzt. Durch Meditation können wir unser Gehirn trainieren, schneller ruhig zu werden. Wir können uns besser fokussieren. Wir identifizieren uns nicht mit unseren Gedanken. Und wir schaffen es auch in stressigen Situationen, bei uns zu bleiben und aus der Ruhe heraus zu handeln. Eine ganz einfache Art der Meditation ist es, sich auf seine Bauchatmung zu konzentrieren.

Bei der Einatmung hebt sich die Bauchdecke und bei der Ausatmung senkt sie sich wieder. Zur Hilfe kann man sich die Hände auf den Bauch legen, um die Atmung besser wahrnehmen zu können. Für den Anfang empfiehlt sich auch eine Geh-Meditation. Wir konzentrieren uns auf unsere Schritte, werden ganz langsam und können auch hier die Atmung mit einbeziehen. Bei jeder Einatmung setzen wir zum Beispiel den rechten Fuß auf, mit der Ausatmung den Linken. Zum Ende der Übung stellt man sich vor, wie Wurzeln aus den Füßen bis zum Erdmittelpunkt wachsen. Auf diese Weise kann sich ein Gefühl der Stabilität, Erdung und Ruhe ausbreiten. Gut verwurzelt wie ein Baum und in der Krone flexibel, wie die Äste im Wind.

Irrglaube Meditation bedeutet nicht, dass wir plötzlich gedankenlos sind oder sein müssen. Am Anfang geschieht sogar meist genau das Gegenteil. Wir setzen uns hin, schließen die Augen, konzentrieren uns zum Beispiel auf unsere Atmung und es kommen umso mehr Gedanken. Das ist völlig normal. Wir geben unserem Inneren Raum und es zeigt sich bei den meisten erst einmal alles Mögliche an Gedanken und Gefühlen. Das ist oft der Zeitpunkt, wo viele abbrechen und entscheiden, dass Meditation nichts für sie ist. Wichtig ist in diesem Moment, sich dessen bewusst zu sein und die Gedanken zum Beispiel zu registrieren, wahrzunehmen und wieder loszulassen.

Hier hilft oft das Bild der weiterziehenden Wolke am Himmel. Wir steigen in keinen Gedanken tiefer ein. Wir bewerten nicht. Auch hier gilt, Übung macht den Meister. Und auch dann ist die Meditation immer tagesformabhängig. Mal fühlen wir uns entspannt und es fällt uns leicht, und an anderen Tagen fällt es uns schwerer uns darauf einzulassen. Wichtig ist nur, dass wir es tun. Leichter geht dies meist in einer Gruppe mit Anleitung und der unterstützenden Gruppenenergie.

Sattvische Ernährung Ein weiterer Punkt ist die Ernährung. Wenn wir meditieren, ändert sich oft auch etwas in unserem Essverhalten. Es kann sein, dass wir bestimmte Produkte eher meiden, wie zum Beispiel Zwiebeln, Knoblauch, Pilze, Milchprodukte sowie generell tierische Produkte. Im Yoga sagt man auch, sie verstopfen die feinstofflichen Kanäle. Der Geist reinigt sich und somit der Körper meist gleich mit. Wir greifen oft automatisch zu sattvischen Lebensmitteln. Dabei handelt es sich um unbehandelte und naturbelassene Lebensmittel, die süß, saftig, reif und duftend sind.

Sie sind frisch, abwechslungsreich und saisonal. Diese haben eine positive Wirkung auf unsere Emotionen, unseren Geist und unsere Stimmung. Außerdem stärken sie unser Immunsystem und fördern Klarheit und Reinheit in Geist und Körper. Solche Speisen nähren all unsere Ebenen des Seins und machen einfach glücklich. Intuitiv spüren wir, ob die Lebensmittel, bis sie bei uns auf dem Tisch landen, liebevoll und achtsam behandelt wurden. Hinzu kommt die Haltung des Kochs oder der Köchin, die das Essen zubereitet. So kann man schmecken, ob ein Essen mit Liebe und guten Gedanken zubereitet wurde.

Do what you love Nichts macht glücklicher, als das tun zu dürfen, was uns wirklich am Herzen liegt. Die Meditation als Einkehr zu uns selbst kann uns dabei helfen, immer wieder erneut zu prüfen, ob wir auf unserem richtigen Weg sind. Ob wir auch dem nachgehen, wofür wir wirklich brennen. Wir erkennen Dinge, die wir mit dem Verstand vielleicht nur schwer greifen können. Wir können die Meditation als Kraftquelle nutzen. Außerdem belegen Studien, dass das regelmäßige Meditieren das Immunsystem stärkt, den Schlaf verbessert und das Stresshormon Cortisol gesenkt werden kann. Sehr zu empfehlen für den Bluthochdruck-Patienten. Es hat sich gezeigt, dass es zu einer Verlangsamung der Zellalterung kommen kann.

Die Wahrnehmung des Körpers und der Emotionen wird verbessert. Regelmäßiges Meditieren verbessert die Fähigkeit, den Parasympathikus zu steuern. Und schließlich können wir in nahezu fast jeder Situation meditieren. Beim Gemüse schneiden, beim Autofahren, beim Wäsche zusammenlegen, beim Arbeiten. Denn es geht darum, die Meditation in seinen Alltag zu integrieren. Wir sind genau dabei, was wir gerade tun und eben nicht drei Schritte weiter und planen schon das nächste Event. Das wirkt sehr befreiend und lässt uns die Zeit wieder langsamer erscheinen. Wir entschleunigen.

Freiheit entsteht im Kopf Es sind nicht die Dinge, wie sie sind, sondern entscheidend ist, wie wir damit umgehen. Ob wir uns dafür entscheiden, alles anzunehmen, was kommt. Oder ob wir in einen inneren Widerstand gehen und dadurch unnötig Energie verlieren. Dinge, die wir verändern können, auch zu ändern und Dinge, die wir nicht verändern können, wirklich anzunehmen. So lebt es sich einfach entspannter. Die Entscheidungsfreiheit, egal in welchem Bereich, ist eine sehr wichtige Art der Freiheit. Nehmen wir uns selbst diese Freiheit heraus und gestehen sie auch unserem Gegenüber zu. Solange dabei keiner zu Schaden kommt oder verletzt wird, ist dies völlig in Ordnung und wirkt sich positiv auf die Gesundheit aus. Im Yoga sagt man „Ahimsa“. Es bedeutet „Nicht verletzen.“ Meditation zeigt uns einen Weg. Probieren Sie es aus.

Den Artikel finden Sie auch in die PTA IN DER APOTHEKE 08/2021 ab Seite 106.

Stefanie Berhausen, Apothekerin, Ayurveda-Gesundheitsberaterin, Meditations- und Yogalehrerin, www.vedawelt.de

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